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BGH-Urteil zum Tagegeld-Anspruch Wann endet die ärztliche Behandlung?

Patientengespräch
Patientengespräch: Die Dauer der ärztlichen Behandlung bestimmt den Anspruch auf Tagegeld. | Foto: Imago Images / Agefotostock

Wann genau endet die ärztliche Behandlung, die maßgeblich für den Anspruch auf Tagegeld in der Unfallversicherung ist? Mit dieser Frage hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) befasst.

Der Fall vor dem BGH

Der klagende Versicherungsnehmer unterhält bei dem beklagten Versicherer eine Unfallversicherung. Im vorliegenden Fall wollte der Kläger den Versicherer dazu bewegen, ihm weiter Tagegeld zu zahlen. In den eingezogenen allgemeinen Unfallversicherungs-Bedingungen (AUB 2008) heißt es unter anderem, dass Voraussetzung für den Erhalt des Tagegeldes ist, dass die versicherte Person unfallbedingt sowohl in der Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt als auch in ärztlicher Behandlung ist.

Zu den Voraussetzungen gehört nach den Versicherungsbedingungen auch, dass die Anordnungen eines Arztes zu befolgen sind, da im Falle der Nichtbeachtung der Verlust des Versicherungsschutzes droht.

Der Versicherungsnehmer hatte einen Unfall erlitten und sich dabei einen Finger verletzt. Er war daraufhin bei einem Facharzt in Behandlung. Dessen Praxis besuchte der Kläger zuletzt im Juni 2016. Der Arzt verschrieb ihm wegen eines andauernden Bewegungsdefizits „zehnmal Krankengymnastik“. Im September 2016 untersuchte der Facharzt den Versicherten erneut.

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Anschließend erkundigte sich der Versicherer nach der ärztlichen Behandlung des Klägers. Der Arzt erklärte, dass die Behandlung im Juni 2016 abgeschlossen worden sei. Im Februar 2017 war der Versicherungsnehmer allerdings nochmals in ärztlicher Behandlung. Hierbei verordnete der Facharzt wegen fortbestehender Bewegungseinschränkungen Physiotherapie.

Der Versicherer zahlte Tagegeld für die Zeit bis einschließlich Juni 2016. Die auf die Zahlung weiteren Tagegeldes gerichtete Klage des Versicherten hatte das Landgericht Regensburg im Wesentlichen abgewiesen. Eine Berufung des Klägers wies das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg zurück. Der Versicherungsnehmer wandte sich gegen dieses Urteil mit der Revision zum BGH.

Das Urteil

Die Revision des Klägers hatte Erfolg. Anders als das OLG Nürnberg geht der BGH in seinem Urteil vom 04.11.2020 (Aktenzeichen: IV ZR 19/19) davon aus, dass die nach Ziffer 2.5 AUB 2008 für den Anspruch auf Tagegeld maßgebliche ärztliche Behandlung nicht stets mit der letzten Vorstellung beim Arzt endet. Vielmehr umfasse die maßgebliche ärztliche Behandlung regelmäßig die Dauer der von dem Arzt angeordneten Behandlungsmaßnahmen – in diesem Fall also auch noch die Krankengymnastik.

Die Klausel sei dabei so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer verstehen dürfte, beschied der BGH. Dabei komme es nach Auffassung des Senats auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf dessen Interessen an. Im Rahmen dieser Auslegung sei in erster Linie vom Wortlaut der Bedingungen auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln seien zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind.

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