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Aktualisiert am 22.06.2023 - 10:53 Uhrin Senioren & RentnerLesedauer: 10 Minuten

Bafin und Verbraucherschützer warnen vor Fallstricken Was Eigentümer über den Immobilien-Teilverkauf wissen sollten

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Vorsicht bei Mindesterlös-Klauseln

Teilverkauf-Anbieter sichern sich oft gegen Wertverluste ab – sie lassen sich dann vertraglich einen Mindesterlös zusichern. Werden Haus oder Wohnung komplett verkauft, erhält das Unternehmen dann mindestens das investierte Geld zurück plus einen im Vertrag festgeschrieben Zuschlag. Für den Eigentümer bleibt dann vom Verkaufspreis unter Umständen nur wenig übrig. Umgekehrt profitieren Eigentümer beim Rückkauf in solchen Fällen nicht von den gesunkenen Preisen: Sie müssen dem Anbieter dann den vereinbarten Mindestpreis bezahlen, auch wenn dieser nicht (mehr) dem aktuellen Marktwert entspricht.

Mindesterlös-Klauseln seien nicht zu unterschätzen, warnt die Bafin. Damit solche Klauseln nicht mehr greifen, müsse der Immobilienwert erheblich steigen. In einem solchen Szenario müssten zudem Eigentümer, die den verkauften Anteil zurückkaufen wollen, mehr bezahlen, als sie ursprünglich für den Anteil bekommen haben – zusätzlich zu dem über Jahre gezahlten Nutzungsentgelt. Die Möglichkeit, die Immobilie irgendwann zurückzukaufen, möge vielen Menschen ein gutes Gefühl geben. Finanziell lohne es sich aber fast nie, meinen die Experten der Bafin. „Der Preis, den Sie für den Rückkauf zahlen müssten, übersteigt den Teilkaufpreis, den Sie ursprünglich vom Unternehmen erhalten haben, unter Umständen ganz erheblich“, heißt es.

 

In einigen Fällen droht dennoch der Auszug

Es sei zudem möglich, dass die Teilverkäufer trotz des vereinbarten Nießbrauchrechts ausziehen müssten, warnt die Bafin, etwa wenn das Nutzungsentgelt nicht mehr gezahlt werden könne. Das Gleiche könne bei Insolvenz des Anbieters passieren. Könne der Eigentümer die Immobilie nicht zurückkaufen, drohe eine Zwangsversteigerung. Das gelte insbesondere, wenn sich das Teilkauf-Unternehmen im Grundbuch eine bessere Position sichere als der Eigentümer mit seinem Nutzungsrecht.

Fazit der Bafin: Teilverkauf ist selten die beste Lösung

„Ein Immobilien-Teilverkauf ist für Haus- oder Wohnungseigentümer selten die beste Lösung“, sagt Thorsten Pötzsch, als Exekutivdirektor der Bafin für die Bereiche Wertpapieraufsicht und Asset-Management zuständig. Ein Teilverkauf sei riskant und könne zudem teuer werden. „Aus Verbraucherschutzsicht kann ich nur davor warnen, den allgegenwärtigen Werbeversprechen für Immobilen-Teilverkäufe blind zu vertrauen.“

Da der Immobilien-Teilverkauf ein noch recht neues Modell ist – die ersten Anbieter kamen 2018 auf den Markt – fehlen zudem langfristige Erfahrungen. Die positiven Stimmen, die im Internet zu finden sind, beziehen sich meist auf die freundliche Beratung und den unkomplizierten Vertragsabschluss. Wer erst kürzlich einen solchen Vertrag abgeschlossen hat, freut sich womöglich zunächst über die neugewonnene finanzielle Freiheit und kann noch nicht absehen, welche Vor- oder auch Nachteile das Modell langfristig mit sich bringt.

Kritik am Immobilien-Teilverkauf: Das sagen die Anbieter

Die Anbieter widersprechen der Kritik von Verbraucherschützern und Bafin. „Wir haben schon 2020 Defizite am Markt in Sachen Transparenz, Sicherheit und Verbraucherfreundlichkeit entdeckt und unser Produkt entsprechend gestaltet“, so Sabine Nass, Chefin von Deutsche Teilkauf in einem Statement. Könne ein Kunde das Nutzungsentgelt nicht mehr zahlen, übernehme die eigene Stiftung zunächst die Beiträge, während eine Lösung gesucht werde. „Die Hürden für den Verkauf des Hauses liegen hoch“, so Nass. Zudem würde das Unternehmen beim Rückkauf einen Teil der Nebenkosten übernehmen, beim Gesamtverkauf falle keine Gebühr an.

