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Nachhaltigkeit in der Beratung Was der Vorschlag der EU-Kommission für Finanzberater bedeutet

Beratungsgespräch
Beratungsgespräch: Der Aspekt Nachhaltigkeit soll voraussichtlich ab Mitte 2022 in den Beratungsprozess einfließen. | Foto: DVAG Finanzcheck

Die EU-Kommission hat in der vergangenen Woche in einem Vorschlag skizziert, wie das Thema Nachhaltigkeit in die Finanzberatung einfließen soll. Geändert wird dafür eine Delegierte Verordnung, die die europäische Richtlinie Mifid II ergänzt.

Die neuen Regeln sollen sowohl in der Anlageberatung als auch in der Finanzportfolioverwaltung wirksam werden. Darüber hinaus wollen die EU-Verantwortlichen auch Versicherungsvermittler in die Pflicht nehmen – jedenfalls soweit diese Versicherungs-Anlageprodukte vermitteln. Jenseits von Mifid II soll deshalb auch die Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD per Delegierter Verordnung angepasst werden.  

Dass Berater ihre Kunden bald nicht mehr allein nach Anlageerfahrung, Risikobereitschaft oder Verlusttoleranz fragen, sondern auch deren Nachhaltigkeits-Vorlieben ermitteln sollen, war lange bekannt. Neue Regeln für die Beratung standen im Nachgang zur Taxonomie- und Offenlegungsverordnung noch aus. Branchenkenner wie der Münchner Rechtsanwalt Christian Waigel hatten zunächst vermutet, dass sich im Beratungsprozess selbst keine umfassenden Änderungen ergeben würden. Die Kundenabfrage („WpHG-Bogen“) könnte um drei zusätzliche Fragen erweitert werden, hatte Waigel im vergangenen Oktober in einem Gastbeitrag eingeschätzt.

Die aktuelle Vorlage zur Ergänzung der Mifid II schneidet nun allerdings tiefer in die Prozesse ein. „Die Vorschläge sind deutlich strenger als erwartet. Sie verlangen nicht nur, dass Berater die Präferenzen des Kunden zu Ökologie, sozialer Gerechtigkeit und guter Unternehmensführung abfragen“, so Waigel. Vielmehr wolle die EU-Kommission auch innerhalb dieser Themen noch einmal stark differenzieren. Berater müssten ihre Kunden voraussichtlich in Bezug auf rund 20 Nachhaltigkeits-Indikatoren fragen, ob diese im Anlagevorschlag eine Rolle spielen sollen. Festgehalten sind die Indikatoren in der europäischen Offenlegungs-Verordnung. Im Nachgang müssten Berater ihren Kunden zudem detailliert begründen, inwiefern die Präferenzen in den Anlagevorschlag eingeflossen seien. Kunden sollten darüber hinaus aufgeklärt werden, warum bestimmte Anlagen nicht zum Einsatz kamen.

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„Der Onboarding-Prozess für Kunden wird deutlich komplizierter und aufwendiger“, resümiert Waigel. „Die Regulierung verlangt eine genaue Kenntnis der Produkte.“ In der Konsequenz müssten Berater aller Voraussicht nach umfangreich am Markt für nachhaltige Produkten recherchieren – eine Tätigkeit, die gerade kleineren Vermittlerbetrieben organisatorisch schwerfallen dürfte.

Beim Sparkassenverband DSGV weist man darauf hin, dass laut dem Kommissions-Vorschlag auch der Anteil nachhaltiger Investments im Beratungsgespräch eine Rolle spielen soll: Berater müssten ihre Kunden nicht allein fragen, ob diese nachhaltige Investitionen tätigen wollten. Sie müssten darüber hinaus auch erfragen, welcher Mindestanteil der Anlagen für diesen Zweck verwendet werden solle. „Dies führt vor allem aus Kundensicht zu mehr Komplexität“, heißt es von dem Verband. Grundsätzlich unterstütze man allerdings das Ziel der EU-Kommission, das Thema Nachhaltigkeit auch in der Kundenberatung zu verankern. 

Als nächstes werden das EU-Parlament und der Europäische Rat über die Delegierte Verordnung abstimmen. Das gilt ebenso für die Ergänzung der IDD. Für die Umsetzung erhalten Banken und Finanzdienstleister ein Jahr lang Zeit. Die neuen Regeln könnten laut Beobachtern Mitte 2022 verbindlich werden.

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