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Anlage-Profi über Volksrepublik Warum Anleger trotz schwachem Comeback auf China setzen sollten

Touristen besuchen den Neuen Sommerpalast in Peking
Touristen besuchen den Neuen Sommerpalast in Peking: Investoren sollten China nicht vorschnell abschreiben, meint Anlage-Profi Michael Wittek. | Foto: Imago Images / VCG

Eigentlich sollte China die Weltwirtschaft vor einer Rezession retten. Jetzt kommt es umgekehrt. Es sind vor allem der inländische Konsum und der Export, die die chinesische Konjunktur wieder auf Trab bringen. Die Industrie und der Immobiliensektor entwickelten sich dagegen zuletzt eher enttäuschend. Untern Strich belief sich das Wirtschaftswachstum im ersten Quartal des laufenden Jahres auf 4,5 Prozent, so das nationale Statistikbüro.

Damit hat China die Erwartungen der Konjunkturexperten übertroffen, zumindest etwas. Diese hatten nur mit einem Plus von 3,8 Prozent gerechnet. Und Peking erwartet im Gesamtjahr mit einer Erholung in so ziemlich allen Wirtschaftsbereichen. Vor allem der Konsum treibt die Binnenkonjunktur an. Die Umsätze im Einzelhandel, der wichtigsten Komponente des privaten Konsums, legten im März um 10,6 Prozent zu. Nach dem Ende der Lockdowns reisen die Menschen in China aber auch wieder mehr und besuchen häufiger Restaurants. Die Industrie schaffte dagegen „nur“ ein Plus von 3,9 Prozent.

 

Ein Grund für das für chinesische Verhältnisse eher bescheidene Wachstum ist die Zurückhaltung des Staates. Dessen Ausgaben wuchsen zuletzt im Jahresvergleich um sechs Prozent. Damit lagen sie zwar etwas über dem Wirtschaftswachstum, aber deutlich unter dem Niveau von vor Corona. Umgekehrt bedeutet dies allerdings auch, dass hier noch entsprechend viel Luft nach oben besteht. Außerdem galt lange Zeit die Verschuldung Chinas als Risikofaktor. Es hat also auch durchaus positive Aspekte, wenn der Staat nicht mehr das Geld mit vollen Händen ausgibt.

Prognosen: Chinesische Wirtschaft soll um 5 Prozent wachsen

Im Gesamtjahr soll laut Peking beim Wachstum wieder eine fünf vor dem Komma stehen. Goldman Sachs rechnet zumindest mit einem Plus von 4,5 Prozent. Das ist zwar weit entfernt vor früheren Zeiten, in denen die chinesische Wirtschaft jahrelang prozentual zweistellig wuchs. Doch dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Konjunkturentwicklung mittlerweile auf einem absolut betrachtet sehr viel höheren Niveau abspielt.

Außerdem übertrifft die Volksrepublik bei der Expansion seines Bruttoinlandsprodukts (BIP) die westlichen Industrienationen immer noch deutlich. Wann hat es hier schon einmal ein Wirtschaftswachstum von fünf Prozent gegeben? Die Konjunkturentwicklung des Reichs der Mitte hat aufgrund seiner Größe erhebliche Auswirkungen auf die Weltwirtschaft. Das gilt insbesondere für den Rohstoffsektor.

 

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Von verschiedenen Rohstoffen entfällt rund die Hälfte der weltweiten Nachfrage auf China – zum Beispiel bei Zement, Stahl, Kupfer oder Kohle. Zu einem guten Teil werden diese Rohstoffe in der chinesischen Infrastruktur verbaut. Zwar besteht das Gros der benötigten Straßen, Bahntrassen oder Stauseen bereits. Der Neubau ist in den vergangenen Jahren deutlich abgeflacht. Aber die Infrastruktur muss natürlich erhalten werden. Auch dafür werden große Mengen Rohstoffe gebraucht. Außerdem besteht zumindest im Energiebereich immer noch Bedarf an neuen Kraftwerken.

Der Energiehunger Chinas ist so groß, dass so ziemlich alles im großen Stil gebaut wird, was Strom liefert. Bei seinem Energiemix setzt China sowohl auf Kohle- und Kernkraftwerke als auch auf erneuerbare Energien. Vor allem Wind- und Solarparks benötigen beispielsweise große Mengen Kupfer. Dasselbe gilt für Elektroautos, die in China bereits weit verbreitet sind.

Direkt oder indirekt: Wie Anleger in China investieren können

Anleger können in diese Entwicklungen im Wesentlichen auf zwei Arten investieren. Sie können sich direkt oder indirekt durch aktiv gemanagte Fonds oder ETFs an chinesischen Firmen beteiligen. Interessant sind hier vor allem die chinesischen Tech- und Wachstumswerte. Viele haben eine längere Korrektur hinter sich, sodass sie jetzt wieder moderat bewertet sind und eine attraktive Einstieggelegenheit bieten. Außerdem sind sie sich sehr langfristig betrachtet, trotz der schon länger laufenden Kursverluste besser entwickelt als der breite Markt. 

 

Bei einem entsprechenden Investment sollten Anleger allerdings beachten, dass die langfristig gute Performance chinesischer Techtitel mit einer überdurchschnittlich hohen Volatilität einhergeht. Außerdem hat die Vergangenheit mehrfach gezeigt, dass Alibaba, Tencent und Co. kaum kalkulierbaren politischen Risiken unterliegen. Anlegern, denen das zu heikel ist, können auf Rohstoffproduzenten außerhalb Chinas setzen, die in der Volksrepublik über ein starkes Exposure verfügen. Auf jeden Fall gilt es, die Volksrepublik nicht vorschnell abzuschreiben.

Über den Autor:
Michael Wittek leitet das Portfoliomanagement bei Albrecht, Kitta & Co. und ist für die Anlegestrategie der Vermögensverwaltung verantwortlich.

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