Volkswirt Axel Angermann
Volkswirt Axel Angermann
Schließlich kündigte die Fed sogar an, der Inflationsbekämpfung absolute Priorität einzuräumen und notfalls auch eine Rezession in Kauf zu nehmen, wenn dies für die Rückführung der Inflation auf das 2-Prozent-Ziel notwendig sei. In dieser Hinsicht erscheinen sowohl das Handeln der Fed als auch die Begründungen dafür seit längerer Zeit glaubhaft.
Wie könnte sich die Fed nun angesichts der Unsicherheiten über den weiteren Verlauf der Inflation positionieren? Angenommen die Fed erwartet einen schnellen Rückgang der Inflation, und dieses optimistische Szenario stellt sich im nachhinein als falsch heraus.
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Schließlich kündigte die Fed sogar an, der Inflationsbekämpfung absolute Priorität einzuräumen und notfalls auch eine Rezession in Kauf zu nehmen, wenn dies für die Rückführung der Inflation auf das 2-Prozent-Ziel notwendig sei. In dieser Hinsicht erscheinen sowohl das Handeln der Fed als auch die Begründungen dafür seit längerer Zeit glaubhaft.
Wie könnte sich die Fed nun angesichts der Unsicherheiten über den weiteren Verlauf der Inflation positionieren? Angenommen die Fed erwartet einen schnellen Rückgang der Inflation, und dieses optimistische Szenario stellt sich im nachhinein als falsch heraus.
Dann würden frühzeitige Zinssenkungen nicht nur wie gewünscht die gesamtwirtschaftliche Nachfrage stabilisieren und einen deutlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit verhindern, sondern als Nebenwirkung die Preisdynamik neu anfachen. Die Inflation würde also nur vorübergehend sinken, und die Fed wäre gezwungen, den Zinsanhebungszyklus wieder aufzunehmen.
Das hätte wahrscheinlich nicht nur gravierende gesamtwirtschaftliche Folgen, sondern würde für jedermann sichtbar das Scheitern der Geldpolitik bedeuten. Man darf annehmen, dass die Fed genau solche Szenarien aus den 1970er Jahren des vergangenen Jahrhunderts vor Augen hat und den daraus resultierenden Reputationsschaden unbedingt vermeiden will.
Im umgekehrten Fall ist die Sache keineswegs so eindeutig: Folgt die Fed dem pessimistischen Szenario und hält an den hohen Zinsen noch längere Zeit fest, riskiert sie zwar eine signifikante Rezession und einen deutlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit. Das wäre aber genau das, was sie zuvor im Rahmen ihrer Geldpolitik auch für möglich gehalten und sogar ausdrücklich in Kauf genommen hatte. Ob die Rezession mit früheren Zinssenkungen hätte vermieden werden können, ohne dass die Inflation dauerhaft zu hoch bleibt, dürfte sich in diesem Fall kaum eindeutig feststellen lassen.
Die Fed könnte also darauf verweisen, dass ihr Hauptziel mit dem Rückgang der Inflation auf 2 Prozent erreicht wäre und die Rezession eine Art Kollateralschaden darstellt. Dass die Fed im Präsidentschaftswahlkampf der USA dann als Schuldiger für diese Rezession herhalten müsste, kann Fed-Chef Jerome Powell angesichts seiner bis zum Jahr 2026 dauernden Amtszeit gelassen hinnehmen. Jedenfalls sollte das Verdienst, im Stile Paul Volckers die Inflation „besiegt“ zu haben, schwerer wiegen als ein möglicher Reputationsverlust im Wahlkampf.
Wenn die Fed also beide Szenarien rational gegeneinander abwägt, sollte sie zu dem Schluß kommen, dass es in jedem Fall besser ist, den derzeitigen Kurs weiter zu verfolgen. Die Zinsen vorzeitig zu senken, wäre nur dann eine Option, wenn man sicher wüsste, dass die Inflation in der zweiten Jahreshälfte weiter sinkt. Das Risiko einer Fehleinschätzung ist hier jedoch hoch. Die an den Märkten vorherrschende Erwartung von Zinssenkungen noch in diesem Jahr dürfte sich deshalb als zu optimistisch herausstellen.
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