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Ende der Corona-Krise Warum jetzt ein Blick auf Medizintechnik lohnt

Roboter in einem Medizintechnik-Unternehmen
Roboter in einem Medizintechnik-Unternehmen: Der Sektor verspricht für Anleger spannend zu werden, glaubt Oddo-BHF-Experte Tilo Wannow. | Foto: imago images/Agencia EFE
Tilo Wannow, Foto: Oddo BHF

Das Jahr 2021 steht an den Aktienmärkten im Zeichen der Erholung von der Corona-Krise und stark steigenden Gewinnen, besonders in zyklischen Branchen. Anleger sollten daher auf Sicht der nächsten sechs bis 12 Monate weiterhin positive Renditen mit Aktien erzielen können. An den Kapitalmärkten sind gerade unterbewertete Sektoren gegenüber Wachstumswerten und zyklische Titel gegenüber defensiven Werten im Vorteil.

Bei der Aktienselektion lohnt  aber auch ein Blick auf Medizintechnikunternehmen. Denn einige Gründe sprechen dafür, dass auch die klassischerweise eher defensiven Unternehmen des Sektors stark an der Erholung partizipieren könnten: Ein Nachholeffekt bei medizinischen Diagnosen und Therapien könnte eine Art Sonderkonjunktur für Medizintechnikunternehmen auslösen. Marktschätzungen zufolge dürfte der Umsatz der Medizintechnikbranche in diesem und im kommenden Jahr um fünf Prozent jährlich wachsen.

Wodurch zeichnen sich Medizintechnikaktien grundsätzlich aus? Aktien, die von strukturellen Wachstumstrends profitieren, ohne dabei von den Schwankungen der Konjunktur abzuhängen, sind begehrt. Aktien von Medizintechnikunternehmen zählen aus unserer Sicht dazu. Der demographische Wandel mit einem steigenden Anteil alter Menschen an der Gesamtbevölkerung führt unweigerlich zu einer stetig wachsenden Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen rund um die Gesundheit.

Künstliche Knie- und Hüftgelenke, Hörgeräte, künstliche Herzklappen, Schrittmacher oder koronare Stents sind nur einige Beispiele. Die Nachfrage nach diesen Produkten ist in der Regel medizinisch begründet. Sie bleibt auch in ökonomischen Krisen stabil oder steigt sogar an. Strukturelles Wachstum entsteht neben demographischen Effekten, die durch die steigende Anzahl älterer Menschen zu mehr Erkrankungen führen, auch durch eine breitere Abdeckung der Eingriffe durch Versicherungen, bessere Diagnostik sowie eine bessere Entwicklung des Gesundheitssektors in den Schwellenländern.

Die Medizintechnik ist in den letzten Jahren innovativer geworden, insbesondere in Bereichen wie Automation, Diagnostik und minimal-invasive Techniken. Das amerikanische Unternehmen Stryker, das orthopädische und chirurgische Implantate und Instrumente herstellt, ist zum Beispiel sehr erfolgreich mit der Mako-Roboter-Technik. Das System ermöglicht präzisere und kürzere Operationen in der Orthopädie (hauptsächlich Knie- und Hüftgelenke), die kürzere Rekonvaleszenzzeiten der Patienten ermöglichen.

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Generell profitieren Medizintechnikunternehmen von einer hohen Loyalität ihrer Kunden, in der Regel sind das die Chirurgen. Die Markteintrittsbarrieren sind aufgrund von Wechselkosten, die etwa durch Schulung in der Bedienung entstehen, grundsätzlich hoch.

Sonderkonjunktur durch Nachholeffekte

Seit Ausbruch der Coronapandemie stand die intensivmedizinische Versorgung von Covid-19-Patienten im Mittelpunkt. Gleichzeitig wurden viele akut nicht notwendige Eingriffe, zum Beispiel in der Orthopädie, verschoben – zum Teil aus Kapazitätsgründen oder aufgrund von Sicherheitsbedenken der betroffenen Patienten. Außerdem gingen viele Menschen seltener zum Arzt, was zu einer geringeren Anzahl an Diagnosen diverser Erkrankungen geführt hat.

Insofern wird nach dem Abflauen der Pandemie ein gewisser, noch schwer zu quantifizierender Nachholeffekt eintreten. Er dürfte die Umsatz- und Gewinnentwicklung der Medizintechnikunternehmen positiv beeinflussen. Ein weiterer indirekter Langfrist-Effekt dürfte durch den verbreiteten Bewegungsmangel in Zeiten des Lockdowns entstehen. Es ist zu vermuten, dass daraus eine höhere Anzahl an Erkrankungen resultiert.

Mittelfristig erwarten wir als Konsequenz aus der Pandemie stärkere Investitionen im Gesundheitssektor, sowohl in der Diagnostik als auch in der Behandlung, um für zukünftige Krankheitswellen besser gerüstet zu sein. Dabei dürften nicht zuletzt die Kosten pro Diagnostik- oder Behandlungseinheit, also die Effizienz der Ausstattung eine wichtige Rolle spielen.

Diese Gründe sprechen für eine Art Sonderkonjunktur für Medizintechnikunternehmen, die auch die Aktienkurse unterstützen sollte. Interessant im aktuellen Umfeld sind Aktien von Unternehmen, die Diagnostik und klassische Medizintechnik vereinen. So profitiert das amerikanische Unternehmen Becton Dickinson zum einen von der Nachfrage nach Covid-Tests und Impfstoffprodukten wie Einmalspritzen, zum anderen aber auch von der Öffnung der Krankenhäuser für den Normalbetrieb und generelle Eingriffe.

Fazit: Die Alterung der Gesellschaft eröffnet in den nächsten Jahrzehnten strukturelle Wachstumschancen für unterschiedliche Sektoren der Wirtschaft. Hierzu zählt auch die Medizintechnik. Für langfristig orientierte Investoren ist es sinnvoll, solche Megatrends in ihren Portfolios abzubilden, da die von ihnen betroffenen Aktien kurzfristige Rücksetzer oft schnell wieder wettmachen können.


Über den Autor: 
Tilo Wannow ist Mitglied im Portfoliomanagement-Team der Polaris-Fondsfamilie von Oddo BHF Trust.

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