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Geld anlegen: Warum Schwellenländer ins Depot gehören

Anlagestrategien auf der Basis von Rückrechnungen zu entwickeln, klingt plausibel, ist aber höchst problematisch. Und doch gibt es an jeder Ecke des Finanzmarktes Leute, die mit großer Selbstverständlichkeit zu beweisen versuchen, dass diese oder jene Strategie über ein Jahrzehnt oder länger märchenhafte Renditen gebracht hat und dass man unbedingt so investieren muss. Man fragt sich dann unweigerlich: Wenn das so klar ist, warum ist der oder diejenige nicht schon vor zehn Jahren auf diese Idee gekommen und hat mit einer entsprechenden Anlage sein Vermögen gemacht?
Die Antwort ist recht simpel: Vor zehn Jahren wurden mit den gleichen Methoden der Rückrechnung ganz andere Strategien retrospektiv als überlegen eingestuft als heute. Aber diese entpuppten sich in der Folge dann nicht mehr als die Besten. Menschen neigen dazu, die Welt aus der Vergangenheitsperspektive wahrzunehmen – und jede heute entwickelte Strategie läuft unweigerlich Gefahr, für die Vergangenheit optimiert zu sein.
Schwellenländer im Wandel: Von strukturellen Vorteilen zu ungünstigen globalen Entwicklungen
Anleger, die nach der starken Performance der Schwellenländeraktien in den 2000er Jahren auf die vermeintlichen Hoffnungsträger setzten, können davon ein Lied singen. Sie wurden im darauffolgenden Jahrzehnt mit einer langen Phase der Underperformance gegenüber den entwickelten Märkten konfrontiert. Die Turbo-Performance der Nullerjahre wurde vor allem durch die Globalisierung und den Höhepunkt des von China getriebenen Rohstoff-Superzyklus gestützt. Im Gegensatz dazu litten die Aktienmärkte in den Industrieländern unter den Nachwirkungen der Dotcom-Blase und der Finanzkrise, so die Experten von Scope.
Die Performance der Aktienmärkte in den Schwellenländern in den vergangenen zehn Jahren war das genaue Gegenteil der vorangegangenen Dekade. Auf ihrem Weg zu fortgeschrittenen Volkswirtschaften wurden die Schwellenländer immer wieder von makroökonomischen Rückschlägen zurückgeworfen. Strukturelle Vorteile schwanden und ungünstige globale Entwicklungen bremsten das Wachstum. Das Umsatzwachstum und die Margen der Unternehmen in den Schwellenländern wurden durch einen starken US-Dollar, niedrige Zinsen, fallende Rohstoffpreise und ein schwaches BIP-Wachstum beeinträchtigt.
Gewichtungsverschiebung in Schwellenländerindizes
Die enttäuschende Wertentwicklung von Schwellenländeraktien führen die Experten zum einen auf die im Zeitablauf deutlich veränderten Gewichtungen in den Schwellenländerindizes zurück. So hat sich der Anteil Chinas im MSCI Emerging Markets von 18,3 Prozent im Jahr 2012 auf 41 Prozent im Jahr 2020 mehr als verdoppelt. Chinesische Unternehmen wurden damals mit hohen Bewertungen in den globalen Schwellenländerindex aufgenommen und verloren im Zeitverlauf deutlich an Wert. Die Übergewichtung Chinas im Index und die hohe Konzentration im Technologiesektor, der in den vergangenen zwei Jahren massiv reguliert wurde, belasteten den Markt. Zu allem Überfluss haben MSCI und andere Indexanbieter Russland aus ihren Indizes geworfen. Russische Aktien sind derzeit wertlos.
Eine weitere grundlegende Veränderung in der Investitionslandschaft der Schwellenländer ist die Verlagerung von rohstoffintensiven Sektoren wie Energie und Grundstoffe hin zu technologieorientierten Bereichen. Im Jahr 2012 waren die drei größten Sektoren im MSCI Emerging Markets Index Finanzen, Energie und Grundstoffe. Sie machten mehr als 50 Prozent des Index aus. In den Folgejahren entwickelten sich diese Sektoren schwächer, bis die Rückkehr der Inflation und steigende Energiepreise nach der Energiekrise zu einer Renaissance der Energie- und Rohstoffaktien führten.
Veränderung der Top-10 Aktien im Zeitverlauf:

