Weiterentwicklung der E(W)U
Worauf es jetzt bei der Europäischen Union ankommt
Analysiert die Problemzonen der Währungsunion: GDV-Chefvolkswirt Klaus Wiener Foto: GDV
Nachdem die Europäische Union in den letzten Jahren unter anderem mit dem Brexit-Votum einige Rückschläge hat einstecken müssen, verzeichnete die EU zuletzt vor dem Hintergrund zunehmender globaler Spannungen wieder neuen Zuspruch. Vorschläge zur Weiterentwicklung der Union sowie des Euroraums nehmen mittlerweile einen breiten Raum in der politischen Diskussion ein.
Die Weiterentwicklung des Europäischen Stabilitätsfonds ESM zu einem Europäischen Währungsfonds (EWF) ist eine gute Idee. Europa ist groß genug, seine Probleme auch ohne Hilfe des IWF lösen zu können. Allerdings hat in der Staatsschuldenkrise die Expertise gefehlt, die ein IWF in vielen Jahren gesammelt und bewiesen hat. Zentrales Ele ment des IWF ist bei Hilfsmaßnahmen immer die Konditionalität. Finanzielle Hilfen werden nur gewährt, wenn ein Programmland weitreichende Strukturreformen akzeptiert. Dieses Element ist zentral und darf bei einem EWF nicht aufgeweicht werden. Der EWF sollte auch die laufende haushaltspolitische Überwachung der Mitgliedstaaten übertragen bekommen.
Die Vollendung der Bankunion mit einer vergemeinschafteten europäischen Einlagensicherung mag im Kern sinnvoll erscheinen, denn hiermit könnte vor allem die Gefahr eines „Sturms auf Banken“ (Bank Run) im Krisenfall verringert werden. Sie ist aber gerade mit Blick auf die Akzeptanz der Bürger ein sehr schwieriges Unterfangen. Dies gilt auch, wenn viele der derzeit genannten Voraussetzungen wie der Abbau der notleidenden Kredite in den Bankbilanzen, die Harmonisierung der bestehenden nationalen Einlagensicherungssysteme, die Eigenmittelunterlegung von Staatsanleihen (zur Reduzierung des Staaten-Banken-Nexus) oder eine gemeinsame Insolvenzordnung vorliegen.
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Die Weiterentwicklung des Europäischen Stabilitätsfonds ESM zu einem Europäischen Währungsfonds (EWF) ist eine gute Idee. Europa ist groß genug, seine Probleme auch ohne Hilfe des IWF lösen zu können. Allerdings hat in der Staatsschuldenkrise die Expertise gefehlt, die ein IWF in vielen Jahren gesammelt und bewiesen hat. Zentrales Ele ment des IWF ist bei Hilfsmaßnahmen immer die Konditionalität. Finanzielle Hilfen werden nur gewährt, wenn ein Programmland weitreichende Strukturreformen akzeptiert. Dieses Element ist zentral und darf bei einem EWF nicht aufgeweicht werden. Der EWF sollte auch die laufende haushaltspolitische Überwachung der Mitgliedstaaten übertragen bekommen.
Die Vollendung der Bankunion mit einer vergemeinschafteten europäischen Einlagensicherung mag im Kern sinnvoll erscheinen, denn hiermit könnte vor allem die Gefahr eines „Sturms auf Banken“ (Bank Run) im Krisenfall verringert werden. Sie ist aber gerade mit Blick auf die Akzeptanz der Bürger ein sehr schwieriges Unterfangen. Dies gilt auch, wenn viele der derzeit genannten Voraussetzungen wie der Abbau der notleidenden Kredite in den Bankbilanzen, die Harmonisierung der bestehenden nationalen Einlagensicherungssysteme, die Eigenmittelunterlegung von Staatsanleihen (zur Reduzierung des Staaten-Banken-Nexus) oder eine gemeinsame Insolvenzordnung vorliegen.
Wichtig ist nämlich, dass die Bedingungen nicht nur zum Start eines gemeinsamen Vorhabens erfüllt sind. Genauso wichtig ist, dass sie dauerhaft erfüllt werden. Die Einhaltung der Konvergenzkriterien zu Beginn der Währungsunion und die sich anschließenden Brüche in den Folgejahren sind hier mahnendes Beispiel. Gerade als Versicherer, die den Umgang mit Risiken gewohnt sind, ist uns dabei der Unterschied zwischen dem propagierten risk sharing und einem faktischen burden sharing sehr bewusst.
Wohl bedeutendste Aufgabe für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung der EU wird die Schaffung des digitalen Binnenmarktes sein, denn keine andere Technologie wird das Leben der Menschen in den kommenden Jahren so stark verändern wie die Digitalisierung. Seitens der EU ist dabei ein regulatorischer Rahmen zu etablieren, der Innovationen in neue Technologien fördert, dabei aber auch die Interessen der Verbraucher (Stichwort: Datenschutz) und der Wirtschaft (Stichwort: Level Playing Field) berücksichtigt.
Bereits heute weisen die digitale Infrastruktur und die Anbieterlandschaft der EU im Vergleich zu Ländern wie den USA oder China erhebliche Defizite auf. Von den zehn größten Techfirmen weltweit kommt keine aus Europa. Damit diese Lücke geschlossen wird, ist eine digitale Strategie erforderlich, deren Umsetzung mit mehr Energie angegangen werden muss. Die Lissabon- Strategie des Jahres 2000, mit deren Hilfe die EU bis zum Jahr 2010 zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensgestützten Wirtschaftsraum der Welt gemacht werden sollte, ist hier nur bedingt ein Vorbild.
Autor Klaus Wiener ist Chefvolkswirt und Mitglied der Geschäftsführung des GDV. Autor Rolf Ketzler ist beim GDV für Vokswirtschaft und Finazmärkte zuständig.
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