Wachtendorf-Kolumne Guck mal, eine Amazon – und da, noch eine
„Guck doch mal, was mein Bankberater mir da empfohlen hat …“ – wer als Fonds-Journalist arbeitet, sieht sich des Öfteren mit einer solchen Bitte konfrontiert. Ich für meinen Teil komme ihr immer sehr gerne nach. Nicht, um den Besserwisser zu spielen. Sondern um ein Gefühl dafür zu behalten, was an der Basis passiert. Und was dort – zumindest für meine Begriffe – immer wieder schiefläuft.
In diesem Fall kam die Anfrage aus der eigenen Verwandtschaft. Mein 20-jähriger Neffe hat im Sommer eine Ausbildung begonnen und momentan genügend Geld übrig, um pro Monat 200 Euro zu sparen. Dazu unterbreitete ihm ein Mitarbeiter der örtlichen Volksbank folgenden Vorschlag: Er möge doch den Sparbetrag zu gleichen Teilen auf folgende vier Fonds aufteilen: Uni-Favorit Aktien, Uni-Euro-Aktien, Uni-Deutschland XS und Uni-Industrie 4.0.
Es soll an dieser Stelle nicht um die Qualität der empfohlenen Fonds gehen. Der Uni-Favorit Aktien etwa hat ein Fünf-Sterne-Rating von FWW und von Morningstar, der Uni-Deutschland XS lässt in seiner nunmehr zwölfjährigen Historie so manch anderen Aktienfonds für deutsche Nebenwerte lahm aussehen. Auch gegen die Aufteilung auf zwei globale, einen europäischen und einen deutschen Aktienfonds ist im Grunde genommen wenig zu sagen.
1.200% Rendite in 20 Jahren?
Der Knackpunkt liegt woanders. Das Angebot offenbart gravierende Schwächen, die erst bei näherem Hinsehen zutage treten. So heißen die drei größten Positionen des Uni-Favorit Aktien – Achtung, Überraschung! – Amazon, Microsoft und Alphabet. Zwei davon, nämlich Amazon und die Google-Mutter Alphabet, liegen auch im Portfolio des Uni-Industrie 4.0 an vorderster Stelle. Mit Alibaba und Visa gibt es weitere schwergewichtige Überschneidungen, und natürlich sind auch Top-Positionen des Uni-Euro-Aktien wie Unilever, LVMH oder Adidas prominent in den beiden Globalfonds vertreten. Beim Uni-Deutschland XS bringen Namen wie Delivery Hero, Rocket Internet oder Hypoport zwar ein Stück weit Abwechslung ins Depot. Letztlich handelt es sich aber auch hierbei um einen klassischen Wachstumsfonds: Damit die Kurse der enthaltenen Aktien steigen können und die teils recht hohen Bewertungen rechtfertigen, müssen zuvor Umsätze und Gewinne der dazugehörigen Unternehmen überproportional anziehen.
Wachstumsaktien waren die Gewinnbringer der vergangenen Jahre. Am meisten Performance bei vergleichsweise niedrigen Schwankungen konnten in diesem Umfeld Fondsmanager erzielen, die auf „Quality Growth“ setzten – also auf Wachstumsunternehmen, die wie Microsoft, Alphabet oder Visa hohe Anforderungen an ihr Geschäftsmodell, die Bilanz und das Management erfüllen. Fonds, die solche Siegeraktien enthalten, empfiehlt jeder gern. Deshalb bin ich mir ziemlich sicher, dass der Anlagevorschlag bei einer Sparkasse, einer Filiale der Deutschen Bank und auch bei so manchem freien Finanzvermittler im Kern ähnlich ausgesehen hätte. Und die so beratenen Anleger ebenfalls einem nicht zu unterschätzenden Klumpenrisiko aussetzt.
Ich habe meinem Neffen vom Angebot seiner Volksbank abgeraten. Und ihm folgende Tipps mit auf den Weg gegeben. Erstens: Verteile die Sparraten nicht auf vier Fonds, sondern auf acht. Zweitens: Beziehe auch Mischfonds ein, die das Risiko von Rückschlägen abfedern. Drittens: Kombiniere bei den Aktienfonds verschiedene Investmentstile und Anlageregionen. Viertens: Laufe nie dem Mainstream und den Siegern der Vergangenheit hinterher. Einer der acht von mir alternativ vorgeschlagenen Fonds – so viel sei preisgegeben – kauft deshalb Goldminen, ein anderer Schwellenländeraktien.