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Wachtendorf-Kolumne Bürgerfonds: Bei aller Liebe, Robert Habeck

Von in Kommentare der RedaktionLesedauer: 3 Minuten
Wartet auf die Korrektur eines Sündenfalls: DAS-INVESTMENT-Kolumnist Egon Wachtendorf.
Wartet auf die Korrektur eines Sündenfalls: DAS-INVESTMENT-Kolumnist Egon Wachtendorf. | Foto: Johannes Arlt

Alle elf Minuten verliebt sich ein Journalist in Robert Habeck, heißt es halb spöttisch, halb missgünstig über den aktuellen Grünen-Chef. Klar, dass es auch bei diesem Thema wieder „Zoom“ gemacht hat. Bei den Kollegen der „Süddeutschen Zeitung“ zum Beispiel: Sie finden Habecks Idee, den noch über Jahre hinaus drohenden Negativzins mit einem Bürgerfonds nach norwegischem Vorbild zu Leibe zu rücken, „charmant“.

Ich für meinen Teil ziere mich noch. Zwar sehe ich einen solchen Fonds ähnlich wie DIW-Chef Marcel Fratzscher prinzipiell durchaus als Chance, die private Vorsorge in Deutschland zu verbessern. Ein Ziel, dem uns die vor 17 Jahren eingeführte Riester-Rente trotz enormen, vom Steuerzahler getragenen Aufwands bislang kein Stück näher gebracht hat. Es kommt eben – wie eigentlich immer – auf die Ausgestaltung an. Was mir da die wesentlichen Merkmale betreffend vorschwebt, habe ich vor einigen Monaten an dieser Stelle im Beitrag „Bahn frei für die Basta-Rente“ skizziert.

Davon findet sich im nun von Habeck vorgelegten Konzept erfreulicherweise einiges wieder. Etwa der Fokus auf Produktivkapital, der Verzicht auf teure Garantien und das schrittweise Umschichten in risikoärmere Anlageklassen, ohne dabei Aktien komplett außen vor zu lassen. Der Plan, außer einer Anlage im Bürgerfonds auch Einzahlungen in konkurrierende Fonds privater Anbieter finanziell zu fördern, wäre zudem ein Riesen-Fortschritt. So etwas sollte 2012 schon einmal Gesetz werden, die FDP hat‘s verhindert.

Ein bisschen Ideologie ist natürlich auch im Spiel. So sieht Habeck den geplanten Bürgerfonds als „deutschen Beitrag, die Spekulation auf den Weltfinanzmärkten einzudämmen und das globale Spielcasino zu schließen“. Nun ja, geschenkt. Anderes wiederum bleibt seltsam nebulös. So soll der Bürgerfonds zwar ausdrücklich nicht in Konkurrenz zur staatlichen Aufgabe der Daseinsvorsorge treten, sich aber hierzulande sehr wohl an Investitionen in Strom- und Schienennetze beteiligen und auch den öffentlichen Wohnungsbau voranbringen. Ob dabei das zur Altersvorsorge gebildete Kapital stets betriebswirtschaftlich sinnvoll zum Einsatz kommt? Und ist die im Konzept angesprochene „breite“ Streuung auch wirklich breit im Sinne von weltweit? Nur zur Erinnerung: Im Weltaktienindex von MSCI machen deutsche Unternehmen gerade einmal einen Anteil von 3 Prozent aus.

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Bevor ein staatlich organisierter Bürgerfonds umgesetzt werden könnte, blieben also noch diverse Detailfragen zu klären. Das jedoch ist gar nicht der eigentliche Knackpunkt. Der liegt darin, dass Deutschlands Regierende in punkto Vorsorgesparen über keinerlei Glaubwürdigkeit mehr verfügen. Und zwar spätestens seit 2003. In einer Nacht- und Nebelaktion haben damals SPD und Grüne mit Billigung von CDU und CSU für Millionen Bürger, die im Rahmen der privaten Altersvorsorge auf staatliche Ermunterung hin eine Direktversicherung abgeschlossen hatten, nachträglich die Rahmenbedingungen verändert – und zwar derart, dass die avisierte Auszahlungssumme seither um rund ein Fünftel gekürzt wird.

Fast noch schlimmer: Das in Wahlprogrammen und Parteitagsbeschlüssen späterer Jahre fixierte Versprechen, den rückwirkenden Eingriff in ein bestehendes privatrechtliches Vertragsverhältnis zu korrigieren, wurde trotz vorhandener Mehrheit im Parlament bis heute nicht eingelöst. Wer soll da darauf vertrauen, dass die in einen staatlichen Bürgerfonds eingezahlten Beträge am Ende tatsächlich ausschließlich und in vollem Umfang der eigenen Privatrente zugutekommen?

Bei aller Liebe, Robert Habeck – solange dieser Sündenfall nicht aus der Welt ist, werde ich Ihre Idee eines Bürgerfonds nicht charmant finden. Und ich würde auch nicht einen Cent dort einzahlen.

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