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Urteil mit Rentenwucht Was Sie über doppelte Rentenbesteuerung wissen müssen

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Fair ist das nicht, meint Klaus Schindler. Der Saarbrücker Finanzmathematiker rechnete nach und stieß auf eine Ungerechtigkeit. Beim Beispiel Roland W. liegt der Besteuerungsanteil der gesamten Rentenbeiträge bei etwa 40 Prozent. In der Auszahlungsphase müssten somit ebenfalls 40 Prozent des Renteneinkommens steuerfrei sein, folgert Schindler. Nach seinen Berechnungen sind aber nur 20 Prozent steuerfrei. Somit fordert der Staat Steuern auf Renten, für die zuvor Beiträge aus bereits versteuertem Einkommen eingezahlt wurden – für den Finanzmathematiker ein klarer Fall von Doppelbesteuerung.

Zusammen mit dem Mannheimer Steuerberater Heinrich Braun entwickelte Schindler eine Formel, die die Doppelbesteuerung in Abhängigkeit von Rentenbeginn und Beitragszeit aufzeigen soll. Demnach gilt: Je länger jemand gearbeitet und seine Beiträge gezahlt hat, desto größer fällt auch der Anteil seines zweimal besteuerten Einkommens aus.

Doppelbesteuerung von bis zu 22 Prozent

Den höchsten Anteil des doppelt besteuerten Einkommens weisen demnach Rentner auf, die 45 Jahre lang ihre Beiträge gezahlt haben und zwischen 2020 und 2040 in Rente gehen: Hier liegt die Doppelbesteuerung laut Formel bei bis zu 22 Prozent. Bei 40 Beitragsjahren erreicht die Doppelbesteuerung in der Spitze 17 bis 18 Prozent, bei 35 Beitragsjahren immerhin noch rund 15 Prozent. Komplett endet die doppelte Rentenbesteuerung laut der Braun/Schindler-Formel erst im Jahr 2070.

Die Bundesregierung rechnet anders. Sie hat sich damals für das sogenannte rentendauerorientierte Verfahren entschieden. Dabei geht es nicht darum, dass der versteuerte und der steuerfreie Anteil bei den Beitragszahlungen und später bei der Rente übereinstimmen. Man betrachtet vielmehr die Gesamtsummen der Beiträge und der Rentenleistungen und stellt sicher, dass die Summe der Beiträge, die ein Rentner während seines Erwerbslebens insgesamt aus seinem versteuerten Einkommen eingezahlt hat, nicht höher ist als die Summe der steuerfreien Bezüge, die er im Alter erhält.

Bei dieser Berechnungsmethode gibt es jedoch mehrere Streitpunkte. Zum einen werden dabei die sogenannten Sterbetafeln genutzt, die die statistische Lebenserwartung ab Renteneintritt abbilden. Da die durchschnittliche Lebenserwartung von Männern niedriger ist als die von Frauen, während die Steuerfreibeiträge beider Geschlechter gleich seien, werden hier Männer eindeutig benachteiligt, moniert der Bund der Steuerzahler (BdSt). Außerdem fließen neben dem Rentenfreibetrag auch noch weitere Steuervergünstigungen – etwa der Grundfreibetrag sowie die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung – in die Berechnung mit ein. Kritiker dieser Berechnungsmethode fordern, den Grundfreibetrag und die Krankenkassenbeiträge außen vor zu lassen. Diese stünden schließlich allen Steuerpflichtigen zu und könnten nicht explizit den Rentenbezügen zugeordnet werden, so ihre Argumentation.