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Aktualisiert am 28.01.2020 - 17:34 Uhrin Kommentare der RedaktionLesedauer: 4 Minuten

Wachtendorf-Kolumne Finanztransaktionssteuer: Der letzte Sargnagel für die SPD

DAS-INVESTMENT-Kolumnist Egon Wachtendorf
Geht mit der SPD hart ins Gericht: DAS-INVESTMENT-Kolumnist Egon Wachtendorf. | Foto: Johannes Arlt

Der SPD geht es schlecht. Das ist keine neue Erkenntnis, schon klar. Anders als manch andere führe ich den bemitleidenswerten Zustand dieser von mir einst durchaus geachteten Partei jedoch nicht in erster Linie auf jene Gesetze zurück, die den Namen eines ehemaligen VW-Vorstands tragen. Ja, es stimmt: Hartz IV ist in Teilen asozial und wie so vieles in der Ägide von Gerhard Schröder unglaublich schlampig umgesetzt. Letztlich war die mit der Agenda 2010 verbundene Verschlankung des Sozialstaats aber eine dringend notwendige Antwort auf 16 Jahre Untätigkeit der Vorgänger-Regierungen. Nichts also, wofür man sich als Politiker grundsätzlich schämen müsste und was den Verlust von 10,6 Millionen Wählerstimmen zwischen 1998 und 2017 rechtfertigen könnte.

Da gibt es ganz andere Sünden der Vergangenheit, die der Partei wie ein Mühlstein am Hals hängen. Eine davon ist untrennbar mit dem Namen Ulla Schmidt verbunden. Die hochgradig hinterhältige Art und Weise, wie die ehemalige SPD-Bundesgesundheitsministerin 2003 in schönster Eintracht mit CDU und CSU die nachträgliche Teilenteignung von Millionen Direktversicherungs-Sparern auf den Weg gebracht hat, sorgt unter Betroffenen auch 16 Jahre später noch noch für böses Blut. Zu Recht, denn eine glaubwürdige und verlässliche Politik sieht anders aus. Eine solche ist bei den Sozialdemokraten seit geraumer Zeit nirgends zu erkennen. Oder was soll der geneigte Wähler davon halten, dass die SPD mehrmals auf Parteitagen die Einführung eines Tempolimits auf Autobahnen beschließt, bei einer Abstimmung im Bundestag im Oktober 2019 dann nahezu geschlossen dagegen votiert und das Thema zwei Monate später erneut auf die Agenda hievt?

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Doch zurück zum Thema Altersvorsorge und damit zum jüngsten Vorstoß von SPD-Finanzminister Olaf Scholz, eine auf Aktien von 145 deutschen Großunternehmen beschränkte Finanztransaktionssteuer einzuführen. Hier den entsprechenden Gesetzentwurf auseinanderzupflücken, ist vertane Lebenszeit – dessen Absurdität haben längst andere vor mir auf den Punkt gebracht. Ich halte es für aufschlussreicher, neben Scholz mit Lothar Binding einen weiteren SPD-Vertreter zu Wort kommen zu lassen. Mit der neuen Steuer werde „endlich gegen die Instrumente vorgegangen, deren Nutzung zur Finanzkrise 2007/2008 beigetragen haben“, jubelte der finanzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Mitte Dezember in einem Beitrag für die Oldenburger „Nordwest-Zeitung“. Und weiter: „Es ist leicht zu sehen, dass die Finanztransaktionssteuer nichts mit Kleinsparern zu tun hat.“ Der gern bemühte „Kleinaktionär“, der „Aktien zehn oder 20 Millionen Mal am Tag verkauft, kauft, verkauft“, müsse dagegen eine nennenswerte Steuerbelastung einkalkulieren und sich überlegen, ob langfristige Anlagestrategien nicht die besseren seien.

Weiß Binding nicht besser, wie die Finanzmärkte funktionieren? Dass Scholz die, die er treffen möchte, verschont und abermals Vorsorge-Sparer zur Kasse bittet? Oder versucht er in bösester Schmidt-Manier, Sachverhalte zu verschleiern und potentielle Wähler zu täuschen? Wie auch immer: Wenige Tage nach Bekanntwerden der Steuerpläne erklärte Harald Christ, bis dahin Mittelstandsbeauftragter der SPD, seinen Austritt aus der Partei. Für Leute mit wirtschaftlichem Sachverstand sei dort kein Platz mehr, so die Begründung. Wäre ich – was seit 2003 nur schwer vorstellbar ist – SPD-Mitglied, ich würde spätestens jetzt genauso handeln.

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