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Besteuerung im Krypto-Handel
Was das Bitcoin-Urteil des BFH für Kryptowerte bedeutet
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Besteuerung im Krypto-Handel Was das Bitcoin-Urteil des BFH für Kryptowerte bedeutet

Menschen am Laptop
Menschen am Laptop: Ein Urteil des BFH zu Steuern auf Kryptowährungen könnte auch für andere Kryptowerte bedeutsam sein. | Foto: Pexels/Tima Miroshnichenko

Das Finanzgericht Köln hatte in der Vorinstanz – wie auch das Finanzgericht Baden-Württemberg in einem anderen Fall – festgestellt, dass Kryptowährungen Wirtschaftsgüter sind. Werden sie im Privatvermögen gehalten und innerhalb der einjährigen Spekulationsfrist veräußert, so sind die Gewinne einkommensteuerpflichtig. Den weiteren Angriffspunkt der Klägerin – es liege ein strukturelles Vollzugdefizit vor, das zu einer Versagung der Besteuerung führen würde – hatte das Gericht abgelehnt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun zu beiden Fragen entschieden

Das BFH-Urteil 

Der BFH hat entschieden, dass virtuelle Währungen in der Gestalt von Currency Token Gegenstand eines privaten Veräußerungsgeschäfts im Sinne des Paragraf 23 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (Einkommensteuergesetz) sein können, wenn der An- und Verkauf innerhalb der einjährigen Spekulationsfrist erfolgt. Die Currency Token werden angeschafft, wenn sie im Tausch gegen Euro, gegen eine Fremdwährung oder gegen andere virtuelle Währungen erworben werden. Sie werden veräußert, wenn sie in Euro oder gegen eine Fremdwährung zurückgetauscht oder in andere Currency Token umgetauscht werden.

Bei der Erfassung und Besteuerung von Veräußerungsgeschäften mit Currency Token lag im Jahr 2017 kein normatives Vollzugsdefizit vor, das einer Besteuerung des An- und Verkaufs der Kryptowährungen entge-gengestanden hätte.

Steffen Rapp (li) und Anh-Vu Tran © Annerton

Begründung des BFH: die Kernpunkte

Der BFH legt dar, dass der Begriff des „anderen Wirtschaftsguts“ durch die umfangreiche Rechtsprechung des BFH seit jeher sehr weit ausgelegt wird. Unbeschadet der komplexen technischen Zusammenhänge des jeweiligen DLT-Systems (DLT = Distributed Ledger Technology) sei ein Currency Token ein wirtschaftlich aus-nutzbarer Vermögensvorteil. Der BFH hält die Curreny Token Bitcoin (BTC), Ether (ETH) und Monero (XMR) für Zwecke der Beurteilung von „anderen Wirtschaftsgütern“ im Sinne des Paragraf 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG strukturell vergleichbar mit Fremdwährungen.

Des Weiteren führt der BFH aus, dass die Currency Token nach Paragraf 39 Abs. 1 AO (Abgabenordnung) dem Kläger zuzuordnen waren. Denn dieser hatte mittels des Private Key die Berechtigung, über die erworbenen Token zu verfügen. Anschaffungs- und Veräußerungsvorgänge setzen voraus, dass ein Übergang der (Verfügungs-)Berechtigung am Wirtschaftsgut vom Inhaber des Private Key erfolgt. Für einen solchen Über-gang reicht die (faktische) Berechtigung am Wirtschaftsgut aus – unabhängig von der streitigen Frage, ob bei der Übertragung von Currency Token eine Übertragung der Zivilrechtsposition nach geltendem Recht erfolgt.

 

Abschließend führt der BFH aus, warum kein normatives Vollzugsdefizit im Jahr 2017 vorliegt, das zu einer Versagung der Besteuerung führt: Es fehle an widersprüchlich auf Ineffektivität angelegte gesetzliche Regelungen. Die dem Gesetzgeber zustehende Reaktionszeit bei der Prüfung und Einführung neuer, das heißt zusätzlicher Kontrollmaßnahmen ist nach Ansicht des BFH weder im Streitjahr 2017 noch zum gegenwärtigen Zeitpunkt überschritten.

Anmerkungen

Das Ergebnis des BFH war zu befürchten – beziehungsweise musste man damit rechnen. Das Urteil schlägt dieselbe Linie ein wie der im Jahr 2022 veröffentlichte Erlass der obersten Finanzbehörden der Länder zur ertragsteuerlichen Behandlung von Kryptowährungen (BMF-Schreiben).

Inhaltlich bemerkenswert für die weiteren Überlegungen zur Besteuerung von Kryptowährungen ist, dass der BFH vergleichsweise eindeutig ausgeführt hat, dass zumindest für den zu Grunde liegenden Fall die komplexen Zusammenhänge der DLT für die Anwendung der Vorschrift keine Rolle spielt. Ebenso kommt es mit Blick auf den erforderlichen Übergang der (Verfügungs-) Berechtigung nicht darauf an, ob nach den be-stehenden zivilrechtlichen Regelungen überhaupt ein Vertrag zustande kam.

