Anlageexperte von Barings Warum Anleger jetzt Anleihen kaufen sollten
Auch wenn das allgemeine Unbehagen nicht von der Hand zu weisen ist, ist es für Anleger von Vorteil, einen Schritt zurückzutreten und das tatsächliche Risikoniveau öffentlicher Schuldtitel zu bewerten. Unserer Ansicht nach gibt es drei gute Gründe für Optimismus.
1. Der lang erwartete Abschwung
Seit etwa anderthalb Jahren bereiten sich Unternehmen auf einen Wirtschaftsabschwung vor, der nach allgemeiner Einschätzung unmittelbar bevorsteht. Auch wenn eine Rezession möglicherweise erst später im Jahr 2023 oder Anfang 2024 eintreten könnte, wird sie aufgrund der langen Vorlaufzeit zu einem der am meisten erwarteten Abschwünge der jüngeren Geschichte.
Das hat den Unternehmen viel Zeit gegeben, sich vorzubereiten. Panik liegt nicht in der Luft, und in der Führungsetage der Unternehmen, die ihre Kosten genau im Griff haben und Lagerbestände geringhalten, ist wenig Unruhe zu spüren. Viele Unternehmen haben auch ihren Verschuldungsgrad reduziert und daher kurzfristig einen begrenzten Refinanzierungsbedarf. Der Nettoverschuldungsgrad der US-High-Yield-Unternehmen sank von 3,7-fachen im Vorjahr auf das 3,4-fache Ende letzten Jahres, während der Zinsdeckungsgrad im gleichen Zeitraum vom 4,8-fachen auf das 5,9-fache anstieg.
Infolge dieser Vorbereitung dürfte ein Rückgang geordnet verlaufen, während Zahlungsausfälle und Konkurse weniger zahlreich sein könnten als in früheren Abschwungphasen. Die Emittenten von Hochzinsanleihen befinden sich in einer besseren finanziellen Lage als vor der Pandemie, da sie insgesamt einen geringeren Verschuldungsgrad und eine höhere Zinsdeckung aufweisen. Insbesondere hat sich die Kreditqualität des globalen Marktes für hochverzinsliche Anleihen in den letzten 15 Jahren erheblich verbessert: 52 Prozent der High-Yield-Anleihen der Industrieländer sind heute von BB-Emittenten begeben, während Single-B-Unternehmen 39 Prozent ausmachen.
Auch wenn eine Rezession zweifellos mehr Herabstufungen als Heraufstufungen nach sich zieht, ist es unwahrscheinlich, dass sich die Kreditqualität so stark verschlechtert, wie es der Markt derzeit einpreist. Obwohl eine Rezession unmittelbar bevorzustehen scheint, ist die große Anomalie der extrem angespannte Arbeitskräftemarkt. Selbst wenn einige Unternehmen Kürzungen vornehmen, bleibt die Arbeitslosigkeit auf einem Rekordtief und hunderttausende Stellen bleiben unbesetzt. Wenn die Verbraucher beschäftigt bleiben, könnte die starke Nachfrage in vielen Wirtschaftssektoren anhalten – was darauf hindeutet, dass der Rückgang weniger schwerwiegend wird, als es sonst der Fall wäre.
2. Kreditverknappung bietet Chancen
Auch wenn die jüngste Flut von Bankenproblemen eher auf die sinkenden Marktwerte hochwertiger Bankaktiva als auf laxe Kreditvergabestandards zurückzuführen ist, besteht kein Zweifel daran, dass die Banken in absehbarer Zukunft vorsichtiger agieren und Kredite weniger verfügbar und teurer werden. Die restriktivere Kreditvergabe der Banken bereitet Anlegern von festverzinslichen Wertpapieren Sorgen, da eine geringere Kreditvergabe der Banken zu Liquiditätsproblemen bei Kreditnehmern auf den öffentlichen Märkten führen könnte. Diese Befürchtungen könnten jedoch übertrieben sein.
1.200% Rendite in 20 Jahren?
Ein Umfeld, in dem weniger Kredite zur Verfügung stehen, könnte Anlegern an den Kreditmärkten – sowohl öffentlichen als auch privaten – sogar zugutekommen. Gelegenheiten zur Finanzierung von Unternehmen, die andernfalls Banken in Anspruch genommen hätten, wird es wohl in Hülle und Fülle geben. Und da sich die Dynamik von Angebot und Nachfrage zu Gunsten der Kreditgeber verschiebt, können Investoren nicht nur attraktive Renditen erwarten, sondern auch einen zusätzlichen strukturellen Schutz. Im Grunde genommen kann die Bereitstellung von Kapital in Zeiten der Kapitalknappheit eine attraktive Renditequelle für Anleger sein, die bereit sind, ein gewisses Kreditrisiko einzugehen – selbst in einem Abschwung.
3. Unternehmen bieten kreative Lösungen
Die Anleihemärkte finden in der Regel einen Weg, die Dinge zu regeln, selbst wenn die Bedingungen extrem schwierig erscheinen, weil sowohl Kreditnehmer als auch Kreditgeber ein Interesse daran haben, dass Unternehmen am Leben bleiben und Gewinne erzielen. Die Besorgnis über höhere Zinssätze und Refinanzierungsrisiken in den nächsten Jahren wird wahrscheinlich kreative Lösungen hervorrufen, die etwa Eigenkapitaloptionen und kreditgeberfreundliche Umstrukturierungen und Refinanzierungen umfassen und den Bedürfnissen von Kreditnehmern und Kreditgebern gleichermaßen gerecht werden. Die Wahrscheinlichkeit von Lösungen bedeutet daher, dass die heutigen Preise – die die derzeitige Negativität widerspiegeln – den wahren Wert womöglich widerspiegeln.
Auch wenn der vor uns liegende Weg holprig erscheint, bieten die Märkte für festverzinsliche Wertpapiere immer noch das Potenzial für höhere und sicherere absolute Renditen als viele andere Anlageklassen. Es ist jedoch äußerst schwierig, die richtigen Ein- und Ausstiegszeitpunkte zu bestimmen.
Bei Barings befürworten wir die Diversifizierung, um unseren Kunden bei Herausforderungen zu helfen, die von der Einkommensgenerierung bis hin zur Anpassung der Verbindlichkeiten reichen. Zum Glück gibt es heute mehr Möglichkeiten als je zuvor, dies zu erreichen – von Unternehmens- und Staatsanleihen (sowohl Hochzins- als auch Investment-Grade-Anleihen) aus Industrie- und Schwellenländern bis hin zu variabel verzinslichen Krediten, Collateralized Loan Obligations (CLOs) und verschiedenen Arten von Asset-Backed-Securities. Das Anlageuniversum ist also sehr groß.
Bei der Verwaltung festverzinslicher Portfolios über die Höhen und Tiefen vergangener Wirtschaftszyklen hinweg hat unser Team festgestellt, dass die Märkte generell sowohl nach oben als auch nach unten überreagieren. Für versierte Anleger, die darauf bedacht sind, durch eine gründliche Analyse sowohl einen absoluten als auch einen relativen Wert zu finden, kann das aktuelle Umfeldeinige der besten langfristigen Möglichkeiten zur Wertschöpfung bieten.
Über den Autor: Martin Horne ist internationaler Leiter Public Assets der Anlagegesellschaft Barings.