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Wachtendorf-Kolumne Der Ölpreis, schlechte Analysen und die Glaskugel

Aktualisiert am in FondsLesedauer: 3 Minuten
Egon Wachtendorf, Chefredakteur DER FONDS
Egon Wachtendorf, Chefredakteur DER FONDS

Erwarte das Unerwartete, riet schon der griechische Philosoph Heraklit seinen Schülern. Daran mögen sich jene Analysten erinnert haben, die Anfang des Jahres einen Absturz des Ölpreises auf 10 US-Dollar prophezeiten. Dann geschah etwas wirklich Unerwartetes – der Ölpreis wechselte die Richtung und kratzt heute, kaum fünf Monate später, an der Marke von 50 Dollar.

Fehleinschätzungen wie diese sind es, die den Berufsstand der gewerblichen Prognostiker seit jeher in einem etwas zweifelhaftem Licht erscheinen lassen. Bonmots wie „Ein Analyst ist ein Experte, der morgen wissen wird, wieso die Dinge, die er gestern prognostiziert hat, heute nicht eintreffen" oder „Analysten haben neun der letzten fünf Rezessionen richtig vorhergesagt“ täuschen jedoch darüber hinweg, dass im modernen Wirtschaftsleben ohne Prognosen und ihnen vorausgehende Analysen praktisch nichts laufen würde.

Dies gilt in besonderem Maße für die Börse und folglich auch für jeden Fondsmanager: Niemand kennt die Zukunft – die Alternative zur seriösen Auseinandersetzung mit fundamentalen Indikatoren und Erwartungen wäre der Blick in die Glaskugel.

Um auf das Beispiel mit dem Ölpreis zurückzukommen: Natürlich gab es im Januar durchaus gute Argumente, die für ein weiteres Absacken sprachen. Argumente, die sich in den kommenden Monaten auch schnell wieder durchsetzen könnten.

Für einen Fondsmanager – und dessen Kunden, den Anleger – kommt es darauf an, wie diese Einschätzung im Portfolio umgesetzt wurde. Wer Ölwerte wie Royal Dutch Shell, Statoil oder Total konsequent außen vor gelassen hat, schleppt spätestens seit Mitte Februar ein Performance-Problem mit sich herum. Wer über Long-Short-Strategien Wetten darauf abgeschlossen hat, dass sich diese Werte schlechter entwickeln als Titel aus anderen Branchen, ebenfalls. Und richtig eng wird es für diejenigen, die ausschließlich auf fallende Kurse im Öl-Sektor gesetzt haben: Selbst wenn sie am Ende Recht behalten sollten, könnte ihnen die Zeit davonlaufen.

Wer wie positioniert war, zeigen zwar kurzfristige Rankings recht gut auf. Davon sollte sich jedoch kein Anleger zu voreiligen Schlüssen hinreißen lassen. Denn längst nicht jeder Underperformer macht einen schlechten Job. Und nicht jeder Fondsmanager, der in den Rankings momentan gut aussieht, verdient Vertrauen. Wer ganz oben steht, hat diesen Platz womöglich mit Operationen erobert, die ihn eines Tages auch einmal ganz nach unten befördern können. Und manch einer, der vorne mitschwimmt, hat sich möglicherweise gar nicht erst getraut, in seinem Portfolio eine eigene Meinung zum Ölpreis umzusetzen. Langfristig keine gute Voraussetzung, um zu den Besten zu gehören.

Unerwartete Ereignisse, die die Börsen beeinflussen, wird es immer wieder geben. Wer die daraus entstehenden Momentaufnahmen in Fonds-Hitlisten nicht als Gütezeichen interpretiert, sondern als Gelegenheit, sich mit den Motiven und der Arbeitsweise der jeweiligen Manager auseinanderzusetzen, ist auf dem richtigen Weg.

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