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Bei Scope nachgefragt Was unterscheidet aktive ETFs von Smart-Beta-Strategien?

Barbara Claus
Barbara Claus: „Die Abgrenzung ist tatsächlich nicht immer so einfach.“ | Foto: Scope

DAS INVESTMENT: Wie würden Sie den Unterschied zwischen Smart-Beta-Strategien und aktiven ETFs definieren?

Barbara Claus: Smart- oder Strategic-Beta-ETFs bilden grundsätzlich passiv einen Index nach. Dieser ist in der Regel so ausgestaltet, dass er mittels eines systematischen Ansatzes, also ohne Eingriffe durch ein Portfoliomanagement, Performancequellen wie Faktorprämien abgreift. Bei aktiven ETFs werden aktive Anlageentscheidungen getroffen. Der Index dient lediglich als Benchmark, von der abgewichen werden kann – beispielsweise durch Über- oder Untergewichtung einzelner Titel gegenüber der Benchmark.

Werden Titel auch weggelassen?

Claus: Aktive ETFs unterscheiden sich in ihrer Zusammensetzung voneinander, jedoch sind aktive Manager oft nicht in sämtlichen Benchmark-Titeln investiert. Das betrifft insbesondere Aktien mit sehr wenig Gewicht im Index, denn sie haben meistens nur einen sehr begrenzten Einfluss auf dessen Gesamtperformance. Oft enthalten Indizes mehrere Hundert oder teilweise mehr als 1.000 Titel – wie etwa der MSCI World mit seinen rund 1600 Aktien. Dieses Vorgehen, dass nicht alle Aktien eines Index gehalten werden, wird teilweise auch bei passiven ETFs eingesetzt – insbesondere dann, wenn der zugrunde liegende Index sehr umfangreich ist. Das Vorgehen nennt sich „Sampling“, im Gegensatz zur „Full Replication“, wo alle Indexbestandteile gehalten werden.

Scope hat gerade eine neue Studie zu aktiven ETFs vorgestellt, dort wurden unter anderem der „Fidelity US Quality Income UCITS ETF“ oder der „Invesco Quantitative Strategies ESG Global Equity Multi-Factor“ genannt. Beide erinnern ihrem Namen nach an Smart-Beta-Strategien. Wie grenzen Sie die Fonds davon ab?

Claus: Der Fidelity US Quality Income UCITS bildet einen Fidelity-eigenen Index ab, bei dem die Aktien nach eigens definierten Dividenden- und Qualitätseigenschaften gescreent werden. Zusätzlich wird ein Nachhaltigkeitsscreening durchgeführt. Zudem stellt Fidelity im Rahmen der Portfoliokonstruktion die Sektorneutralität sicher. Zwar greift der Fonds auch auf Strategic-Beta-Elemente zurück. Ich würde ihn aufgrund seines mehrdimensionalen Ansatzes jedoch bei den aktiven ETFs eingruppieren. Auch der ETF von Invesco verfolgt einen mehrdimensionalen Ansatz, der über reines Factor-Investing hinausgeht und beispielsweise auch eine Portfoliooptimierung und einen ESG-Ansatz mit einschließt.

 

Wo würden Sie in diesem Zusammenhang die Strategien der Fondsgesellschaft Dimensional einordnen?

Claus: Die Produkte von Dimensional sind nicht börsengehandelt, also keine ETFs. Sie verfolgen jedoch sehr strukturierte, systematische Ansätze. Dabei werden aber nicht ausschließlich Faktorprämien vereinnahmt, sondern es wird zum Beispiel auch auf eine sehr breite Diversifikation der Portfolios geachtet. Die Entscheidungen, welche Faktoren in die Prozesse mit einbezogen werden und wie die Strategien umgesetzt werden, werden von Research- und Investmentkomitees auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse diskutiert und getroffen. Dabei werden nicht nur rein technisch Faktoren abgegriffen, deshalb würde ich die Dimensional-Fonds nicht als pure Strategic-Beta-Strategien einordnen, sondern eher als aktive Fonds, auch wenn sie stark auf Elemente aus dem Strategic-Beta-Bereich zurückgreifen.

Wie gruppieren Sie sogenannte Enhanced-Indexing-Strategien ein?

Claus: Enhanced Indexing würde ich so definieren, dass lediglich durch kleine Abweichungen zu einer Benchmark Mehrerträge erzielt werden sollen. Dies kann durchaus Strategic-Beta-Ansätze einschließen. Den Strategic-Beta-Anteil an den Strategien würde ich auf das rein systematische Abgreifen von Faktorprämien wie Size, Dividend, Value oder Growth beschränken. Als Enhanced Indexing können jedoch auch aktive Ansätze mit sehr begrenzten Tracking Errors bezeichnet werden. Solche Ansätze existieren als klassische Fonds schon lange, jedoch bislang primär für institutionelle Investoren, die sich stark an Benchmarks orientieren. Bei den aktiven ETFs hingegen handelt es sich um aktiv gemanagte Strategien, die über reine Strategic-Beta-Ansätze hinausgehen, jedoch durchaus indexnah gemanagt werden können. In unseren Untersuchungen haben wir festgestellt, dass es sowohl aktive ETFs mit geringen Abweichungen zu ihrer Benchmark gibt – die man als „Enhanced“ bezeichnen könnte – als auch aktive ETFs mit größeren Tracking Errors, die durchaus vergleichbar mit klassischen aktiven Fonds sind.

Wie kompliziert finden Sie es, die unterschiedlichen ETF-Arten gegeneinander abzugrenzen?

Claus: Die Abgrenzung zwischen den Produkten ist tatsächlich nicht immer so einfach. Das Innovative bei aktiven ETFs ist jedoch, dass aktive Strategien, die mehr tun, als nur systematisch Faktoren abzugreifen, nun als börsengehandelte ETFs verfügbar sind. Sie vereinen in sich damit die Vorteile aus zwei Welten.

Aktive ETFs glänzen mit sehr niedrigen Kosten. Wenn in ihnen aber ebenso aktives Management wie in aktiv gemanagten Fonds steckt – wie kommt der günstige Preis zustande?

Claus: Der Grad des aktiven Managements ist in den Fonds ganz unterschiedlich. Viele lösen sich gar nicht so weit von ihrer Benchmark. Andere nutzen die Analyse, die sie im eigenen Haus zu aktiv gemanagten Fonds führen, auch für ihre aktiven ETFs. Der direkte Preisvergleich zwischen aktiven ETFs und aktiv gemanagten Fonds ist allerdings unfair. Denn bei ETFs muss der Vertrieb nicht mitgezahlt werden. Wegen ihrer Vertriebskosten sind aktiv gemanagte Fonds auch performanceseitig im Nachteil gegenüber ETFs, da die Manager zunächst eine signifikante Kostenhürde überspringen müssen, um überhaupt erst mit dem Index gleichzuziehen. Ein weiterer Grund könnte sein, dass die Fondsgesellschaften ihr Angebot entsprechend preisgünstig ausgestalten, weil Anleger bei ETFs niedrige Kosten erwarten. 


Über die Interviewpartnerin:

Barbara Claus ist Leiterin Publikumsfonds beim Analyseunternehmen Scope Fund Analysis. Vor ihrer Zeit bei Scope war Claus für das Analysehaus Morningstar und die BHF Bank tätig gewesen.

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