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Aktualisiert am 09.09.2022 - 13:05 Uhrin MärkteLesedauer: 8 Minuten

US-Notenbank-Sitzung am 4. Mai Was Anlageprofis zum Zinsentscheid sagen

Fed-Chef Jerome Powell.
Fed-Chef Jerome Powell. | Foto: Imago Images / Zuma Wire
John Vail, Nikko AM
Quelle: Nikko AM

John Vail, Anlagestratege bei Nikko Asset Management

„Angesichts des sprunghaften Anstiegs des von der Fed bevorzugt herangezogenen Beschäftigungskostenindex am Freitag wird die Fed in dieser Woche wahrscheinlich eine Zinserhöhung um 50 Basispunkte vornehmen. Zudem dürfte sie andeuten, dass ein solcher Schritt in den nächsten Sitzungen sehr wahrscheinlich ist, es sei denn, es gibt wichtige Gründe, die eine rasche Verlangsamung des Anstiegs der Arbeits- und Verbraucherpreise erwarten lassen. Der strukturelle Anstieg der Wohnungsmieten ist die größte Hürde, die es zu überwinden gilt, sowohl für die Fed als auch für die Verbraucher. Aber auch die Lebensmittel- und die Versorgerpreise sind überwältigend. Das spricht dafür, dass die Fed der Gesamtinflation mehr Aufmerksamkeit schenken sollte als der Kerninflation. Es ist einfach, über die Fed im Nachhinein zu urteilen. Wahrscheinlich hat sie die Aufwärtsrisiken für die Inflation in den letzten Sitzungen nicht ausreichend gewichtet. Aber es konnte auch niemand wissen, wie der Corona-Winter verlaufen oder sich der Krieg in der Ukraine ausweiten würde. Heute weiß jeder, dass der Leitzins der Fed in konstantem, aber schnellem Tempo steigen muss, bis er den Arbeits- und Preisdruck eindämmt.“

Jens Franck, Leiter Portfoliomanagement bei Nordix

„Eine Anhebung des US-Leitzinses durch die amerikanische Notenbank Fed um 0,50 Prozentpunkte und der Abbau der Bilanz scheinen für die Mehrheit der Analysten beschlossene Sache zu sein. Der Markt hat diese Erwartungen bereits eingepreist. Für mehr Spannung dürften die Aussagen des Fed-Vorsitzenden Jerome Powell sorgen. Denn noch ist nicht klar, ob die Fed ihre für dieses Jahr geplanten Zinserhöhungen in 50- oder 75 Basispunkt-Schritten vornehmen wird. Die Geldmarktsätze preisen schon jetzt bis zum Jahresende Zinserhöhungen von rund 2,5 Prozentpunkten ein. Eine eher „hawkishe“ Guidance mit deutlichen Zinsschritten von 0,75 Prozentpunkten oder mehr würde die Volatilität an den Kapitalmärkten im Nachgang zu dieser Fed-Sitzung ansteigen lassen.“

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Franck Diximier, AGI
Quelle: AGI

Franck Dixmier, internationaler Anleihechef bei Allianz Global Investors

„Obwohl die Inflation im vergangenen Jahr immer wieder höher als erwartet ausgefallen ist, hat die US-Notenbank bisher keine Eile an den Tag gelegt. Die Ankäufe von Vermögenswerten wurden nicht vor März eingestellt, und erst während ihrer letzten Sitzung leitete die Fed mit einer Anhebung der Fed Funds Rate um bescheidene 25 Basispunkte die Zinswende ein. Derweil markieren die jüngsten Inflationszahlen für März einen neuen Höchststand: Die Verbraucherpreise lagen im März um 8,5 Prozent über dem Vorjahresniveau, verglichen mit plus 2,6 Prozent im März 2021. Diese Daten verstärkten den Eindruck, dass die Fed mit der Normalisierung ihrer Geldpolitik in Verzug geraten ist. Es ist daher an der Zeit, dass die Fed schnell und entschieden handelt, um die verlorene Zeit aufzuholen. Nach dem Eingeständnis von Fed-Chef Jerome Powell, die Notenbank hätte früher handeln müssen, kehren die Mitglieder des Offenmarktausschusses zum Primat der Preisniveaustabilität zurück. Ihre jüngsten, entschieden „hawkishen“ Äußerungen lassen keinen Zweifel daran, dass für die anstehende Sitzung eine Zinserhöhung um 50 Basispunkte zu erwarten ist. Darüber hinaus dürfte die Fed eine Verringerung ihrer Bilanz ab Juni ankündigen.

Christian Scherrmann, US-Volkswirt der DWS

„Die US-Notenbanker haben ihre Absicht im Vorfeld der kommenden Sitzung sehr gut kommuniziert: die Normalisierung der Geldpolitik soll nun zügig eingeleitet werden. Die Märkte erwarten nun eine Anhebung des Leitzinses um 50 Basispunkte – solch einen großen Schritt gab es übrigens zuletzt vor 22 Jahren – und die Ankündigung einer quantitativen Straffung, die aggressiver ist als jene ausfallen wird, die 2017 gestartet wurde. Spannend bleibt jedoch, wie die US-Notenbanker die aktuelle wirtschaftliche Situation beschreiben werden. Der Arbeitsmarkt ist nach wie vor angespannt und der globale Inflationsdruck hält an. Der Weg, den der Federal-Reserve-Vorsitzende Jerome Powell vor diesem Hintergrund beschreiten muss, wird nicht einfach sein. Seine Äußerungen zur erwarteten Inflationsentwicklung werden wichtige Hinweise auf die Reaktionsfunktion der US-Notenbank liefern. Für die Reaktionsfunktion noch wichtiger sind die Einschätzung des Fomc zu den Inflationserwartungen nicht nur am Markt, sondern auch unter Firmen und Haushalten, so schwer diese auch zu fassen sein mögen. Powell hat hierbei die schwierige Aufgabe, das Bild einer immer noch widerstandsfähigen Wirtschaft zu zeichnen, die eine abrupte Straffung der Geldpolitik verkraften kann, ohne ins Stocken zu geraten. Der jüngst veröffentlichte Rückgang des Bruttoinlandsprodukts im ersten Quartal wird dies noch komplizierter machen. Die Einzelheiten dieses Berichts deuten jedoch darauf hin, dass die Nachfrage in der US-Wirtschaft trotz der hohen Inflation robust bleibt. Wir gehen davon aus, dass Powell genau das hervorheben wird. Sein Ziel wird sein, die US-Amerikaner weiter darauf vorzubereiten, dass die Federal Reserve auf die Bremse treten wird – aber ohne dabei gleich den Motor abzuwürgen. Ob das gelingt, wird aber leider nicht nur von guter Kommunikation abhängen.

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