

Immobilien Warum der Häusermarkt in Schweden crasht

Noch vor wenigen Jahren galt Schwedens Immobilienmarkt angesichts negativer Zinsen und voller Kassen als heißer Tipp, entsprechend suchten viele Investoren ihr Glück im Norden Europas. Mittlerweile hat sich die Stimmung deutlich abgekühlt. Denn Schwedens Immobilienmarkt erlebt einen Preisverfall, wie er zuletzt in den 1990er Jahren stattfand. Seit dem Hoch im Frühjahr 2022 sind die Preise für Eigenheime um rund 17 Prozent gesunken. Das zeigen Angaben des staatlichen Hypothekenfinanzierers SBAB.
Im Dezember lag der Rückgang der Immobilienpreise noch bei -15 Prozent. Angesichts des rasanten Tempos der Abwärtsbewegung ist die Lage am Immobilienmarkt des skandinavischen Landes zunehmend angespannt. Und wenig deutet auf eine Erholung in 2023 hin.
Schweden war ein Liebling der Investoren
Dabei ist die Entwicklung nicht überraschend. Infolge neuer Tilgungsvorschriften im Jahr 2016 stiegen die Immobilienpreise schneller als die Löhne. Experten warnten deshalb schon vor vielen Jahren vor Preisübertreibungen. Der schwedische Wohnungsbauminister Per Bolund sagte etwa 2020 in einem Interview mit der Zeitung „Svenska Dagbladet“, dass der Markt „gescheitert“ sei.
Institutionelle Anleger, darunter große Pensionsfonds, hielten dennoch lange am schwedischen Immobilienmarkt fest. Der Beratungsgesellschaft Pangea Property Partners zufolge wurden allein im Jahr 2019 44 Milliarden Euro in gewerbliche und Wohnimmobilien in ganz Schweden investiert. Nach Angaben der dortigen Finanzaufsichtsbehörde entfiel 2019 rund ein Drittel aller Immobilientransaktionen auf ausländische Investoren.
Viele Hypotheken mit kurzen Laufzeiten
Als Russland im Frühjahr 2022 in der Ukraine einmarschierte, zog dann der perfekte Sturm aus gestörten Lieferketten, Corona-Pandemie, Energiekrise und politischer Unsicherheit auf. Die Inflation schnellte in vielen Ländern nach oben, die Zentralbanken erhöhten zur Eindämmung die Zinssätze. Das wurde zur Belastung für Immobilienmärkte.
In Schweden waren die Auswirkungen jedoch besonders heftig. Denn viele Haushalte dort setzen auf variable Hypotheken, die stark anfällig für Zinsänderungen sind. Dem US-Portal „Bloomberg“ zufolge werden bei mehr als 40 Prozent der Hypotheken die Zinssätze innerhalb von drei Monaten oder weniger neu festgesetzt. Nur 18 Prozent haben eine feste Laufzeit von drei Jahren oder mehr.
Zugleich ist die Verschuldung in Schweden sehr hoch. 2022 lag sie durchschnittlich bei 200 Prozent des verfügbaren Jahreseinkommens. 15 Jahre zuvor lag dieser Wert noch bei 150 Prozent. Im Niedrigzinsumfeld war das kein Problem. Ende November erhöhte die schwedische Notenbank den Leitzins jedoch kräftig um 0,75 Prozentpunkte auf 2,5 Prozent. Und weitere Erhöhungen für 2023 werden erwartet.
Angesichts des angespannten Marktumfeldes könnten viele Haushalte ihre Ausgaben nun deutlich kürzen, was die schwedische Wirtschaft weiter unter Druck bringen dürfte.
Stresstest für Schwedens Wirtschaft
Die weitere Entwicklung des schwedischen Immobilienmarktes ist offen. Ökonomen des Landes prognostizieren einen Rückgang auf insgesamt 20 Prozent vom Frühjahrshoch 2022, insofern wäre die Talsohle bald erreicht.
Die Berechnung gilt jedoch nur unter der Annahme, dass die Arbeitslosigkeit im Land nicht sprunghaft ansteigt und der Leitzins nicht viel weiter steigt. Beides ist nicht garantiert. Bis die Inflation nicht abgeschwächt ist, zeichnen die meisten Prognosen einen weiteren Rückgang der Kaufpreise.
Immerhin: Dass die sinkenden Immobilienpreise ähnlich stark auf die Gesamtwirtschaft durchschlagen wie in den frühen 1990ern, wird nicht erwartet. Selbst bei jahrelang sinkenden Immobilienpreisen und einer Zunahme der Arbeitslosigkeit dürften die Verluste der Banken bei Hypothekenkrediten bei weniger als 1 Prozent liegen, wie jüngst ein Stresstest der schwedischen Finanzaufsichtsbehörde zeigte.
Härter treffen könnte es Schwedens ohnehin angeschlagene Immobilienunternehmen. Diese müssten im Ernstfall möglicherweise auf Notverkäufe und neue Aktienemissionen zurückgreifen. Immobilienverkäufe im großen Stil könnten dann zu einem weiteren Wertverfall führen und Kreditverluste bei den Kreditgebern erzwingen.