Forderungen der Fondsindustrie Was sich der BVI 2022 auf die Agenda gesetzt hat

„Wir sind sehr zufrieden damit, dass es einen Bestandsschutz für laufende Riester-Verträge gibt.“ Auf der Jahrespressekonferenz des BVI stellte BVI-Hauptgeschäftsführer Thomas Richter die Arbeit des Verbands im vergangenen Jahr vor und gab einen Ausblick auf 2022 anstehenden Projekte. Die Riester-Rente soll dabei ein Kernthema sein.
Das Riester-Modell müsse dringend überarbeitet werden, fordert man beim BVI. Vor allem die Beitragsgarantien stoßen den Vertretern der Fondsindustrie sauer auf. Beim Riester-Sparen sollen die eingezahlten Beiträge der Sparer zu 100 Prozent wieder ausbezahlt werden. Was auf den ersten Blick nach vernünftiger Sicherheit klingt, entpuppt sich in der Praxis als Renditekiller. Denn die Garantie auch unter den aktuellen Nullzins-Bedingungen aufrechtzuerhalten, treibt die Kosten in die Höhe – zum Leid der Altersvorsorge-Sparer.
Mit der derzeitigen 100-Prozent-Garantie, „wird es nicht möglich sein, Rendite für die Anleger zu erzielen“, monierte Richter. Bei den aktuell 16 Millionen Riester-Verträgen in Deutschland sei ein Absenken der Beitragsgarantie unumgänglich, fordert man daher bei dem Verband.
Als positiv bewertete der BVI-Hauptgeschäftsführer, dass die derzeitige Ampel-Regierung laut Koalitionsvertrag prüfen will, ob auch private Investments gesetzlich als Altersvorsorge anerkannt werden sollten. Private Anlagen - ohne den Ballast von Garantien - könnten potenziell bessere Anlageergebnisse erbringen. Bei einer staatlicher Anerkennung würden sie günstigere Steuerbedingungen genießen.
Ein wichtiges Produkt in diesem Zusammenhang seien Fondssparpläne, betont man beim BVI. „Wir werden uns in den Verhandlungen mit der Regierung, wenn es um die Umsetzung dieses Punktes geht, nachdrücklich dafür einsetzen, dass Fondssparpläne darunter fallen werden“, stellte Richter in Aussicht.

1.200% Rendite in 20 Jahren?
Entschieden spricht man sich beim BVI indessen gegen einen staatlich geförderten Investmentfonds aus – zumindest wenn er als Konkurrenzprodukt in der privaten Altersvorsorge auftreten würde. Die private Altersvorsorge gilt hierzulande als die dritte Säule der Alterssicherung. Sie steht als Nummer drei neben dem gesetzlichen Regelsystem und der betrieblichen Altersvorsorge. Die neue Bunderegierung wolle prüfen, ob es sinnvoll sei, hier einen öffentlich verwalteten Fonds einzurichten, hatten SPD, FDP und Grüne in ihren Koalitionsvertrag geschrieben.
Beim BVI stößt das Vorhaben auf deutliche Kritik: „Ein solcher Staatsfonds würde den Wettbewerb verzerren“, gab Richter den Sorgen der Fondsindustrie Ausdruck. Der Knackpunkt: Ein öffentlich verwalteter Fonds hätte einen deutlichen Wettbewerbsvorteil gegenüber den Produkten privater Anbieter. Er könnte aufgrund seines potenziell hohen Volumens die Anlage besonders kostengünstig anbieten und genösse obendrein einen Vertrauensbonus: Verbraucher würden darauf bauen, dass im Zweifelsfall die öffentlichen Haushalte einspringen und einen großen Wertverlust wieder ausgleichen würden. Für private Fondsanbieter sei es „so gut wie unmöglich, gegen einen Staatsfonds im Wettbewerb zu bestehen“, so Richter.
„Ein solcher Staatsfonds würde den Wettbewerb verzerren“
Für unproblematisch hält der Verband hingegen einen öffentlichen Fonds, um die gesetzliche Altersvorsorge zu unterstützen – also in Säule Nummer eins der Altersabsicherung. Dieses Modell sei durchaus begrüßenswert, findet Richter. Es werde beispielsweise in Schweden praktiziert. Ein Staatsfonds nach jenem Modell träte nicht in Konkurrenz zu privatwirtschaftlichen Angeboten, urteilte Richter.
Ein weiterer Punkt auf der Agenda des BVI betrifft das allgegenwärtige Thema Nachhaltigkeit. Die Förderung von Nachhaltigkeit in der Geldanlage ist ein Kernanliegen der Europäischen Union. An diesem Punkt setzt auch der BVI an: Nachhaltigkeit sei zwar erstrebenswert. Es gebe europaweit jedoch aktuell ein „Wirrwarr“ an Definitionen, was nachhaltige Geldanlage überhaupt sei. Neben der Definition der europäischen Taxonomie-Verordnung und der Offenlegungsverordnung mache etwa die Richtlinie Mifid II wiederum eigene Vorgaben. Die absurde Situation untermauerte Richter mit einem Beispiel: Ein Fonds, der gemäß Offenlegungsverordnung nachhaltig anlegt, lässt sich deshalb noch lange nicht als nachhaltig gemäß Mifid II verkaufen. Das Nebeneinander unterschiedlicher Definitionen sei vor allem für Finanzkunden schwer verständlich.
Der BVI wolle sich dafür einsetzen, die konkurrierenden Nachhaltigkeits-Definitionen europaweit zu vereinheitlich, stellte Richter in Aussicht. Nachhaltige Produkte sollten dabei durchaus Mindestanforderungen erfüllen müssen. Das aber wiederum mit Augenmaß. Richter drückte es so aus: „Wir brauchen einen Rahmen. Aber wir brauchen kein Korsett, das so eng ist, dass es uns die Luft nimmt und der Wettbewerb der ESG-Ansätze Schaden nimmt.“