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Schon im Vorfeld berufsunfähig Warum der Versicherte trotzdem Anspruch auf BU-Rente hat

Von Lesedauer: 6 Minuten
Augenärztliche Untersuchung
Augenärztliche Untersuchung: In einem Fall vor dem OLG Karlsruhe ging es um einen Versicherungskunden, der aufgrund einer Sehminderung BU-Leistungen beantragt hatte. | Foto: imago images / Rust
Björn Thorben M. Jöhnke, Foto: Jöhnke & Reichow

Das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG Karlsruhe) hat sich mit der Frage befasst, ob der Versicherungsnehmer bei möglicher „mitgenommener” Berufsunfähigkeit einen Anspruch gegen den Versicherer auf Berufsunfähigkeitsrenten hat. Insbesondere musste es dabei klären, ob der Versicherte bereits vor Beginn des Vertragsverhältnisses bedingungsgemäße berufsunfähig war (Urteil vom 15. Juni 2021 – Aktenzeichen 12 U 36/21).

Der Fall

Die Parteien streiten um Ansprüche aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung. Der klagende Versicherungsnehmer unterhält bei der beklagten Versicherung eine Rentenversicherung für den Fall der Berufsunfähigkeit. Dem Versicherungsvertrag liegen unter anderem die Bedingungen 2000 für die „Rentenversicherung für den Fall der Berufsunfähigkeit” zugrunde. Dort heißt es auszugsweise:

„§ 2 Wann liegt Berufsunfähigkeit vor?

  1. Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person sechs Monate lang unterbrochen
  2. a) mindestens zu dem im Versicherungsschein genannten Prozentsatz (Grad der Berufsunfähigkeit) infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, auch nach einer für sie möglichen und zumutbaren Umorganisation ihres Arbeitsplatzes und trotz möglicher und zumutbarer Verwendung

- medizinischer Hilfsmittel (Sehhilfen, Bandagen, orthopädische Schuhe und Einlagen, Hörhilfen und Stützapparate) oder

- allgemein verfügbarer technischer Hilfsmittel

außerstande ist, ihren Beruf auszuüben, und

  1. b) auch tatsächlich aus Erwerbstätigkeit kein Einkommen bezog, dass in etwa ihrem bisher verfügbaren beruflichen Einkommen entspricht.
  2. Berufsunfähigkeit liegt auch vor, wenn die sechs Monate im Sinne der Nr. 1 noch nicht erreicht sind, aber voraussichtlich erreicht werden.
  3. Zeitpunkt des Eintritts der Berufsunfähigkeit ist der Tag, an dem die maßgeblichen 6 Monate begonnen haben.”

Der Versicherungsnehmer ist gelernter Kaufmann im Einzelhandel. Seit Anfang Januar 2015 besteht bei ihm ein Grad der Behinderung von 90 Prozent – wegen Sehminderung in Form von Gesichtsfeldeinengung und einer Depression. Seit Anfang Januar 2019 erhält er eine Rente der Deutschen Rentenversicherung wegen voller Erwerbsminderung.

Im September 2015 beantragte der Kaufmann Leistungen aus seinem Versicherungsvertrag. Diese lehnte der Versicherer jedoch ab: Eine leistungspflichtige Berufsunfähigkeit des Klägers läge nicht vor, denn diese sei nicht innerhalb der Versicherungszeit eingetreten. Vielmehr habe der Kläger seine Tätigkeit schon vor Versicherungsbeginn nicht mehr dauerhaft ausüben können.

Der Kläger hingegen behauptet: Als der Vertrag im Jahr 2002 geschlossen wurde, sei er nicht berufsunfähig gewesen.

Das Urteil des OLG Karlsruhe

Das OLG Karlsruhe entschied, dass die Berufung des Klägers begründet sei, jedenfalls teilweise. Der Kläger habe Anspruch auf Zahlung der vereinbarten BU-Rente aus der Versicherung ab dem 1. März 2015. Die weiteren geltend gemachten Ansprüche seien nur zum Teil berechtigt.

Der Versicherungsnehmer sei nach den zugrunde liegenden Bedingungen seit März 2015 berufsunfähig. Wenn die Zeitdauer von sechs Monaten in diesem Sinne noch nicht erreicht ist, genüge es für die Annahme der Berufsunfähigkeit auch, wenn die sechs Monate voraussichtlich erreicht werden, so das Gericht.

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