Verweigerte Zahlungen aus Betriebsschließungsversicherungen (BSV-Versicherung) waren das Aufreger-Thema 2020. Denn viele Gastronomen, die 2020 im Zuge der Corona-Lockdowns schließen mussten und gegen Betriebsunterbrechung versichert waren, bekamen kein Geld von ihrer Versicherung. Versicherungen wie die BSV seien nicht für Pandemien ausgelegt, erklärt Fred Wagner, Professor am Institut für Versicherungswissenschaften an der Universität Leipzig. Bei der Entwicklung solcher Produkte habe man eher an behördlich angeordnete Schließungen infolge zum Beispiel einer Salmonelleninfektion gedacht. Daher würden die Versicherer auch im Verhältnis zur Deckungssumme sehr niedrige Prämien erheben. Damit, dass der Schaden bei fast 100 Prozent aller Versicherten eintritt, hätten die Versicherer vor der Pandemie nicht gerechnet. Daher hätten auch nur die wenigsten für diesen Fall in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) vorgesorgt.
Die geschädigten Gastronomen sahen das verständlicherweise anders. Ihre Klagen auf die Leistung der BSV-Versicherung wurden unterschiedlich entschieden. Um hier zumindest für die Zukunft Klarheit zu schaffen, stellte der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) Ende 2020 seinen Mitgliedern unverbindliche Musterbedingungen für die BSV zur Verfügung. Sie regeln, in welchen Fällen behördlich angeordnete Betriebsschließungen aufgrund von Krankheiten oder Krankheitserregern versichert sind und in welchen nicht.
Kollektiv-Prinzip funktioniert in Kriegszeiten nicht
Bei militärischen Konflikten sieht das anders aus. Kriege, innere Unruhen und ähnliche schwerwiegende Ereignisse werden in den Versicherungsbedingungen ausgeschlossen. Dazu dienen sogenannte Kriegsausschlussklauseln. „Versicherungen basieren auf einem Risikoausgleich im Kollektiv“, sagt Wagner. Alle Versicherten bezahlen Prämien und finanzieren damit die Leistungen für relativ wenige, die zu Schaden kommen. In Pandemie- und Kriegszeiten funktioniere dieses Prinzip nicht.
Im März 2022, bereits wenige Wochen nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs, erklärten viele Cyber-Versicherer, dass sie nicht für Schäden durch russische oder ukrainische Hacker zahlen würden. Sie bezeichneten diese als Kriegsrisiken, die in den Policen ausgeschlossen sind. Allerdings ist dem GDV laut Wirtschaftswoche bisher kein Fall in Deutschland bekannt, in dem sich ein Versicherer auf den Kriegsausschluss berufen hätte.
Und wie sieht es mit physischen Schäden aus, zum Beispiel infolge der Zerstörung des Kachowka-Staudamms? Der Damm und der Stausee versorgten die Bevölkerung und die Landwirtschaft in der Südukraine mit Frischwasser. Am Dienstag wurde der Damm gesprengt und die umliegenden Ortschaften überflutet. Der dadurch entstandene wirtschaftliche Schaden ist enorm. Die Ukraine und der Westen machen Russland für die Damm-Zerstörung verantwortlich.
Krieg nicht versicherbar, weil „ruinös“
In den wichtigsten Sparten wie Personen- oder Sachversicherungen seien Kriegsschäden ausgeschlossen, zitiert Wirtschaftswoche den Munich-Re-Chef Joachim Wenning. Krieg sei nicht versicherbar, „weil er ruinös ist.“
Im konkreten Fall der Staudamm-Sprengung in der Donbass-Region würden zudem auch Sanktionen gegen Russland einer Regulierung und Auszahlung von Versicherungsleistungen entgegenstehen, erklärte Allianz gegenüber dem Blatt. Zumindest so lange, wie die Region von Russland besetzt wird.
Versicherer trägt die Beweislast
Doch nicht alle Objekte, die sich in einem Kriegsgebiet befinden, seien nicht versichert, heißt es von HDI. Denn Schäden, deren Ursache nachweislich nicht auf die Kriegshandlungen zurückzuführen ist, seien weiterhin durch die Versicherung gedeckt. Nur Schäden, die aufgrund der Kriegshandlungen entstanden seien, seien ausgeschlossen.
Als Beispiel nennen Versicherungsexperten einen Rohrbruch in der ukrainischen Niederlassung eines internationalen Konzerns. Dieser sei grundsätzlich versichert – es sei denn, das Rohr wäre infolge von russischen Luftangriffen beschädigt worden. Die Beweislast liege dabei beim Versicherer, erklärt Thomas Hergarten, Spartenleiter Sachversicherungen bei der Deas Deutsche Assekuranzmakler. Nur wenn der Versicherer nachweisen kann, dass der Schaden durch Kriegseinwirkung entstanden sei, greife der Kriegsausschluss.
AGCS und Liberty Specialty Markets mit Kriegsversicherungen
Unternehmen, die sich gezielt gegen Kriegsfolgen absichern möchten, können eine spezielle Police abschließen. So bietet beispielsweise die Allianz-Tochter AGCS (Allianz Global Corporate & Specialty) die Deckung für Risiken durch Terror und politische Gewalt an. Die Police unterscheidet zwischen dem Basisschutz, der nur bei Terrorismus und Sabotage greift und vollem Schutz, der darüber hinaus Kriege und Bürgerkriege, organisierten Aufruhr, Meuterei, Revolution und ähnlichen Ereignisse abdeckt.
Darüber hinaus können Kunden zusätzliche Bausteine wie Schäden infolge von nuklearen, chemischen, biologischen und radiologischen Angriffen, Betriebsunterbrechungsschäden durch behördliche Terrorwarnungen oder Schäden durch Amoklauf abschließen. Auch der Spezialversicherer Liberty Specialty Markets, eine Tochtergesellschaft der Liberty Mutual Insurance Group, bietet solche Kriegsversicherungen an.

