Volkswirt Ulrich Kater
Weltwirtschaft zieht wieder an
Ulrich Kater ist Chefvolkswirt der Dekabank. Foto: Dekabank
In der Wirtschaft lauern weiter Inflationsgefahren, die Zinsen bleiben positiv. Der risikofreie Realzins ist mit 0 Prozent im historischen Vergleich jedoch immer noch niedrig. Hier sagt Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater, was er vom Kapitalmarktjahr 2023 erwartet.
Das neue Aktienmarktjahr ist freundlich gestartet. Leider leiden alle Börsenregeln, die aus den ersten Handelstagen Aussagen für das gesamte Jahr ableiten, unter dem Schicksal, das für die meisten saisonalen Börsenregeln gilt: Sie stimmen nicht.
An den Finanzmärkten ist im vergangenen Jahr eine 30-jährige Kapitalmarktphase beendet worden, die als Goldilocks-Zeit in die Geschichtsbücher eingehen dürfte. Sie war gekennzeichnet durch niedrige Inflation, massive geld- und fiskalpolitische Impulse sowie negative Zinsen und massive Aufkäufe von Anleihen durch die Notenbanken. Das Wachstum war kräftig und wurde nur unterbrochen von schweren, aber dank massiver Konjunkturprogramme schnell bewältigten...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Das neue Aktienmarktjahr ist freundlich gestartet. Leider leiden alle Börsenregeln, die aus den ersten Handelstagen Aussagen für das gesamte Jahr ableiten, unter dem Schicksal, das für die meisten saisonalen Börsenregeln gilt: Sie stimmen nicht.
An den Finanzmärkten ist im vergangenen Jahr eine 30-jährige Kapitalmarktphase beendet worden, die als Goldilocks-Zeit in die Geschichtsbücher eingehen dürfte. Sie war gekennzeichnet durch niedrige Inflation, massive geld- und fiskalpolitische Impulse sowie negative Zinsen und massive Aufkäufe von Anleihen durch die Notenbanken. Das Wachstum war kräftig und wurde nur unterbrochen von schweren, aber dank massiver Konjunkturprogramme schnell bewältigten Krisen. Der jetzige abrupte Regimewechsel wurde insbesondere bei Anleihen deutlich. Mit Wertverlusten bei deutschen Staatsanleihen von gut 10 Prozent war 2022 das schlechteste Rentenjahr überhaupt.
Kommt die alte Umgebung von Disinflation, Deflationsgefahren und Nullzinsen wieder zurück? An den Kapitalmärkten gibt es anscheinend Hoffnungen in diese Richtung. Darauf deuten etwa die negativen Zinsstrukturkurven in vielen Währungen hin. Solchen Hoffnungen könnten zur großen Enttäuschung des Jahres 2023 werden. Die Null- und Negativzinspolitik der zurückliegenden Jahre waren eher die Ausnahme als die Regel. Sie erwuchsen aus einer außergewöhnlichen Kombination von preisnegativen Schocks (Finanz- und Corona-Krise) in einer durch die Globalisierung ohnehin inflationsgedämpften Welt. Diese Kombination ist jedoch Vergangenheit.
Das neue Kapitalmarktregime ist gekennzeichnet durch latente Inflationsgefahren, die dafür sorgen, dass die Zinsen weiterhin positiv bleiben werden. Der risikofreie Realzins bleibt mit 0 Prozent im historischen Vergleich jedoch auch im neuen Regime sehr niedrig.
Der Blick auf das Kapitalmarktjahr 2023 ist trotzdem vorsichtig optimistisch. Für die europäischen Volkswirtschaften, insbesondere für die deutsche Volkswirtschaft, hilft eine milde Witterung in diesem Winter wohl, die unmittelbaren Konjunkturrückgänge zu dämpfen. Die Weltwirtschaft insgesamt dürfte im Jahr 2023 wieder anziehen, vor allen Dingen dann, wenn in China die Infektionswellen aufgrund der abrupten Corona-Lockerungen abgeklungen sind. Die Inflationsraten werden sinken, und dies bietet zusammen mit immer noch günstigen Zinssätzen mittelfristig wieder gute Aussichten für die Aktienmärkte.
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