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Weltneuheit: Stockholms Obdachlose nehmen Kreditkarten

In der bargeldlosesten Gesellschaft der Welt wurden die wohnungslosen Straßenverkäufer des Kulturmagazins Situation Stockholm jüngst mit Kartenlesern ausgerüstet, um Spenden ihrer Landsleute zu akzeptieren. Das ist nach Aussage ihrer Arbeitgeberin eine Weltneuheit.

“Immer mehr unserer Verkäufer kommen auf uns zu und sagen, dass die Leute kein Bargeld haben - das hören wir schon seit langem”, erklärt Pia Stolt, die Chefin des Magazins, in einem Telefoninterview mit Bloomberg News. “Das wurde frustrierend - aber jetzt haben sie das Gefühl, sie können eine Möglichkeit anbieten, die Zeitschrift zu kaufen.”

Schweden war 1661 das erste Land in Europa, das Geldscheine eingeführt hat. Doch mittlerweile setzt die technisch versierte Bevölkerung auch angesichts des stabilen Finanzsystems immer stärker auf den digitalen Zahlungsverkehr.

Nach Angaben der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich standen im Jahr 2012 Scheine und Münzen für nur 2,7 Prozent der schwedischen Wirtschaft, verglichen mit 9,8 Prozent im Euroraum und 7,2 Prozent in den Vereinigten Staaten. Und einigen Schweden geht das noch nicht weit genug.

“Wir könnten und sollten die erste bargeldlose Gesellschaft der Welt sein”, wird Björn Ulvaeus, ehemaliges ABBA-Mitglied, auf der Webseite eines Stockholmer Museums zitiert, das der schwedischen Pop-Band gewidmet ist.

"Situation Stockholm" kostet 50 Kronen (etwa 5,70 Euro), wovon die Hälfte an den obdachlosen Verkäufer geht. Das Magazin, das Titelgeschichten über schwedische Prominente wie Popstar Robyn und Schauspielerin Noomi Rapace veröffentlicht, kann bereits per SMS gekauft werden. Durch die Nutzung der Kartenleser von iZettle, einem schwedischen Anbieter mobiler Zahlungslösungen, will das Magazin sein Umsatzwachstum steigern.

“Früher haben alle gesagt, dass sie kein Bargeld dabei hätten, oder dass sich nicht mit ihrem Handy bezahlen können, weil es ein Geschäftstelefon sei. Jetzt aber kommen sie nicht mehr drum herum”, sagt der Magazinverkäufer Stefan Wikberg mit einem Lächeln, während er am U-Bahn-Ausgang des Stockholmer Hauptbahnhofs steht. “Ich nehme Karten, SMS-Zahlungen, Cash, und man kann auch in Dollar oder Euro bezahlen.”

Wikberg, der seit 1999 für Situation Stockholm arbeitet, geht davon aus, dass die Umsätze um 20 Prozent anziehen könnten, wenn die Kartenleser bei mehr Verkäufern eingeführt werden. Bisher wurden fünf der 350 Straßenverkäufer mit den Geräten ausgerüstet. Da sich das Programm aber bereits in der Testphase positiv auf die Umsätze ausgewirkt hat, soll es auf breiterer Front eingeführt werden.

Für einige schwedische Einzelhändler gehört Bargeld bereits der Vergangenheit an. Zu ihnen zählen unter anderem der Betten- und Schlafzimmerverkäufer Kungsängen, die Mobilfunkkette 3 und der Telekomkonzern TeliaSonera.