Nach den schweren Vorwürfen einer britischen Boulevardzeitung gegen den neuen Vorstandsvorsitzenden von Wefox, Mark Hartigan, erreicht der Streit beim schweizerisch-berlinerischen Insurtech die nächste Eskalationsstufe. Darüber berichteten Ende vergangener Woche mehrere Finanzmedien.
Staatsinvestor will an britischen Makler verkaufen
Demnach strebt die Mubadala Investment Company, einer der wichtigen Geldgeber, einen Verkauf des Unternehmens an den britischen Versicherungsmakler Ardonagh an, wie die Nachrichtenagentur "Bloomberg" und die „Financial Times“ vermeldeten. Die Gründer der Firma und andere Investoren lehnten dies laut den Berichten jedoch ab. Ardonagh hatte im Frühjahr bereits das gewerbliche Geschäft des italienischen Maklerunternehmens Mansutti von Wefox übernommen.
Mubadala, ein Staatsfonds aus Abu Dhabi (Vereinigte Arabische Emirate), rechne mit einem Angebot von Ardonagh, schrieb Bloomberg unter Berufung auf eine Präsentation, die unter den Wefox-Anteilseignern kursiere. An dem Londoner Broker ist die Abu Dhabi Investment Authority beteiligt, eine Schwesterfirma von Mubadala – wiederum ein wichtiger Geldgeber von Wefox.
Preis weit unter früherer Bewertung
Der Preis beträgt laut eines Berichts des Fachportals „Finance Forward“ 350 Millionen Euro plus 200 Millionen Euro als erfolgsabhängige Zahlung, die an bestimmte Ziele geknüpft seien. Die Wefox-Investoren würden dabei nur in Ardonagh-Anteilen bezahlt. Das wäre deutlich weniger als bei einer Finanzierungsrunde im Juli 2022, die von Mubadala angeführt worden war. Damals war das Start-up noch mit 4,5 Milliarden US-Dollar bewertet worden. Insgesamt flossen mehr als eine Milliarde Euro in Wefox. Eine Recherche des „Manager Magazin“ hatte die hohe Bewertung mit jahrelangen Täuschungen und Manipulationen von Teicke gegenüber Investoren und der Öffentlichkeit begründet.
Gründer und weitere Investoren wollen Neuanfang
Die Investoren Chrysalis und Target Global sollen laut des Bloomberg-Berichts allerdings einen alternativen Plan der Gründer, die bei dem Ardonagh-Deal leer ausgehen könnten, unterstützen. Chrysalis soll an einer 50-Millionen-Finanzierungsrunde arbeiten, 15 Millionen will der Fonds selbst beisteuern. Die Briten hatte im Mai mitgeteilt, dass die Investoren dem angeschlagenen Insurtech in den vergangenen Wochen noch einmal 20 Millionen Euro gegeben hätten. Drei Millionen Euro davon seien von Chrysalis gekommen. Nun sei man seit Wochen mit dem Wefox-Management und den Anteilseignern in Gesprächen. „Es wurde ein Plan entwickelt, um das Geschäftsmodell von Wefox zu vereinfachen und das Unternehmen auf Profitabilität auszurichten“, heißt es von dem Investor.
Der Plan des Gründerteams um den zurückgetretenen Vorstandsvorsitzenden Julian Teicke ist laut „Finance Forward“ ein Neuanfang mit einem neuen Management. Teickes eigene Rolle sei dabei ungewiss. Der Gründer antwortete auf Nachfrage des Onlineportals nicht, wie dieses berichtet.
Bei Zerschlagung profitiert vor allem Mubadala
Beim Vorschlag von Mubadala würde Wefox dagegen in zwei Einheiten aufgeteilt. Ardonagh würde dabei das Kerngeschäft übernehmen. Eine separate Firma mit der Tech-Plattform von Wefox und dem Schweizer Geschäft würde dann von den frühen Anteilseignern gehalten werden. Doch profitieren soll laut der Medienberichte von diesem Modell vor allem Investoren, die wie Mubadala ab dem Jahr 2022 dazugekommen sind. Sie hätten sich umfassend über sogenannte Liquidationspräferenzen abgesichert und würden aus den Verkaufserlösen vor den anderen Anteilseignern zuerst ausbezahlt.
Alles hängt an Neubesetzung des Aufsichtsgremiums
Doch Teicke und seine Mitstreiter Dario Fazlic und Fabian Wesemann glauben nun einen Hebel in der Durchsetzung ihrer Ziele in der Besetzung des Aufsichtsgremiums von Wefox gefunden zu haben. Das sogenannte „Board of Directors“, das die zentralen Richtungsentscheidungen für das Start-up trifft, umfasst neun Personen, darunter Gründer, Geldgeber und unabhängige Vertreter.
Rund zwei Wochen vor der Sitzung des Gremiums am 28. Juni setzen die Gründer alles daran, die Wiederwahl des neuen Wefox-Chefs Mark Hartigan und des Boardmitglieds Helen Heslop zu verhindern, wie es laut „Finance Forward“ aus dem Umfeld der Firma heißt.
Fällt neuen Chef Hartigan über Interessenkonflikt?
Hartigan sei zu nah an den Investoren, soll die Argumentation seiner Kritiker lauten. Der Brite war erst vor einigen Monaten in das Board eingezogen und übernahm im Frühjahr auch den Posten von Teicke. Wie auch DAS INVESTMENT berichtete, ist er dabei, Wefox zu zerschlagen und Teile zu veräußern. Ansonsten drohe die Insovenz.
Pikant: Die Tageszeitung „Daily Mail“ hatte berichtet, dass der Wefox-Vorstandsvorsitzende einen Bonus von 20 Millionen Pfund erhalten soll, wenn der Verkauf an Ardonagh gelingen würde.
Bei Heslop soll es ebenfalls einen Interessenkonflikt geben. Die Managerin sitzt auch im Beirat der LGT-Stiftung, die Liechtensteiner Privatbank gehört ebenfalls zu den Investoren von Wefox. Aus diesem Grund sei auch sie nicht unabhängig, so die Kritik der Wefox-Opposition um Teicke. Nach deren Auslegung müssten die unabhängigen Vertreter des Aufsichtsgremiums laut „Shareholder Agreement“ einstimmig nominiert werden.
Wefox wollte laut „Finance Forward“ den Konflikt nicht kommentieren. Nach Informationen des Mediums soll das Insurtech aber weiterhin planen, Heslop und Hartigan aufzustellen und die rechtliche Einschätzung der Gründer nicht teilen. Ein Ende der Wefox-Posse ist also nicht in Sicht.