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Zins-Comeback Was Anleihen Anlegern zu bieten haben

Christine Lagarde, EZB
EZB-Präsidentin Christine Lagarde: Die Euro-Währungshüter erhöhen die Zinsen erneut. | Foto: Imago Images / Political-Moments

Die amerikanische Notenbank Federal Reserve (Fed) hat die Leitzinsen entsprechend der Markterwartungen beibehalten. Auf den ersten Blick könnte man meinen, der geldpolitische Straffungszyklus der Fed befände sich bereits sehr nahe am Höhepunkt, denn höhere Marktrenditen nehmen der Notenbank gewissermaßen die Arbeit vorweg

 

 

 

Auf der anderen Seite sei der Offenmarktausschuss (FOMC) „nicht zuversichtlich“, dass das derzeitige Zinsniveau die Inflation wieder auf 2 Prozent drücken werde, betonte der Fed-Vorsitzende Jerome Powell nach der jüngsten Notenbankentscheidung am 1. November. 

Markt wie in den 80er- und 90er-Jahren

Dies stärkt unsere These, dass eine Generation von Arbeitnehmern sich an ein globales Zinsumfeld gewöhnen müssen wird, das bis zu fünfmal höher ist als das, was sie bisher gewohnt waren. So waren die Jahre zwischen 2008 und 2019 im historischen Vergleich äußerst ungewöhnlich. Laut der Bank of England gab es in den 300 Jahren ihrer Aufzeichnungen noch nie einen Zeitraum, in dem die Zinssätze so lange so niedrig waren. Langfristig werden sich die Zinsen wahrscheinlich zwischen 4,5 Prozent und 5,5 Prozent einpendeln – eine Spanne, die es seit 2008 nicht mehr gegeben hat und die sicherlich eher an die 1980er und 1990er Jahre erinnert. 

Viele Think Tanks sind der Meinung, dass die Zinsen wieder sinken werden, sobald sich die Auswirkungen von Covid-19 auf das globale Finanzsystem bemerkbar machen. Die Situation ist jedoch nicht nur eine Folge der jahrelangen quantitativen Lockerungsprogramme nach der Finanzkrise und auch nicht allein auf die Auswirkungen der globalen Pandemie zurückzuführen. 

Langanhaltend höhere Zinssätze wahrscheinlich

Obwohl jeder Versuch, eine Punktschätzung für die Zinssätze im kommenden Jahrzehnt abzugeben, mit Unsicherheit behaftet ist, sehen wir eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Weltwirtschaft in ein Umfeld höherer Zinssätze übergeht.

Ursache hierfür sind eine Vielzahl von Faktoren, zu denen nicht zuletzt die anhaltenden Auswirkungen der Inflation, das höhere Produktivitätswachstum und die Kosten des klimaneutralen Umbaus der Wirtschaft gehören. Zu diesen Faktoren kommen die schwierige demografische Situation und die hohe Staatsverschuldung in der westlichen Welt hinzu. In Summe werden diese Aspekte wahrscheinlich dazu führen, dass die Zinsen für einen längeren Zeitraum erhöht sein werden. Dies wird sich entsprechend auf die Investitionschancen und -risiken auswirken.

Inflationsziele auf dem Prüfstand 

Inflationsschocks könnten in Zukunft häufiger auftreten als in den vergangenen zwei Jahrzehnten. Infolgedessen könnte auch der zur Gewährleistung der Preisstabilität erforderliche Nominalzins höher ausfallen. Generell müssen die Inflationsziele möglicherweise überprüft und in Zukunft sogar angehoben werden.

Denn die Zentralbanken könnten bereit sein, Abweichungen vom Inflationsziel länger zu tolerieren, insbesondere wenn die wirtschaftlichen Kosten für dessen Erreichung steigen.

Daher könnte das Inflationsziel ausgedient haben und politische Einmischung in die Zentralbanken zunehmen. Derzeit besteht eine legitime Debatte über dessen richtige Höhe. Schließlich argumentierten viele Ökonomen während eines Großteils der Zeit nach der Finanzkrise, dass das Zwei-Prozent-Ziel zu niedrig sei, weil negative Nachfrageschocks uns zu leicht und häufig in Richtung der Nullgrenze treiben könnten.

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Ein schneller und starker Anstieg der Inflationsraten könnte in Zukunft auch häufiger auftreten, wenn die Deglobalisierung und die Unterbrechung der globalen Lieferketten negative Angebotsschocks häufiger werden lassen. Anders ausgedrückt: Die Globalisierung hat in der Vergangenheit lange Zeit den zugrunde liegenden Inflationsdruck verringert. Damit war es für die Zentralbanken einfacher, ihre Inflationsziele bei relativ niedrigen Zinssätzen zu erreichen. Im Umkehrschluss ist folglich anzunehmen, dass die Deglobalisierung die gegenteilige Wirkung haben wird.

Marktumfeld attraktiv für Anleihen 

Ein umgekehrtes Verhältnis zwischen Anleihen und Zinsen bedeutet, dass festverzinsliche Wertpapiere traditionell als Opfer eines höheren Zinsniveaus angesehen werden. Doch nach Jahren träger Renditen könnte eben dieser Zusammenhang heute zu attraktiveren Ertragsaussichten für Anleihen führen. 

Durch den Anstieg der Anleiherenditen auf ein Niveau, das seit einiger Zeit nicht mehr erreicht wurde, wird der Ertragspuffer wahrscheinlich den Rückgang der Anleihekurse ausgleichen, der bei hohen Zinsen typischerweise auftritt. So hat der starke Anstieg der Renditen, der bereits in der ersten Hälfte des Jahres 2023 zu beobachten war, zu einer attraktiven Rendite geführt.

 

 

 

Der Bloomberg US Agg Index konnte beispielsweise Ende August 2023 eine Rendite von knapp unter fünf Prozent, bei einer Laufzeit von etwas mehr als sechs Jahren, erzielen. Laut Berichten von Bloomberg erreichen 30-jährige US-Staatsanleihen am 3. Oktober 2023 die höchste Rendite seit 2007.

Wenn sich die Zinsen über ihr neutrales Niveau hinausbewegt haben und die Renditen in den kommenden Jahren auf diesem Stand bleiben, ist es daher möglich, ein gesundes Einkommensniveau zu erzielen, das am unteren Ende der normalerweise für langfristige Aktienrenditen verwendeten Bandbreiten liegt.

Sollten die Märkte beginnen, einen noch höheren neutralen Zinssatz einzupreisen und die Renditen ansteigen, dann reichen die erzielten Erträge aus, um einen Anstieg um 80 Basispunkte aufzufangen, bevor Verluste entstehen. Selbst ein Anstieg der Renditen um 100 Basispunkte würde immer noch nur einen geringen Verlust verursachen. 

Die prognostizierten höheren Zinssätze haben also eine wichtige Folge: Sie läuten eine erneute Phase ein, in der festverzinsliche Wertpapiere eine attraktive Quelle für langfristige Renditen sind.

 

Über die Autoren:

Shamik Dhar ist Chefvolkswirt bei BNY Mellon Investment Management. Adam Whiteley leitet bei dem Fondsanbieter als Portfoliomanager den BNY Mellon Global Credit.

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