Wachtendorf-Kolumne Fondskosten: „Was bitte schön ist das hier?“

Ex-Kollegen-Treff in der Düsseldorfer Carlstadt. Eine gemütliche Runde ehemaliger „DM“-Mitarbeiter, die in wechselnder Besetzung bereits seit 2002 regelmäßig zusammenkommt. Nach mehreren Platzwechseln sitzt mir plötzlich jener Kollege gegenüber, der lange Zeit das Ressort „Auto & Verkehr“ betreut hat. Direkt wie eh und je und immer schon sehr an Fonds interessiert, bringt er sein Anliegen auch dieses Mal schnell auf den Punkt. „Was bitte schön ist das hier?“ fragt er mit leicht gereiztem Unterton – und hält mir ein DIN-A4-Blatt mit der Überschrift „Gesetzlich vorgeschriebene ex-post Kosteninformation 2018“ unter die Nase.
Seit Banken und andere Verwahrstellen für Investmentfonds damit begonnen haben, das genannte Schriftstück flächendeckend an ihre Kunden zu versenden, müssen nicht nur Fachjournalisten viele Fragen beantworten. Bei manchem Finanzberater, so hört man, steht derzeit das Telefon kaum noch still. Und wie so häufig bei Neuerungen, die auf die europäische Finanzmarktrichtlinie Mifid II zurückgehen, gibt es rund um dieses Thema kaum eine Antwort, die nicht mindestens zwei neue Fragen herausfordert.
Dabei sollte alles so einfach sein. Nach der ebenfalls von der EU verordneten ex-ante Kosteninformation, die einen Anleger bereits vor dem Kauf eines Finanzprodukts über die erwarteten Kosten aufklärt, listet die ex-post-Information die tatsächlich angefallenen Kosten noch einmal bis auf den Cent genau auf – heruntergebrochen auf das jeweilige Kalenderjahr. Je nach Anlagesumme kommen dort für ein Depot sehr schnell vierstellige Beträge zusammen. Ein staatlich gesetzter Anreiz in zwei Richtungen: Allzu brutal zur Kasse gebetene Anleger haben so die Chance, ihre Produktwahl noch einmal zu überdenken. Wer es dagegen auf Anbieterseite mit den Gebühren übertrieben hat, muss sich Gedanken um seine Wettbewerbsfähigkeit machen.
So weit, so gut – aber leider wieder einmal schlecht umgesetzt. Denn bei der Entscheidung, ob Produkt A oder Produkt B das bessere ist, hilft die ex-post Kosteninformation kein bisschen weiter. Im Gegenteil, sie stiftet mehr Verwirrung als Nutzen. Und öffnet dadurch Fehlentscheidungen Tür und Tor.
Warum zum Beispiel taucht eine bei einem Mischfonds 2017 wegen sehr guter Leistungen angefallene Gewinnbeteiligung im Kostenausweis für 2018 auf? Das lässt diesen Fonds im Vergleich zu Wettbewerbern total überteuert erscheinen, obwohl er möglicherweise in beiden Kalenderjahren und auch langfristig erheblich besser performt hat.
Und warum müssen bei offenen Immobilienfonds neuerdings auch sämtliche Objektkosten in die Berechnung einfließen? Bei manchen Fonds sind dadurch die jährlichen Gesamtkosten auf mehr als 4 Prozent gestiegen. Wer das ex-post zum ersten Mal sieht, kann schon ins Grübeln geraten. Aber ist ein kostenfreies Tagesgeld nach Inflation wirklich die bessere Alternative? Und lohnt der Rausschmiss eines ex-post teuren Fünf-Sterne-Mischfonds, um sich dafür in eine Rentenversicherung auf ETF-Basis einzukaufen?
Letzteres bleibt nicht nur deshalb eine offene Frage, weil bei beiden Produkten Aussagen über die künftige Wertentwicklung rein hypothetisch sind. Auch ein direkter Kostenvergleich ist unmöglich – für Fondspolicen gibt es noch keine entsprechende ex-post Information. Warum eigentlich nicht? Und was ist mit den Kosten, die bei Versicherungs- und Riester-Lösungen aus langfristig meist verzichtbaren Garantieversprechen entstehen? Müssten nicht auch die fairerweise genannt werden?
Fragen über Fragen, denen an dieser Stelle nur noch eine hinzuzufügen wäre: Wann und wo werden endlich all jene Kosten ausgewiesen, die Anlegern und Beratern allein aufgrund immer neuer, nicht zu Ende gedachter Regulierung entstehen?