Kfz-Versicherungen Wem gehören die Daten einer Telematik-Police?
Wirtschaftlich relevante Daten
Positiv zu einem möglichen Treuhändermodell äußerte sich auch Versicherungsvorstand Rheinländer. Er führte zudem an, dass bei diesem Thema zwischen zwei Bereichen zu unterscheiden sei: zwischen sicherheitsrelevanten und wirtschaftlich relevanten Daten. Höchste Anforderungen an Datensicherheit forderte Rheinländer für die sicherheitsrelevanten Daten. Vernetzte Fahrzeuge müssten sicher sein vor ungewünschter Datenübermittlung sowie vor Manipulationen. Bei den wirtschaftlich relevanten Daten wiederum müsse Wettbewerbsgleichheit für alle Teilnehmer am Mobilitätsmarkt sichergestellt werden, sagte Rheinländer. Nach seiner Meinung wäre es erfreulich, wenn ein Datentreuhänder käme, doch das sieht er noch nicht, wie er beim Goslar Diskurs erklärte. Losgelöst davon gelte es, in jedem Fall faire Regelungen für die wirtschaftlich relevanten Daten zu finden, damit hier keine Monopolstrukturen entstehen.
Für freien Zugang auf den Datenschatz der Autofahrer, um Innovationen zu ermöglichen, sprach sich beim Goslar Diskurs auch Ellen Enkel aus, die an der Universität Duisburg-Essen den Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Mobilität innehat und das Institut für Mobility Transformation (Motion) unterstützt. Nur bei einem nicht-eingeschränkten Wettbewerb um Mobilitätsdaten könnten auch andere Anbieter ganz neue kundenorientierte Services entwickeln, erklärte Enkel. Sie berichtete von einer aktuellen Konkurrenz zwischen Unternehmen, die eine Plattform anbieten wollen, auf der Mobilitätsdaten angeboten werden – allerdings gegen Bezahlung. Zurzeit werde an unterschiedlichen Modellen von Plattformen gearbeitet, erläuterte die Wissenschaftlerin. Dabei stelle die Bewertung der Daten ein wesentliches Problem dar.
Enkel ließ keinen Zweifel daran, dass die zukünftigen Geschäftsmodelle rund um Mobilität datenbasiert sein werden. Sie plädierte dafür, dass verschiedene Unternehmen und sogar Branchen gemeinsam Innovationen vorantreiben und neue Angebote entwickeln sollten. Die Automobilindustrie müsse sich viel stärker als Mobilitätsindustrie verstehen, die dem Kunden mehr biete als nur den Kauf eines Neuwagens, forderte die Expertin. Aus ihrer Sicht könnte es der Automobilindustrie mit digitalen Plattformen gelingen, den Kunden nicht nur das Angebot eines Herstellers zur Verfügung zu stellen, sondern auch die Mobilitätsangebote anderer Player als Produkte oder Dienstleistungen.
Hallo, Herr Kaiser!
Wichtige Trends verschlafen
Doch auch in dieser Hinsicht habe die klassische Autobranche in Deutschland einige Trends verschlafen, konstatierte der ehemalige Central Europe Director für das Europageschäft des US-Elektroautobauers Tesla, Jochen Rudat, der seit 2020 die Beratungsgesellschaft Muchbetterelectric betreibt. Bei der Monetarisierung von Daten machten neue Player das Rennen, sagte Rudat beim Goslar Diskurs, wie etwa die Start-ups, die sich mit Software und Robotik auskennen. In dem Bereich gebe es weltweit 150 Start-ups, die insgesamt mit rund 500 Milliarden Investments arbeiten könnten, berichtete der Experte. Diese neuen Player könnten hier viel fokussierter vorangehen als die klassischen Hersteller.
Allerdings dürfe man die deutschen Hersteller nicht über einen Kamm scheren, schränkte Rudat ein, denn einige seien schon weiter, während andere noch zurückhängen. Aber es gehe grundsätzlich in die richtige Richtung, stellte er der Branche ein durchwachsenes Zeugnis aus. Der Branchenkenner wies zudem darauf hin, dass die Beschwerden über Autohersteller meist von Datenschützern ausgingen und nicht von Kunden selbst. Daher könnte es aus seiner Sicht viel helfen, wenn die Autoindustrie von sich aus mehr Transparenz schaffen würde, etwa welche Daten erhoben, wofür verwendet und ob sie gespeichert werden. Da müssten die Autohersteller proaktiv auf die Kunden zugehen, appellierte Rudat an die Branche. Denn Studien hätten gezeigt, dass Kunden eher bereit seien, ihre Daten zur Verfügung zu stellen, wenn sie darüber informiert sind, was mit ihren Daten geschieht, hob auch er hervor. Zum Thema Treuhändermodell riet der Experte, sich neuen Technologien nicht zu verschließen, wie etwa der Blockchain-Technologie.