Berenberg-Volkswirt Jörn Quitzau
Warum die moderne Geldtheorie nicht funktioniert
Jörn Quitzau ist Volkswirt und Leiter des Bereichs Wirtschaftstrends bei der Berenberg Bank. Foto: Berenberg
In Deutschland lag die Inflation im September bei 4,1 Prozent. Was, wenn sie auf diesem Niveau stagniert oder sogar weiter steigt? Berenberg-Volkswirt Jörn Quitzau beleuchtet die Lage aus Sicht der modernen Geldtheorie.
Doch was wäre, wenn sich die Inflation auf einem höheren Niveau einpendelt als es die meisten Beobachter und Prognostiker derzeit erwarten? Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat in seinem Global Economic Outlook gerade vor dem Risiko einer anhaltend hohen Inflation gewarnt. Zwar sieht der IWF in seinem Hauptszenario die Inflationsspitze in den letzten Monaten des laufenden Jahres, doch es gebe eine Reihe von Gründen, die für dauerhaft höhere Inflationsraten sprechen: der IWF nennt unter anderem anhaltende Lieferengpässe, Rohstoff- oder Immobilienpreisschocks und ein Entankern der Inflationserwartungen, was letztlich zu einer sich selbst erfüllenden Inflationsspirale...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Doch was wäre, wenn sich die Inflation auf einem höheren Niveau einpendelt als es die meisten Beobachter und Prognostiker derzeit erwarten? Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat in seinem Global Economic Outlook gerade vor dem Risiko einer anhaltend hohen Inflation gewarnt. Zwar sieht der IWF in seinem Hauptszenario die Inflationsspitze in den letzten Monaten des laufenden Jahres, doch es gebe eine Reihe von Gründen, die für dauerhaft höhere Inflationsraten sprechen: der IWF nennt unter anderem anhaltende Lieferengpässe, Rohstoff- oder Immobilienpreisschocks und ein Entankern der Inflationserwartungen, was letztlich zu einer sich selbst erfüllenden Inflationsspirale führen könnte.
Die Notenbanken würden in einem solchen Risikoszenario noch stärker zu dem Kunststück gezwungen, die Geldpolitik zu straffen, ohne dabei den Wiederaufschwung abzuwürgen. Schon jetzt sieht es bei mehreren Notenbanken danach aus, als würden sie die geldpolitische Wende früher einleiten als noch vor kurzem von den Beobachtern erwartet. Die Bank of England könnte schon im Dezember oder im Februar die Zinsen anheben.
Die amerikanische Federal Reserve Bank (Fed) könnte im November das Volumen der Wertpapierkäufe reduzieren („Tapering“) und im kommenden Jahr zweimal die Leitzinsen anheben. Selbst die EZB dürfte etwas früher aktiv werden, als sie es selbst bisher signalisiert. Wir erwarten die Leitzinswende in der Eurozone im Jahr 2023. Für die Geldpolitiker ist es nach den vielen Krisen der vergangenen Jahre, die sie immer wieder zu unkonventionellen Maßnahmen gezwungen haben, schwierig genug, den Weg aus dem Krisenmodus zu finden. Hartnäckig hohe Inflationsraten würden die Arbeit der Notenbanken zusätzlich erschweren.
Was hat die Modern Monetary Theory zu bieten?
Oder gibt es unkonventionelle Wege aus einem Inflationsszenario. Hält vielleicht die Modern Monetary Theory (MMT) das richtige Rezept bereit? Diese vom geldpolitischen Mainstream abweichende Denkrichtung hat in den vergangenen Jahren für einige Schlagzeilen gesorgt. Aufmerksamkeit hat sie zunächst vor allem deshalb auf sich gezogen, weil in den USA Politiker aus dem linken Flügel der Demokraten (Bernie Sanders, Alexandria Ocasio-Cortez) die Ideen der Modern Monetary Theory in den Präsidentschaftswahlkampf einbrachten. Darüber hinaus wurde diese Denkrichtung in den letzten Jahren wohl auch deshalb stärker beachtet, weil ihre Thesen zur Wirkungsweise der Geldpolitik von der Praxis anscheinend bestätigt wurden.
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