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Carmignac-Experten Was der Ukraine-Krieg für die Anleihemärkte bedeutet

Ernte in Russland
Ernte in Russland: Durch den Ukraine-Krieg werden Lebensmittel und Rohstoffe knapp und teurer. Schwellenländer, die selbst Netto-Exporteure sind, können von der Situation profitieren. | Foto: Imago Images / SNA
Kevin Thozet, Carmignac

„Der russische Einmarsch in die Ukraine war ein Schock für die internationalen Finanzmärkte“, sagt Kevin Thozet, Mitglied des Investmentkomitees von Carmignac, im Webinar zum Anleihemarkt am 11. März. „Russische Staatsanleihen haben innerhalb weniger Tage 80 Prozent an Wert verloren.“ Die massive Reaktion ist aus seiner Sicht auf zwei Faktoren zurückzuführen. Eine große Rolle spielten die Sanktionen, die gegen Russland verhängt wurden. Dazu zählten das Einfrieren von Vermögen und das Verbot von Geschäften mit der russischen Zentralbank sowie der Swift-Ausschluss. Diese Einschränkungen wiederum führten zu einer Art Vergeltungsmaßnahme der russischen Behörden, die die Rückzahlung von Schulden in Fremdwährungen untersagten.

„Der zweite Faktor ist die Reaktion der Investoren auf den Einmarsch“, führt Thozet aus. „Wir haben gesehen, dass einige Vermögensverwalter russische Titel aus ihrem Investmentuniversum ausgeschlossen haben. Außerdem gab es einen massiven Ausverkauf russischer Anleihen.“

Quelle Fondsdaten: FWW 2024

Das hat auch Auswirkungen auf die Anleihe-Fonds des französischen Vermögensverwalters. Das Engagement in russischen Titeln sank beim Carmignac Sécurité von 3,8 auf 0,8 Prozent (Stand: 8. März). Auch beim Carmignac Portfolio Flexible Bond (5,3 auf 1,8 Prozent) und beim Carmignac Portfolio Credit (4,3 auf 1,8 Prozent) nahm es stark ab.

„Die Krise war also nicht nur ein Schock für die Finanzmärkte allgemein, sondern auch für uns, da wir seit vier Jahren Inhaber von russischen Unternehmens- und Staatsanleihen sind“, sagt Thozet, der Russland in den vergangenen Jahren aufgrund seines dynamischen Wachstums und seiner positiven Fundamentaldaten auf einem guten Weg sah.

Krise sorgte für Performanceeinbruch

Marie-Anne Allier, Carmignac

„Die Sanktionen gegen Russland sind begründet und wirksam“, sagt Thozet. „Das zeigt sich auch anhand unserer Fonds, deren negative Performance sich zu 40 bis 60 Prozent auf das Engagement in russische und ukrainische Werte zurückführen lässt.“ Zudem habe die russische Invasion die Märkte weltweit in Mitleidenschaft gezogen.

Dem stimmt Marie-Anne Allier, Fondsmanagerin des Carmignac Portfolio Sécurité, zu. „Nachdem die Preise vieler Rohstoffe bereits vor der Krise in die Höhe schossen und die Inflation trieben, werden nun auch Lebensmittel teurer, da Russland und die Ukraine zu den großen Produzenten beispielsweise von Weizen gehören.“ Der Inflationsschock geht aus ihrer Sicht mit einem makroökonomischen Schock einher, der sich am Aktienmarkt und in den Credit-Spreads widerspiegele.

Auswirkungen der Sanktionen auf Wachstum und Inflation

Quelle Fondsdaten: FWW 2024

Da man nicht wisse, wie lang der Krieg noch geht, seien die konkreten Konsequenzen für das Wirtschaftswachstum und die Teuerung aktuell nur schwer zu prognostizieren. „Eins ist jedoch klar: Die Auswirkungen des Krieges werden die USA in geringerem Maße treffen als Europa“, sagt Allier. 

