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Aktualisiert am 08.09.2017 - 13:11 Uhrin FondsLesedauer: 2 Minuten

Wachtendorf-Kolumne Mario Draghi und die Generation der Verlierer

Egon Wachtendorf, Chefredakteur DER FONDS
Egon Wachtendorf, Chefredakteur DER FONDS

Es war einmal … – mit dieser Einleitung können die Älteren in diesem Lande ihren Kindern oder Enkeln dereinst berichten, dass sie in ihren Depots über Jahre hinweg mündelsichere Pfandbriefe hielten, die ihnen einen Zins von 9 Prozent oder mehr garantierten. Oder dass Lebensversicherungen, die über die gesamte Laufzeit gerechnet eine Rendite von 6 bis 7 Prozent brachten, früher eher die Regel als die Ausnahme waren. Nach Steuern, wohlgemerkt. Darauf ließ sich bequem ein zweites Standbein für den Ruhestand aufbauen, wenn dies denn neben der gesetzlichen Rente nötig schien.

Heute ist die private Altersvorsorge kein Luxus der Besserverdienenden, sondern bittere Notwendigkeit für beinahe jeden Arbeitnehmer. Deshalb ist der Aufschrei verständlich, der die jüngsten geldpolitischen Maßnahmen der Europäischen Zentralbank in Deutschland begleitet. Dürften sie doch dazu beitragen, dass die Zinsen im Euroraum noch über Jahre hinweg an der Nulllinie verharren – bei gleichzeitig anziehender Inflation, denn letzteres ist das erklärte Ziel von EZB-Präsident Mario Draghi. Die Verlierer der aktuellen EZB-Politik stehen also fest: das Gros der Rentner und Ruheständler von morgen.

Die Frage lautet nur: Stünde diese Gruppe in 20 oder 30 Jahren wirklich sehr viel besser da, wenn die EZB in der aktuellen Situation nichts tun oder statt die geldpolitischen Zügel zu lockern diese anziehen würde? Beides birgt ähnlich hohe Risiken wie Draghis jetziger Kurs, auch wenn manche seiner Gegner dies nicht wahrhaben wollen. Hinzu kommt: Verlierer gibt es nicht erst in 20 oder 30 Jahren, sondern bereits im Hier und Jetzt. Ein ganzes Heer von ihnen sitzt zum Beispiel in Griechenland, Italien und Spanien, wo die Jugendarbeitslosigkeit teilweise die Marke von 50 Prozent überschritten hat.

Manche Mitglieder dieser verlorenen Generation wohnen mit 30 oder 35 Jahren noch bei den Eltern und haben sich mit ihrem Schicksal mehr oder weniger abgefunden. Andere versuchen, aus dem in aller Regel nicht selbstverschuldeten Teufelskreis auszubrechen – indem sie etwa dorthin gehen, wo es Arbeit gibt. Dazu gehört natürlich Mut und Initiative. Ist es von Deutschlands Sparern zu viel verlangt, beides aufzubringen, wenn sie die befürchteten Einbußen im Alter abwenden wollen? Letztlich ist es ein ungleich einfacherer Schritt, mit gewohnten Anlagemöglichkeiten zu brechen, als seinen Lebensmittelpunkt vorübergehend oder auch endgültig über tausende von Kilometern in Richtung Norden zu verlagern. Wer noch einen letzten Impuls gebraucht hat, nach einer Alternative zu Sparbuch und Lebensversicherung zu suchen – Mario Draghi hat ihn am Donnerstag geliefert.

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