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BGH-Urteil zum Tagegeld-Anspruch Wann endet die ärztliche Behandlung?

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Nach Ansicht des BGH lasse der Wortlaut der Klausel erkennen, dass es nicht auf den letzten Arztbesuch ankomme. Vielmehr zähle die Dauer der ärztlichen Behandlung. Selbst wenn zunächst auf das Handeln des Arztes abzustellen wäre, so seien regelmäßig auch etwaige vom Arzt angeordnet Behandlungsmaßnahmen einzubeziehen – wie etwa die Durchführung einer verordneten Therapie.

Aus Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers werde die Dauer solcher Behandlungsmaßnahmen regelmäßig als Teil der ärztlichen Behandlung angesehen. Dies geschehe unabhängig davon, ob diese erst nach dem letzten Arztbesuch erfolgten, ob Dritte bei ihrer Durchführung tätig wurden oder inwieweit der Arzt Maßnahmen selbst spezifiziert oder ihre konkrete Ausgestaltung einem Dritten überlassen hat.

Unerheblich sei aus Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers auch, ob nach der verordneten Therapie ein weiterer Arztbesuch zur Erfolgskontrolle stattfinde, bei dem der Arzt den Patienten ausdrücklich aus seiner Fürsorge entlässt, oder ob die verordnete Behandlung ohne einen solchen Kontrollbesuch ende, so der BGH.

Der Kläger werde auch kein abweichendes Verständnis der Klausel in Erwägung ziehen, so die Bundesrichter weiter. Er werde vielmehr erkennen, dass er nach den zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen Anordnungen des behandelnden Arztes zu befolgen habe. Andernfalls könnte der Versicherungsschutz entfallen. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer werde zu solchen Anordnungen auch eine Verordnung des behandelnden Arztes zählen, die auf den letzten Arztbesuch folgen soll. Das werde den Versicherten darin bestärken, diese Maßnahmen regelmäßig der ärztlichen Behandlung im Sinne der Versicherungsbedingungen zuzurechnen.

Praxishinweis

Das Urteil des Bundesgerichtshofs überzeugt – im Gegensatz zur Gegenauffassung des OLG Nürnberg. Entscheidend ist hier vielmehr die persönliche Begegnung zwischen Patient und Arzt. Daher ist es zutreffend, den Maßstab eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers heranzuziehen. Folgerichtig ist daher die Ausführung des BGH-Senats, dass ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer den ärztlichen Behandlungsplan im Hinblick auf einzunehmende Medikamente oder durchzuführende Therapien regelmäßig als Teil der ärztlichen Behandlung ansehen kann.

Über den Autor:

Björn Thorben M. Jöhnke ist Fachanwalt für Versicherungsrecht, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz und Fachanwalt für Informationstechnologierecht. Er ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Weitere Urteilsbesprechungen zum Versicherungsrecht finden Sie hier.

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