Unsicherheit, aber Potenzial: Kurs-Gewinn-Verhältnis im MSCI Emerging Markets Index nahe 15-Jahres-Tief.
Die meisten Investoren scheinen derzeit eher zurückhaltend gegenüber Unternehmen außerhalb der Industrieländer zu sein. Aus Sicht der Fondsanalysten ist die Anlageregion der Schwellenländer dennoch attraktiv. Denn viele Faktoren, die in den vergangenen Jahren bremsend gewirkt haben, verlieren an Bedeutung oder sind längst ausreichend eingepreist. So wird erwartet, dass das Gesamtwachstum der Emerging Markets in den kommenden Jahren über dem der entwickelten Märkte liegen wird, wobei Asien die Lokomotive bleiben dürfte. Als Vorteile sieht Scope vor allem das Entstehen einer einkommensstarken Mittelschicht, insbesondere in Asien, sowie strukturelle Kostenvorteile bei der Produktion von Gütern aufgrund niedrigerer Arbeitskosten.
Da die Schwellenländer auch in Zukunft der Motor des globalen Wachstums sein werden, ist es für Investoren entscheidend, frühzeitig die richtigen Megatrends aufzuspüren. Neben steigendem Konsum zählt Scope dazu die Sektoren Infrastruktur, Technologie, Gesundheit und erneuerbare Energien.
Aus Investorensicht positiv zu bewerten: Nach der langen Schwächephase erscheinen die Bewertungen sehr moderat. Für langfristig orientierte Anleger könnten die Schwellenländer damit wieder attraktiv werden – auch wenn die niedrigen Bewertungen die gestiegene Unsicherheit über das Wachstumsszenario der kommenden Jahre widerspiegeln. Analystin Sun weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) der Aktien im breiten MSCI Emerging Markets Index mit rund 13 nahe am 15-Jahres-Tief liegt.
Aktives Management in Schwellenländern überzeugt: Lokale Expertise als Erfolgsfaktor
Scope hebt in der Analyse hervor, dass Fondsmanager, die in Schwellenländer investieren, besser im Vergleich zur Benchmark abschneiden als Fondsmanager, die sich auf entwickelte Märkte konzentrieren. Aktives Portfoliomanagement von Schwellenländerinvestments erfordert aufgrund der Komplexität des Marktes lokale Expertise. Die eingeschränkte Verfügbarkeit öffentlicher Informationen und unterschiedlich strenge Standards stellen eine Herausforderung dar. Hinzu kommt, dass externes Research nur in begrenztem Umfang zur Verfügung steht. Vor allem die Kapitalmärkte in Asien böten großes Potenzial für die Generierung von Alpha. In den Emerging Markets schafften es immerhin rund 15 Prozent der gemanagten Produkte, ihren Vergleichsindex langfristig zu übertreffen. In China und Indien übertraf sogar knapp die Hälfte der aktiven Manager die Benchmark.
BSF Emerging Markets Equity Strategies: Erfolgreicher Fonds mit antizyklischem Value-Ansatz
Einer der erfolgreichsten Fonds der jüngsten Vergangenheit ist der BSF Emerging Markets Equity Strategies. Über drei Jahre hat der von Samuel Vecht gemanagte Fonds den breit gestreuten globalen Schwellenländer-ETF iShares Core MSCI EM IMI ETF um rund 40 Prozentpunkte geschlagen. Vecht verfolgt einen antizyklischen Value-Anlagestil und investiert als Contrarian-Investor häufig gegen den aktuellen Konsens. Derzeit machen chinesische Aktien wie Alibaba und China Construction Bank rund ein Viertel des Portfolios aus. Größter Einzelwert ist der Elektronikriese Samsung Electronics. Darüber hinaus investiert Vecht auch gerne abseits der ausgetretenen Pfade in Ländern wie Vietnam, den Philippinen, Polen oder Griechenland.
Den ersten Platz über fünf Jahre belegt der Pacific North of South EM All Cap Equity der britischen Fondsboutique Pacific Asset Management. Mit einer Rendite von 7,58 Prozent pro Jahr schlägt der Fonds den Index um 5 Prozent pro Jahr. Um fehl bewertete Aktien zu identifizieren, verfolgt das Team einen aktiven, wertorientierten Ansatz, der Top-Down-Makro-Research mit Bottom-Up-Unternehmensanalysen kombiniert. Die Strategie wird durch ein starkes Risikomanagement unterstützt, das in den gesamten Investmentprozess integriert ist. Mit Samsung Electronics, LG Chem, Hyundai Motor und ASE-Technology sind gleich vier Unternehmen aus Südkorea in den Top-10 vertreten. Größter Wert ist der Chiphersteller Taiwan Semiconductor.
Top-10 Fonds für Schwellenländeraktien mit der besten Performance über 5 Jahre:

Über einen Zeitraum von 20 Jahren weist der Robeco Emerging Markets Equity mit einer annualisierten Rendite von 8,8 Prozent (399 Prozent insgesamt) eine Spitzenperformance auf.
Die Aktienauswahl des 1994 aufgelegten Fonds basiert auf der Analyse von Fundamentaldaten. Fondsmanager Wim-Hein Pals und sein Team wählen die Aktien für den Fonds auf Basis einer Top-down-Länderanalyse und Bottom-up-Aktienideen aus. Der Fokus liegt auf Unternehmen mit hohem Ertragspotenzial, einem gesunden Geschäftsmodell, soliden Wachstumsaussichten und einer angemessenen Bewertung.
Derzeit bevorzugen die Niederländer Schwellenländer in Asien, insbesondere Südkorea, Indonesien und Vietnam, gegenüber Schwellenländern in Europa, dem Nahen Osten und Afrika. In Ländern wie China und Indien wird eher in Binnensektoren als in Exportbranchen investiert. Lateinamerika ist mit Ausnahme von Brasilien und Mexiko untergewichtet. Die Top-10-Werte sind eine Kombination aus IT, Nicht-Basiskonsumgütern und Finanzunternehmen mit einem gewissen Engagement in Kommunikationsdienstleistungen. Der mit Abstand größte Wert im Fonds ist der Halbleiterkonzern Taiwan Semiconductor (9,5 Prozent) vor Samsung Electronics (5,8 Prozent).
Die ältesten Schwellenländer-Aktienfonds mit Top-Rating (sortiert nach 10-Jahres-Performance):

Langfristig ähnlich stark sind der JPM Emerging Markets Equity mit einem Plus von 420 Prozent über 20 Jahre und der Goldman Sachs Emerging Markets Equity Portfolio, der in diesem Zeitraum 346 Prozent zulegte.
In diesem Ranking haben wir die besten Schwellenländerfonds über unterschiedliche Zeiträume zusammengestellt.