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Krieg, Klimawandel, Energiewende Was wirklich hilft, um die Inflation zu senken

Broteinkauf im Libanon
Broteinkauf im Libanon: Ernährungsunsicherheit erhöht das Risiko sozialer Unruhen, welche die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes langfristig belasten können. ((Imago Images / NurPhoto / 0155934238)) | Foto: Imago Images / NurPhoto
Malika Takhtayeva, BNP Paribas AM

Der Krieg in der Ukraine hat erhebliche Auswirkungen auf die Finanz- und Rohstoffmärkte sowie die Volkswirtschaften weltweit. Aber: Viele Probleme, die der Konflikt verschärft hat, gab es bereits vorher – zum Beispiel die steigenden Lebensmittelpreise.

Die jüngsten Preisschocks bei Nahrungsmitteln treffen auf einen Inflationstrend, der unserer Meinung nach 2022 ohnehin angehalten hätte. Der Grund für diese Einschätzung sind die ungünstigen klimawandelbedingten Wetterbedingungen sowie die steigenden Kosten für Düngemittel und Energie.

Besser auf Klimarisiken reagieren

Dieser Inflationsdruck macht deutlich, dass die Regierungen besser auf die Klimarisiken reagieren und alternative Methoden der Lebensmittelproduktion finden müssen. Zuletzt gab es beispielsweise eine große Dürre im US-Weizenanbaustaat Kansas sowie erhebliche Wasserknappheit im Nahen Osten, in Afrika, Südamerika und Asien.

Letztgenannte Regionen sind aufgrund ihres Bevölkerungswachstums und der Abhängigkeit von Lebensmittelimporten besonders anfällig für Ernährungsunsicherheit. Die Behörden stehen daher unter Handlungsdruck. Indien zum Beispiel hat nach einer rekordverdächtigen Hitzewelle die Ausfuhr von Weizen verboten.

Die Belastungen dürften noch zunehmen. Die Vereinten Nationen haben jüngst darauf hingewiesen, dass der Klimawandel die Dauer, Häufigkeit und Schwere von Dürren erhöhen kann. Außerdem könnten im Jahr 2050 doppelt so viele Menschen von Wasserknappheit betroffen sein wie heute.

Energiebedingte Emissionen 2021 deutlich gestiegen

Die Energiepreise zogen ebenfalls bereits vor dem Krieg in der Ukraine an, als die Wirtschaft nach den Corona-Lockdowns wieder ansprang und die Nachfrage stark zunahm. Gedeckt wurde der Bedarf hauptsächlich durch fossile Brennstoffe, was zu einem starken Anstieg der CO2-Emissionen führte. Der verstärkte Einsatz von Kohle war der Hauptfaktor für einen Anstieg der weltweiten energiebedingten Emissionen um mehr als zwei Milliarden Tonnen im Jahr 2021 – in absoluten Zahlen die größte jemals verzeichnete Zunahme im Vergleich zum Vorjahr.

Die Sanktionen gegen Russland haben die Abhängigkeit vieler EU-Länder von russischer Energie deutlich gemacht, insbesondere von Erdgas. Die Europäische Union (EU) hat zwar beschlossen, schrittweise auf russisches Erdöl zu verzichten. Gas aber wird schwerer zu ersetzen sein. Es mangelt an ausreichend erneuerbaren Energien und Elektrifizierungstechnologien. Daher stehen den Zielen der Dekarbonisierung Bedenken hinsichtlich der Energiesicherheit entgegen.

Der Anteil erneuerbarer Energien am Strommix mag zwar rasch zunehmen. Dennoch machen sie aktuell immer noch nur 12,6 Prozent des gesamten Endenergieverbrauchs einschließlich Mobilität, Heizung und Kühlung aus. Im Verkehrssektor sind es sogar lediglich 4 Prozent. Das geht aus dem Renewables 2022 Global Status Report der Initiative Renewable Energy Policy Network for the 21st Century (REN21) hervor.

Für die Energiesicherheit sind Kompromisse nötig

Die Notwendigkeit beschleunigter Investitionen in grüne Infrastrukturen und erneuerbare Energien ist für uns daher offensichtlich. Regierungen müssen aber auch Kompromisse eingehen, um die Energiesicherheit zu gewährleisten und die Versorgung weg von Russland zu diversifizieren.

Dazu gehören der verstärkte (und längere) Einsatz von Kohle- und Kernkraftwerken sowie Bemühungen um eine Annäherung an umstrittene ölreiche Länder oder Gasexporteure. Beispiele dafür sind die jüngste Annäherung zwischen der US-Regierung und Saudi-Arabien oder die Bemühungen der EU, Flüssigerdgas aus Katar zu beziehen.

Soziale und politische Risiken gestiegen

Höhere Energie- und Lebensmittelpreise dürften sich schließlich auf die Staatsfinanzen auswirken und die Zahlungsbilanz belasten. Das erschwert es Regierungen, mit makroökonomischen Herausforderungen und bestehenden Haushaltsungleichgewichten umzugehen. Darüber hinaus könnten soziale und politische Unruhen entstehen. Denn es gibt einen engen Zusammenhang zwischen Ernährungsunsicherheit und solchen Konflikten.

Fest steht, dass soziale Unruhen negative Auswirkungen auf die Wirtschaft haben können. Untersuchungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) haben ergeben, dass das Bruttoinlandsprodukt in einem Land nach erheblichen Unruhen noch 18 Monate danach etwa einen Prozentpunkt niedriger lag als es ohne den Konflikt der Fall gewesen wäre.

Der vom IWF ermittelte Index der gemeldeten sozialen Unruhen hat inzwischen fast den höchsten Stand seit Beginn der Pandemie erreicht. Dem Global Conflict Tracker zufolge ist die Zahl der Konflikte und Kriege in der Welt derzeit auf 27 gestiegen.

Zusammenfassend sind wir der Meinung, dass Emittenten von Staatsanleihen sowie deren Investoren mit großen Umwelt-, Sozial- und Governance-Risiken (ESG-Risiken) konfrontiert sind. Das gilt insbesondere für Länder mit hohen Lebensmittelimportkosten, schwacher Governance und sozialen Problemen.

Der Krieg in der Ukraine hat zwar zu Preisschocks geführt. Um die Inflationsrisiken zu begrenzen, müssen aber grundlegendere Herausforderungen angegangen werden – zum Beispiel der Klimawandel und die Energiewende.

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Hinweis: Diese News ist eine Mitteilung des Unternehmens und wurde redaktionell nur leicht bearbeitet.