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Präsidentschaftswahlen in Frankreich Kapitalmarkt-Experte: „Die Börsen halten den Atem an“

Carsten Mumm, Leiter der Kapitalmarktanalyse bei der Privatbank Donner & Reuschel

Am Wochenende findet in Frankreich der erste von voraussichtlich vier wichtigen Wahlgängen in den kommenden zwei Monaten statt. Am Sonntag wird über den Nachfolger Francois Hollandes als französischer Staatspräsident entschieden. Sollte im ersten Wahlgang kein Kandidat eine absolute Mehrheit erhalten, würde am 7. Mai eine Stichwahl zwischen den beiden Kandidaten mit den meisten Stimmen aus der ersten Runde stattfinden.

Verschiedene Umfragen und Wahlprognosen deuten darauf hin, dass der ehemalige französische Wirtschaftsminister Emmanuel Macron in der Stichwahl gegen die Parteichefin der rechtspopulistischen Front National, Marie Le Pen, gewinnen wird. Allerdings müssen diese Vorhersagen wegen zweier weiterer aussichtsreicher Kandidaten und aufgrund des komplexen französischen Wahlsystems mit Vorsicht betrachtet werden.

Spannung vor der zweiten Wahlrunde

So legen die Umfragen nahe, dass Le Pen und Macron Stimmenanteile zwischen 20 Prozent und 25 Prozent erreichen könnten. Dicht darauf folgen jedoch der Euro- und EU-kritische Jean-Luc Mélenchon sowie Francois Fillon von der Partei „Les Républicains“ mit jeweils knapp 20 Prozent der Stimmen.

Besonders schwer prognostizierbar ist zudem das Verhalten der Wähler in der zweiten Runde, denn sowohl Le Pen als auch Macron sind für viele Anhänger anderer Kandidaten nicht wählbar. Das zeigt sich daran, dass der Anteil der für die zweite Runde noch unentschlossenen Wähler mit 30Prozent bis 40Prozent sehr hoch ist. Einerseits stehen viele Franzosen den politischen und wirtschaftlichen Eliten, denen Macron zuzuordnen ist, kritisch gegenüber. Andererseits möchte die deutliche Mehrheit der Franzosen den Euro behalten.

Für Franzosen könnte sich viel ändern

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Unabhängig vom Wahlausgang könnte sich für Franzosen zukünftig einiges ändern. Anders als in den Niederlanden stellt sich kein amtierender Ministerpräsident zur Wiederwahl. Zudem spielen die etablierten Parteien in Frankreich nur noch eine untergeordnete Rolle. Le Pen und Mélenchon stehen für einen Euro-Austritt.

Dagegen wollen Macron und Fillon weitergehende Strukturreformen, zum Beispiel eine Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, angehen, um die französische Wirtschaft wieder wettbewerbsfähiger zu machen. Alle Präsidentschaftskandidaten wären jedoch machtlos, wenn sie bei den im Juni stattfindenden Parlamentswahlen nicht auch Mehrheiten erringen könnten. In diesem Fall wären kaum politische Richtungswechsel zu erwarten.

Situation Schritt für Schritt analysieren

Die Situation ist offensichtlich sehr komplex. So bleibt nur, die Situation Schritt für Schritt und in Szenarien zu analysieren. Unser Basisszenario ist, dass Macron tatsächlich in der Stichwahl gegen Le Pen gewinnt. In diesem Fall dürften die Aktienmärkte zunächst beruhigt sein und könnten sich vorübergehend auf die guten fundamentalen Daten konzentrieren.

Sollte jedoch Le Pen gewinnen und / oder neben ihr Mélenchon in die zweite Runde einziehen, wären zumindest zeitweilige Turbulenzen an den Börsen wahrscheinlich. Die Risikoaufschläge französischer Staatsanleihen würden sich ausweiten, der Euro abwerten und die Aktien ihren seit Herbst letzten Jahres bestehenden Höhenflug vorerst beenden.

Der weitere Verlauf hinge dann von den Reaktionen der anderen Euro-Staaten sowie insbesondere der EZB ab. Es ist davon auszugehen, dass die Notenbank im Falle größerer Turbulenzen beruhigend eingreifen würde, und sei es auch nur verbal, wie es Mario Draghi in den letzten Jahren einige Male bereits getan hat.

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