Zwar bezieht sich das Urteil nur auf die Kryptowährungen Bitcoin, Ether und Monero. Allerdings haben die abstrakten Ausführungen des BFH auch für die Besteuerung anderer, im Privatvermögen gehaltener Kryptowährungen Bedeutung.

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Ferner ist dem Urteil zu entnehmen, dass nach der Ansicht des zuständigen Senats des BFH der Begriff des „(anderen) Wirtschaftsguts“ – wie auch bei den übrigen Einkunftsarten – dem handelsrechtlichen Begriff des Vermögensgegenstandes entspricht. Der Verweis auf die übrigen Einkunftsarten spricht deutlich dafür, dass der BFH von einem bilanzierungspflichtigen Wirtschaftsgut bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb ausgeht. Selbst wenn dieser Verweis eine für andere Fälle nicht bindende Ausführung des BFH ist (sogenanntes obiter dictum), bestätigt er doch mittelbare die in dem BMF-Schreiben vertretenen Ansicht, dass Kryptowährungen bilanzierungspflichtige Wirtschaftsgüter sind. Zur Art der Wirtschaftsgüter – materiell oder immateriell, abnutzbar oder nicht abnutzbar – äußert sich der BFH nicht.

Krypto-Besteuerung – und jetzt?

Das BMF-Schreiben erwähnt, dass nicht nur die einzelnen Einheiten virtueller Währungen, sondern auch die sonstigen Token Wirtschaftsgüter sind. Daher ist damit zu rechnen, dass das Urteil im Bundessteuerblatt veröffentlicht wird. Damit ist es für alle Finanzämter in allen noch offenen Fälle verbindlich anzuwenden.

Das Urteil des BFH bezieht sich nur auf virtuelle Währungen in Gestalt von Currency Token. Daher ist bei anderen Token die Ansicht des BMF noch nicht durch die Rechtsprechung des BFH bestätigt und insoweit der gesamte steuerliche Rechtsweg offen.

Ob die Kläger beim Bundesverfassungsgericht Verfassungsbeschwerde einlegen werden, ist uns derzeit nicht bekannt.

Und was ist mit NFTs?

Auf Non-Fungible Token (NFTs) geht das BFH-Urteil nicht ein. Wendet man konsequent einen weiten Begriff des Wirtschaftsguts an, so dürften diese häufig ebenfalls als Wirtschaftsgüter anzusehen sehen. Anders als für aufsichtsrechtliche Zwecke wird man dabei im Zweifel nicht genau schauen müssen, was im NFT „drin-steckt“. Maßgeblich wird für steuerliche Zwecke vielmehr sein, ob dem NFT ein Wert beigemessen werden kann und er verkehrsfähig ist – was in der Regel der Fall sein dürfte.

Besteuerung von Kryptowerten – ein Ausblick

Es bleibt abzuwarten, ob perspektivisch für Einkünfte aus Kryptowerten eine Art Kapitalertragsteuer eingeführt wird. Das Crypto-Asset Reporting Framework könnte die hierfür erforderliche Informationsgrundlage zumindest teilweise schaffen. Auch mit Blick auf die Regulierung von Krypto-Dienstleistern durch die Markets in Crypto-Assets Regulation (Micar) scheinen mittelfristig Einfluss- beziehungsweise Abfragemöglichkeiten für Steuerzwecke denkbar. 

Bis dahin ist zu bedenken, dass bei Kryptowährungen nach wie vor steuerfreie Veräußerungsgewinne überhaupt möglich sind – während dies bei anderen Finanzinstrumenten in der Regel nicht der Fall ist. 
Ein Verlust der Spekulationsfrist hätte auch nicht für jedermann negative Folgen: Wenn Einkünfte aus Kryptowährungen mit dem Abgeltungssteuersatz von 25 Prozent besteuert würden, wäre das für kurzfristig tradende Steuerpflichtige immer noch ein potenziell niedrigerer (Einkommen-)Steuersatz als es der individuelle Steuersatz wäre, der bis zu 45 Prozent betragen kann und der für die Besteuerung ebenfalls in Betracht käme. 


Über die Autoren: 

Anh-Vu Tran ist Partner bei der Kanzlei Annerton in Frankfurt am Main. Er ist auf die Beratung im Investment-, Investmentsteuer-, Aufsichts- und Kapitalmarktrecht insbesondere im Kontext der institutionellen Kapitalanlage spezialisiert.

Steffen Rapp ist ebenfalls Partner bei Annerton in München. Sein Spezialgebiet sind die Steuerberatung insbesondere von vermögenden Privatkunden, Fintech- und Paymentunternehmen sowie die Besteuerung von Kryptowährungen.

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