Wachtendorf-Kolumne Reichmacher-Tipps: Nimm zwei – und vergiss alle anderen
Kennen Sie Alpha Pro Tec? Oder Novavax? Beide Unternehmen geisterten in den vergangenen Wochen immer mal wieder durch die Finanzpresse, wenn es darum ging, Profiteure der jüngsten Coronavirus-Epidemie dingfest zu machen. Alpha Pro Tec fertigt Mundschutz-Artikel und Atemschutzmasken, Novavax forscht an einem Impfstoff gegen den Corona-Erreger 2019-nCoV.
Ein Thema, über das sich durchaus seriös berichten ließe. Die meisten Artikel dazu erfüllen jedoch mühelos die Definition dessen, was Medien-Kritiker wie der Münchner Honorarberater Gerd Kommer oder der Ludwigshafener Hochschulprofessor Hartmut Walz als „Finanzpornografie“ bezeichnen: Sie sind oberflächlich, sensationsheischend und in aller Regel nur darauf aus, potenzielle Leser zu Handlungen zu verführen, die ihrem privaten Vermögen schaden. Indem sie an die in fast jedem Menschen schlummernde Gier appellieren („Mit dieser Aktie werden Sie reich!“) oder Angst schüren („Der Crash kommt!“). Und darüber hinaus noch den Anschein erwecken, einen Wissensvorsprung zu haben und diesen ebenso großzügig wie uneigennützig mit den Adressaten zu teilen.
Um bei Alpha Pro Tec und Novavax zu bleiben: Ja, mit beiden Unternehmen ließ sich im Januar 2020 in sehr kurzer Zeit sehr viel Geld verdienen. Wobei die Betonung auf kurz liegt und von einem Vorsprung an Information keine Rede sein kann. Als sich die entsprechenden Kaufempfehlungen häufen, notiert der Kurs nämlich längst 50 Prozent und mehr über den Jahresschlussständen von 2019. Der Langfrist-Chart wiederum offenbart schnell, worauf sich leichtfertige Käufer einlassen: Die Aktie von Alpha Pro Tech dümpelt seit Jahren vor sich hin, immer nur kurz unterbrochen von hektischen, durch Meldungen über die Ausbreitung von Vogelgrippe und Sars angetriebenen Ausschlägen nach oben. Novavax-Aktionäre wiederum haben in den vergangenen fünf Jahren 95 Prozent ihres Einsatzes verloren.
ETFs im Fokus
Letztlich existiert nur ein Weg, um den fast überall lauernden Lockrufen der Finanzpornografen zu widerstehen: langfristiges Denken. Wer dazu in der Lage ist, landet tatsächlich sehr schnell bei der von Kommer, Walz und vielen anderen Experten propagierten Methode, das eigene Geld ausschließlich via ETFs zu managen. Denn auf Sicht von 20, 25 oder 30 Jahren bewegen sich die weltweiten Aktienmärkte als Ganzes mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nach oben. Um dabei zu sein, benötigt man keine heißen Tipps und keine Hochglanz-Magazine, sondern lediglich einen kostengünstigen Indexfonds, der sein Kapital breit über verschiedene Regionen und Branchen streut.
Wem das schlicht zu langweilig ist oder wer mehr Rendite möchte, für den gibt es im Prinzip nur zwei seriöse Alternativen – die allerdings jede für sich einen ebenso langen Atem erfordern. Erstens: Nimm nur Aktien von Top-Unternehmen ins Portfolio und halte sie solange, bis sich die Voraussetzungen für ihren Erfolg grundlegend ändern. Eine ungleich schwierigere Aufgabe als der Kauf eines ETFs, gewiss. Dass sich die Mühe lohnen kann, zeigen jedoch die Erfolge eines Warren Buffett und diverser anderer Investoren, die ähnlich vorgehen. Auch mit aktiv gemanagten, deutschen Anlegern zugänglichen Fonds.
Und die zweite Alternative? Ich nenne sie mal die Peter-E.-Huber-Methode. Unter dem Motto „Die Letzten werden die Ersten sein“ hat der langjährige Vorstand der Oberurseler Investmentboutique Starcapital vor seinem Rückzug in den Ruhestand über Jahrzehnte hinweg mit vorübergehend aus dem Blickfeld geratenen und von vielen Anlegern gemiedenen Aktien Überrenditen erzielt. Man muss sich deshalb nicht zwangsläufig für die Energiebranche erwärmen, wie es Huber in seinem aktuellen Strategie-Newsletter tut. Jene Argumente zu studieren, die ihn dazu bringen, kann aber ganz gewiss nicht schaden.