Die Investmentexperten von Carmignac haben zwei Szenarien entwickelt. Das erste basiert auf der Annahme, dass der Ölpreis auf 140 US-Dollar pro Barrel steigt und Lebensmittel sich um 25 Prozent verteuern, während die EU-Exporte nach Russland um 50 Prozent zurückgehen. Ein Embargo von russischer Seite gibt es in diesem Szenario nicht. „In diesem Fall rechnen wir mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts der USA um 0,8 Prozent, während das der Euro-Zone um 1,5 Prozent sinkt. Die Verbraucherpreise würden hierbei in den USA um 2,3 und in der Euro-Zone um 2,2 Prozent steigen.“

Im zweiten Szenario steigt der Ölpreis auf 175 US-Dollar pro Barrel, die Lebensmittelpreise legen um 40 Prozent zu, die Exporte der EU nach Russland gehen um 80 Prozent zurück und es gibt ein russisches Embargo. In dem Fall erwarten die Carmignac-Experten, dass das Bruttoinlandsprodukt in den USA um 1,1 und in der Euro-Zone um 3,1 Prozent zurückgeht. Die Verbraucherpreise würden in den USA um 3,7 und in der Euro-Zone um 2,9 Prozent steigen.

„Die Zahlen vermitteln einen Eindruck, wie stark Inflation und Wachstum in der Eurozone durch die Krise beeinträchtigt werden“, kommentiert Allier. Doch wie könnte die EU darauf antworten? „Die Staatschefs werden sicherlich weiter an der Autonomisierung der Wirtschaft arbeiten“, prognostiziert die Fondsmanagerin. „Die Militärausgaben werden steigen. Die Regierungen werden mehr ausgeben, um den Energieschock für Haushalte und wahrscheinlich auch für Unternehmen und Industrie auszugleichen und den Übergang zu einer grünen Wirtschaft zu beschleunigen. Außerdem werden sie Geld ausgeben müssen, um die Migrationssituation zu bewältigen, was wiederum die Inflation befeuert.“

Schnellere Straffung der Geldpolitik erwartet

 Eliezer Ben Zimra, Carmignac

Eliezer Ben Zimra, Fondsmanager des Carmignac Portfolio Flexible Bond, geht deshalb davon aus, dass die Zentralbanken aus Furcht vor einer galoppierenden Inflation nun bereit sind zu handeln, sodass das Tapering sowohl in den USA als auch in Europa schneller voranschreiten wird als erwartet. „Die Nominalzinsen werden in diesem Umfeld steigen, während die realen Zinssätze aufgrund der Inflationserwartungen auf einem niedrigen Niveau verharren“, prognostiziert der Experte.

 Pierre Verlé, Carmignac

„Klar ist, dass die Situation dauerhafte Folgen für die Wirtschaft haben wird“, sagt auch Pierre Verlé, Fondsmanager des Carmignac Portfolio Credit. „An den Märkten herrscht inzwischen Klarheit, dass die Kombination aus Angebotsproblemen und Inflation von den Zentralbanken nicht so leicht zu händeln ist wie frühere Krisen. Die Herausforderung für Investoren besteht nun darin, die Auswirkungen dieser neuen Situation auf Geschäftsmodelle, Gewinnspannen, Rohstoffpreise und Nachfrage zu bewerten.“

Absicherungsmechanismen und Liquidität

„Wir standen trotz der Krise nicht still und haben unsere Portfolios aktiv gemanagt und einige Absicherungen und Risikominderungsstrategien implementiert, die es uns ermöglichten, den Schlag abzufedern“, erläutert Thozet.

Als die Krise ausbrach, seien so etwa die Absicherungen bei den Unternehmensanleihen deutlich nach oben gefahren worden. „Außerdem haben wir unsere Barmittel aufgestockt und unser Engagement im Energiebereich auf Dienstleistungen ausgedehnt, die unserer Ansicht nach viel weniger anfällig für Störungen in der Lieferkette sind“, erklärt Verlé. „Die Zentralbanken können kein Öl, keine Mikrochips oder Düngemittel produzieren, aber sie können Euros drucken, um die Wirtschaft anzukurbeln. Die gute Nachricht ist, dass sich auch an den Anleihemärkten viele Möglichkeiten bieten.“

Quelle Fondsdaten: FWW 2024

So könnten etwa Schwellenländer von der schlimmen Situation in der Ukraine profitieren, die selbst Nettoexporteure von Rohstoffen sind. „Aus diesem Grund bleiben wir im Bereich Emerging Markets weiter stark investiert“ sagt Verlé. „Zudem spielen hochverzinsliche Unternehmensanleihen, vor allem aus dem Energiesektor, und solvente Banken bei uns eine große Rolle.“

Neben Positionen in vielversprechenden Unternehmen ist aus Sicht der Carmignac-Fondsmanager auch Liquidität von entscheidender Bedeutung. „Wir verfügen über 12 Prozent Cash und Geldmarktpapiere, die wir einsetzen können, sobald sich noch stärkere Gelegenheiten ergeben“, erläutert Ben Zimra.

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