LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
Aktualisiert am 08.09.2017 - 12:49 Uhrin AktienLesedauer: 3 Minuten

Wachtendorf-Kolumne Jetzt VW kaufen? Ich weiß nicht …

Egon Wachtendorf, Chefredakteur DER FONDS
Egon Wachtendorf, Chefredakteur DER FONDS

„Ich hab‘ letzte Woche VW gekauft“, raunte mir vor ein paar Tagen ein Bekannter zu, der immer für einen aussichtsreichen Anlagetipp zu haben ist. Nur wenig später rief ein anderer Bekannter aus der gleichen Kategorie an, näherte sich dem Thema aber noch etwas behutsamer in Frageform: „Sollte man jetzt VW kaufen?“

Es wird vermutlich nicht das letzte Mal sein, dass diese Frage auftaucht. Einmal völlig losgelöst von moralischen Aspekten und Bewertungen („Darf und will ich die Aktie eines Unternehmens besitzen, das seine Kunden auf derart schamlose Weise betrogen hat?“ oder „Das ist doch nichts weiter als eine Verschwörung der Amerikaner gegen die deutsche Autoindustrie, in typisch germanischer Manier selbstzerstörerisch aufgeblasen zu einem medialen Super-Hype!“) geht es bei ihr im Kern darum, ob ein tief gefallenes Wertpapier eine einmalige Gelegenheit bietet. Was nicht unbedingt selbstverständlich ist: Bislang gelten die Deutschen schließlich als ein Volk von Anlegern, das an der Börse gerne zu Höchstkursen kauft und sich nach Abstürzen wie 2003 oder 2009 auch mit vielen guten Worten nicht dazu bewegen lässt, die günstigen Bewertungen zum Einstieg zu nutzen.

Aber zurück zur Frage. Sollte man als antizyklischer Investor jetzt VW kaufen? Die vermutlich wenig überraschende Antwort: Ich weiß es nicht. Auf der einen Seite erscheint es natürlich verlockend, bei einem noch vor wenigen Monaten gepriesenen Unternehmen zu weniger als der Hälfte des damaligen Preises zugreifen zu können. Andererseits sind die Forderungen, die durch den Abgas-Skandal auf VW zukommen, zum jetzigen Zeitpunkt weitgehend unkalkulierbar. Das ist immer gefährlich, und wer im Sommer 2011 RWE gekauft hat, weil sich der Kurs im Vergleich zu 2010 halbiert hatte, weiß, was ich meine: Seither hat die Aktie weitere 70 Prozent an Wert verloren. Commerzbank-Aktionäre grüßen an dieser Stelle ebenfalls recht herzlich.

Auch der zweite Teil meiner Antwort kann nicht wirklich überraschen. Wer statt einzelner Aktien Fonds kauft, wird aller Wahrscheinlichkeit nach niemals Traum-Renditen einfahren, wie sie in der Vergangenheit mit Titeln wie Amazon, Biogen oder auch einem auf den ersten Blick eher unscheinbaren deutschen Nebenwert wie Zooplus möglich waren. Aber er geht – bei ausreichender Streuung über verschiedene Länder und Branchen – auch niemals das Risiko ein, mit seinem Investment in die Nähe eines Totalverlusts zu geraten.

Hinzu kommt: Keines der oben genannten Unternehmen war oder ist ein unter die Räder gekommener Turnaround-Kandidat. Wer mit einzelnen Aktien sein Glück versuchen möchte, ohne im Sinne Benjamin Grahams oder Warren Buffetts ganz tief in die Bilanzanalyse einzusteigen, sollte sich deshalb lieber auf Firmen mit einer lupenreinen Wachstums-Story konzentrieren. Oder eben Fonds bevorzugen. Denn auch dort findet sich in diesen Tagen und Wochen durchaus die eine oder andere, dem Kauf von VW ebenbürtige antizyklische Anlageidee. Schon mal über einen Sparplan auf ein globales Schwellenländeraktien-Produkt nachgedacht?

Verpassen Sie keinen Beitrag aus unserem wöchentlichen Online-Magazin DER FONDS und melden Sie sich hier kostenlos per E-Mail an.

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen
Tipps der Redaktion