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Aktualisiert am 08.09.2017 - 12:04 Uhrin Wachtendorf-KommentarLesedauer: 3 Minuten

Wachtendorf-Kolumne Patriotismus bei der Anlage kostet Geld? Kommt ganz drauf an …

Egon Wachtendorf, Chefredakteur DER FONDS
Egon Wachtendorf, Chefredakteur DER FONDS

Wann immer in Aufzählungen jene Kardinalfehler genannt werden, vor denen Anleger sich hüten sollten – dieser eine ist garantiert dabei: der Home Bias. Er beschreibt die Tendenz, Geldanlagen auf dem Heimatmarkt überproportional zu gewichten und verhindert nach Ansicht seiner Kritiker bessere und vor allem risikoärmere Renditen. „Patriotismus kostet Geld“ bringt es die FAZ auf den Punkt.

Doch ist der Home Bias wirklich ein Rendite-Killer? Es gibt nicht wenige seit Jahrzehnten erfolgreiche Praktiker, die sich um akademisch untermauerte Erkenntnisse dieser Art einen feuchten Kehricht scheren. Der wohl bekannteste von ihnen heißt Warren Buffett und hat seinen Reichtum fast ausschließlich mit amerikanischen Aktien begründet.

Nun gut, börsennotierte US-Unternehmen gibt es ja auch mehr als genug, mögen Verfechter der statt grau häufig schwarz-weiß gefärbten Theorie anmerken. Deutsche Anleger, deren Heimatbörse weniger als 3 Prozent an der weltweiten Marktkapitalisierung ausmache, seien jedenfalls gut beraten, öfter als bisher den Weg ins Ausland zu suchen.

Doch selbst in diesem Punkt vermittelt die Praxis ein anderes Bild – auch oder gerade, wenn es um Investmentfonds geht. Seit Jahr und Tag weisen beispielsweise in den langfristigen Sparplan-Statistiken des Branchenverbands BVI Fonds für deutsche Aktien eine höhere Wertentwicklung auf als europäisch oder global ausgerichtete Fonds. Wie soll man Fondsanlegern da erklären, dass sie Geld aus bewährten Klassikern wie Investa, Concentra oder Fondak abziehen und in globale Produkte umschichten sollen?

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Zumindest nicht so, wie es die FAZ in besagtem Artikel macht. In scheinbar bewährter Mainstream-Manier steht am Ende der Rat, das eigene Portfolio über ETFs international zu streuen, neben dem Dax also auch den Euro Stoxx 50, den MSCI World und den S&P 500 zu berücksichtigen. Wer danach verfährt, hat hinterher die gleichen Aktien im Depot wie alle anderen, und ob das am Ende bei niedrigeren Schwankungen eine höhere Rendite mit sich bringt, erscheint doch einigermaßen zweifelhaft.

Ich würde es so zu erklären versuchen: Ja, deutsche Aktienfonds waren und sind eine gute Anlage, weil deutsche Unternehmen im internationalen Vergleich bestens aufgestellt sind und weil sie ihre Produkte in die ganze Welt exportieren. Dass sie in der BVI-Statistik so gut aussehen, sollte man jedoch nicht überbewerten. Zum einen enthalten nämlich viele der dort vertretenen Deutschland-Fonds neben den gängigen Dax-Titeln auch Nebenwerte, die häufig noch sehr viel besser gelaufen sind als eine Siemens oder eine Daimler. Die meisten Europa-, Nordamerika- oder Globalfonds der BVI-Mitglieder konzentrieren sich dagegen überwiegend auf Standardtitel.

Zum anderen ist die Datenbasis gerade in den sehr langfristigen Bereichen – 25, 30 oder 35 Jahre – ausgesprochen dünn. Die reichlich vorhandenen Deutschland-Klassiker treffen dort in den konkurrierenden Kategorien auf wenig andere hochklassige Produkte. Eine Verzerrung, die auch auf Sicht von 10 oder 15 Jahren noch auftritt, weil viele exzellent gemanagte Europa- oder Nordamerika-Fonds wie Jupiter European Growth, Comgest Growth Europe oder Schroder US Smaller Companies in der BVI-Liste gar nicht enthalten sind. Mit diesen wie mit anderen vergleichbaren Fonds als Beimischung den Durchschnitt der BVI-Kategorie „Aktienfonds Deutschland“ zu schlagen, hätte in den vergangenen 15 Jahren locker funktioniert.

Die Lehre aus alledem: Anders als vielleicht für Japaner, Griechen oder Nigerianer ist Home Bias für deutsche Anleger nicht per se ein Anlegerfehler. Das eigene Vermögen stärker global zu streuen kann sich dennoch lohnen – wenn man es Fondsmanagern anvertraut, die auf ihrem jeweiligen Markt zu Hause sind.

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