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Was nun, Euroland?

Robert Halver von der Baader Bank
Robert Halver von der Baader Bank
Robert Halver ist Leiter Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank AG.
 
Spätestens nach den Wahlen in Frankreich und Griechenland - bei denen die Gegner der Sparpolitik als Gewinner hervorgingen - ist die Eurokrise wieder in aller Munde.

Während der neue französische Präsident Hollande den euroländischen Fiskalpakt neu verhandeln will, sorgt vor allem das politische Chaos in Griechenland, wo eine Regierungsbildung extrem erschwert, wenn nicht sogar unmöglich ist, für Unruhe und Unsicherheit über die Zukunft Eurolands.
 
So wirkt die griechische Misere wie ein Katalysator für Krisenängste auch an den Finanzmärkten Italien und Spaniens, wo Befürchtungen aufkommen, dass dort die Reformprozesse auch ins Stocken geraten.
 
In das negative Euro-Bild passt zudem die Verstaatlichung der viertgrößten spanischen Bank, die die Abschreibung von Immobilienkredite nicht mehr aus eigener Kraft stemmen kann. Es ist davon auszugehen, dass weitere spanische Banken unter Regierungsschutz gestellt werden müssen, was ohne Frage die spanische Haushaltskonsolidierung gefährdet.

Als Konsequenz befinden sich die Ausfallprämien 5-jähriger italienischer und spanischer Staatsanleihen bereits wieder in einer klaren Aufwärtsbewegung.
 
Die Unsicherheit an den Finanzmärkten lässt sich nicht zuletzt an der Kreditvergabe der Banken an den privaten Sektor ablesen. Seit dem Beginn des vierten Quartals 2011 ist sie deutlich rückläufig.

Die Geschäftsbanken horten ihr Geld lieber weiterhin im sicheren Hafen der Europäischen Zentralbank (EZB), legen es aber mittlerweile aber auch zunehmend in schnell liquidierbaren, geldmarktnahen Papieren an, um eine höhere Verzinsung als die der EZB von 0,25 Prozent zu erhalten. Dies erklärt die - trotz rückläufiger Kreditvergabe - ansteigende Geldmenge in Euroland.
 
Merkollande muss es richten
 
Um einen erneuten massiven Unsicherheitsschocks wie im zweiten Halbjahr 2011 zu vermeiden, muss die Euro-Politik Präventivmaßnahmen ergreifen. Hier ist eine funktionsfähige, deutsch-französische Achse gefragt, die den Ton im euro-politischen Entscheidungsprozess angibt.
 
Bundeskanzlerin Merkel wird sich in Sachen Stabilitäts- und Sparüberzeugungen gegenüber dem neuen französischen Staatspräsidenten flexibel zeigen müssen, indem sie von ihren strikten Sparvorstellungen abrückt. Ihre Rhetorik tendiert bereits in diese Richtung.

Ohnehin ist (Kaputt-)Sparen allein kein Allheilmittel. Ihr Kalkül wird es sein, für eine vorübergehende Flexibilisierung der Sparaktivitäten als Gegenleistung verstärkte Wirtschaftsreformen zu verlangen. Aus eigener nationaler Erfahrung weiß sie, dass die Agenda 2010 die heutige Wirtschaftsstärke der deutschen Industrie beflügelte.

Zusätzlich scheint die Bundesregierung auch höhere Löhne zu propagieren, um einen stärkeren Importsog nach Deutschland zugunsten der anderen Euro-Länder zu begünstigen. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden, sofern die Produktivitätsfortschritte der deutschen Industrie nicht kompensiert werden.
 
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