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Aktualisiert am 09.02.2019 - 12:29 Uhrin Kommentare der RedaktionLesedauer: 3 Minuten

Wachtendorf-Kolumne Edouard Carmignac: Nachruf auf Französisch

DAS-INVESTMENT-Kolumnist Egon Wachtendorf kommentiert den Rücktritt von Edouard Carmignac als Fondsmanager des Carmignac Patrimoine.
DAS-INVESTMENT-Kolumnist Egon Wachtendorf kommentiert den Rücktritt von Edouard Carmignac als Fondsmanager des Carmignac Patrimoine. | Foto: Johannes Arlt

„Leben Sie wohl, man wird Sie mit Sicherheit nicht vermissen.“ – Wer hat’s gesagt? Richtig, Edouard Carmignac. Im Herbst 2011 war das, gerichtet an den scheidenden EZB-Präsidenten Jean-Claude Trichet. Diplomatie gehörte nie zu den Stärken des ohne Zweifel bekanntesten französischen Fondsmanagers. Das bekam 2012 und 2013 auch François Hollande zu spüren. In ganzseitigen Zeitungsanzeigen warf Carmignac Frankreichs damaligem Staatspräsidenten unter anderem vor, das Land in eine „dreifache Sackgasse wirtschaftlicher, politischer und moralischer Natur“ zu führen.

Die Zeiten, in denen Edouard Carmignac anderen aus einer Position der Stärke heraus die Leviten lesen konnte, sind vorbei. Heute steht der angesichts seiner Spitzenleistungen auf dem Höhepunkt der Finanzkrise lange als unangreifbar geltende Fondsmanager wegen anhaltend schwacher Performance selbst im Zentrum der Kritik – was dazu beigetragen haben dürfte, dass er mit sofortiger Wirkung die Fäden seines Flaggschiff-Fonds Carmignac Patrimoine aus den Händen gibt. Doch auch wenn die Kritik inzwischen immer öfter in Häme umschlägt: Mitleid mit dem gefallenen Star muss niemand haben. Denn wer austeilt, muss bekanntlich auch einstecken können.

Dass Carmignac sich seinen Abgang aus dem aktiven Fondsmanagement etwas anders vorgestellt haben dürfte, steht außer Frage. Wäre dieser Schritt aus freien Stücken heraus erfolgt, hätte der um Selbstinszenierung nie verlegene Franzose sicher das 30-jährige Jubiläum des Patrimoine im November 2019 abgewartet. Und den historischen Moment vielleicht mit einem rauschenden Fest gefeiert. So wie 2012, als er unmittelbar nach seinem ersten offenen Brief an François Hollande ausgewählten Kunden ein Privatkonzert der Rolling Stones spendierte.

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Bestätigt fühlen dürfen sich all jene, die schon auf dem Höhepunkt von Carmignacs Popularität dazu rieten, sich aus dessen Fonds zu verabschieden. Teils wegen der aus Kundensicht nicht immer vorteilhaften Gebührenpolitik, teils aus der nur auf den ersten Blick einfältig anmutenden Überlegung heraus, dass einer Phase großer Erfolge irgendwann einmal eine Durststrecke folgt. Beispiele für diese Theorie gab es in der Vergangenheit genug – Templeton Growth, DWS Vermögensbildungsfonds I und M&G Global Basics (heute: M&G Global Themes) lassen grüßen.

Ob der neue starke Aktien-Mann David Older zusammen mit Carmignacs im Amt verbliebener Co-Managerin Rose Ouahba das Ruder beim Patrimoine herumreißen kann? Sollte der kurz vor dem Einbruch vieler Technologieaktien gefasste Beschluss, bei Anleger-Lieblingen wie Facebook oder Alphabet nachzulegen, seinem Kopf entsprungen sein, spricht dies nicht eben für überragende Timing-Qualitäten. Die man allerdings auch nicht zwingend mitbringen muss, um als guter oder gar exzellenter Fondsmanager durchzugehen.

Gleichwohl dürfte es Older schwer fallen, schnelle Erfolge zu feiern. Denn der Carmignac Patrimoine kämpft – zweiter Gruß von Templeton, DWS und M&G – schon seit längerem mit massiven Mittelrückflüssen. Carmignac selbst ist im Übrigen auch nicht vollständig aus der Schusslinie: Als Investmentchef für das hauseigene Strategie-Komitee bleibt er in wesentliche Entscheidungen eingebunden.

Als Präsident war François Hollande für sein Land nicht unbedingt ein Glücksfall, darüber hat die Geschichte ihr Urteil bereits gefällt. Bei Jean-Claude Trichets mitunter einsamen Entscheidungen als EZB-Chef steht dieses Urteil noch aus. Indes, er selbst kann keinen Einfluss mehr darauf nehmen. Edouard Carmignac hat es dagegen noch in der eigenen Hand, sich den Nachruf „Niemand wird Sie vermissen“ zu ersparen.

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