Die Anbieter Heimkapital, Engel & Völkers Liquid Home, Volksbank Teilverkauf und Wertfaktor beziehen in einer gemeinsamen Erklärung Stellung. In der Veröffentlichung der Bafin könne der Eindruck entstehen, „dass Teilkauf-Anbieter renditeorientiert zum Nachteil der Kund:innen handeln“. Dies sei nicht der Fall. Eine Wertsicherungsklausel sei nötig, verteidigen sich die Anbieter, denn die Unternehmen hätten keinen Einfluss darauf, ob der Zeitpunkt, zu dem der Kunde verkaufen möchte, auch „aus Immobilienmarkt-Gesichtspunkten“ der richtige sei. Zu der Kritik am hohen Nutzungsentgelt äußern sich die Firmen nicht, nur so viel: Die Planungssicherheit der Kunden stehe an erster Stelle, daher werde der Monatsbeitrag für zehn Jahre oder sogar lebenslang festgeschrieben.

 

Eine freiwillige Selbstverpflichtung, die die vier Anbieter unterzeichnet haben, soll für mehr Transparenz sorgen und Vertrauen schaffen. Darin verpflichten sich die Unternehmen etwa, für eine faire Wertermittlung der Immobilie zu sorgen sowie alle Kosten „transparent, vollständig und nachvollziehbar“ aufzulisten, stellen aber auch klar, dass sie sich nicht an laufenden Instandhaltungskosten beteiligen. Eine Beteiligung an wertsteigernden Maßnahmen sei nach Absprache aber möglich. In Fällen, in denen Kunden ihr Nutzungsentgelt nicht mehr zahlen können, solle „eine sozialverträgliche Lösung“ gesucht werden, etwa Stundungen, Hilfe durch Stiftungen oder der Wechsel in ein alternatives Verrentungsmodell.

Tipps: Wie findet man das richtige Angebot?

Wer einen Teilverkauf erwägt, sollte sich die Konditionen unbedingt genau anschauen, raten Verbraucherschützer. Die Bafin hat unter anderem eine Checkliste veröffentlicht, an der sich Verbraucher bei der Wahl des Anbieters orientieren können. Wichtig sei, durchzurechnen, welche Kosten bei Rückkauf des Anteils oder Gesamtverkauf der Immobilie entstehen würden – und dabei verschiedene Szenarien, etwa steigende und sinkende Kaufpreise, zu berücksichtigen.

Zudem rät die Bafin, unterschiedliche Angebote einzuholen und zu vergleichen. Bei der Höhe des Nutzungsentgelts sowie weiterer Gebühren gebe es teils erhebliche Unterschiede. Zudem sollten sich Eigentümer sachkundige Beratung einholen, etwa bei den Beratungsstellen der Verbraucherzentralen. Es sei darüber hinaus sinnvoll, Vertragsentwürfe von einem Rechtsanwalt prüfen zu lassen. Wichtig sei, sich nicht drängen zu lassen und vor Vertragsabschluss alle offenen Fragen zu klären.

Welche Alternativen gibt es zum Immobilien-Teilverkauf?

Ist ein Immobilien-Teilverkauf das richtige für mich? Wer sich diese Frage stellt, sollte immer auch die Alternativen prüfen, so die Experten der Bafin. Dazu raten auch die Verbraucherzentralen. So könne ein Kredit günstiger sein als ein Teilverkauf. Dass Banken grundsätzlich keine Darlehen an ältere Menschen vergeben, sei nicht richtig. Rentner sollten sich bei verschiedenen Anbietern umhören. Einige Kreditinstitute bieten spezielle Hypothekendarlehen für ältere Verbraucher an. Ein klassischer Baukredit eignet sich etwa, wenn das Geld für eine größere Sanierung des Hauses oder der Wohnung gedacht ist.

Eine weitere Möglichkeit, das eigene Haus im Alter zu Geld zu machen, ist die Leibrente, bei der die Eigentümer ihre Immobilie verkaufen und dafür eine wiederkehrende Zahlung bis ans Lebensende erhalten. Die Verkäufer erhalten in der Regel ein lebenslanges Wohnrecht, ohne dass dafür Miete anfällt. Auch dabei gilt jedoch, dass Angebote genau geprüft werden sollten. Verbraucherzentralen und Bafin raten, immer auch den Verkauf der Immobilie in die Überlegungen einzubeziehen. Das könne – zumindest finanziell gesehen – die bessere Alternative sein.

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