LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche

Themen-Experte Aus Tradition die Zukunft im Blick

ANZEIGE
ANZEIGE

Jahr der Wendepunkte „Historisches Fenster am Markt für Unternehmensanleihen“

Windpark bei Bad Wünnenberg
Windpark bei Bad Wünnenberg: Die Bedingungen für erneuerbare Energien haben sich verbessert. Für Anleger in Europa bieten sich dadurch gute Gelegenheiten. | Foto: Imago Images / Jochen Tack
Gergely Majoros, Carmignac

Inflation, Zinsstraffung, Null-Covid-Politik in China: „2022 war ein Jahr der Wendepunkte an den Finanzmärkten“, sagt Gergely Majoros, Mitglied des Investment Komitees von Carmignac. „Das Jahr hat extrem volatil angefangen – sogar bei sogenannten risikolosen Aktiva wie Bundesanleihen oder US-Treasuries war eine große Volatilität zu beobachten. Diese Volatilität ist in den vergangenen Wochen zurückgegangen. Auch die Zentralbanken sorgen immer mehr dafür, dass die Märkte sich beruhigen. Wir bei Carmignac sind der Meinung, dass die Zinsen bei Staatsanleihen ihren Höhepunkt erreicht haben“, führt Majoros aus.

Auch bei der Inflation, dem wahrscheinlich wichtigsten Thema für die Märkte, scheine in Europa und den USA erstmal ein Höhepunkt erreicht zu sein. „Dennoch glauben wir, dass es Jahre dauern wird, bis die Inflation wieder auf die 2-Prozent-Marke zurückkehrt“, sagt Majoros.

Rezession löst Inflation ab

Auch bei der Zentralbankpolitik spricht der Carmignac-Stratege von einem Wendepunkt. „Wir müssen davon ausgehen, dass die Straffung bei den nächsten Meetings fortgesetzt wird. Aber die Aggressivität der Straffung wird sich beruhigen. Das heißt, statt 75 werden wir in Zukunft eher Zinserhöhungen um die 50 Basispunkte sehen.“

Das bedeutet: „In den nächsten Monaten wird die Inflation nun wahrscheinlich in den Hintergrund rücken und stattdessen die Konjunktur, beziehungsweise die Rezession, im Vordergrund stehen“, erläutert Majoros. Wir erwarten eine globale Verlangsamung, die etwa in der Größenordnung von 3 Prozent globales Wachstum für dieses Jahr und 1,8 Prozent für nächstes Jahr liegt.“ Für Europa gehen die Carmignac-Experten davon aus, dass die Rezession bereits in den kommenden Monaten einsetzen wird. Hauptgrund dafür sei der Energieschock.

Konsumenten ziehen US-Wirtschaft noch

„In den USA erwarten wir die Rezession erst in der zweiten Jahreshälfte 2023“, ergänzt Majoros. „Dabei ist zu betonen, dass wir hier im Vergleich zum Konsens eine konträre Meinung vertreten. Bei uns beginnt sie später und insbesondere 2024 werden wir in den USA unserer Meinung nach eine negative Zahl sehen, was das BIP-Wachstum angeht. Der Hauptgrund ist, dass die Konsumenten, die USA-Wirtschaft als Lokomotive noch eine Zeit lang ziehen werden. Wir glauben, dass es eine viel schwierigere Arbeitsmarksituation braucht, um die Inflation langfristig zu bekämpfen, das heißt Arbeitslosigkeitsniveaus von 5 Prozent oder mehr, da sind wir heute lange nicht, da ist die Wirtschaft viel zu stark für.“

 

In China entstehe im Gegensatz dazu gerade eine positive Dynamik. „Es gibt eine leichte Konjunkturerholung und wir denken, dass es 2023 über die nächsten Quartale langsam immer besser wird. Das Ende der Null-Covid-Politik im Winter wird zwar sehr steinig, aber der Trend ist positiv – zwar ohne großes Wachstum, aber positiv.“

Opportunitäten bei Anleihen wahrnehmen

 Alexandre Deneuville, Carmignac

Für globale Portfolios hält Majoros China selektiv daher für eine gute Idee. „Wir sind noch nicht komplett über den Berg, aber viele Wendepunkte unterstützen den Markt. Wir sind weiter sehr, sehr wachsam, aber auch konstruktiver geworden und wollen Opportunitäten nach vorne wahrnehmen.“

Opportunitäten bieten sich insbesondere im Bereich Anleihen. „Wir haben ein historisches Fenster an Möglichkeiten am Markt für Unternehmensanleihen“, ist Alexandre Deneuville, Co-Fondsmanager des Carmignac Portfolio Credit (ISIN: LU1623762843), überzeugt. „Das Timing ist gut, weil viele negative Erwartungen bereits eingepreist sind. Selbst wenn die Renditen etwas zurückgehen, werden sie immer noch hoch genug sein, um eventuelle Ausfälle auszugleichen. Die Möglichkeiten waren noch nie so gut.“

Risiko nutzen, um Geld zu verdienen

Mark Denham, Carmignac

Ein Grund für die guten Chancen sind aus Deneuvilles Sicht die Risiken: „Kreditmärkte können nur effizient funktionieren, wenn die Menschen sich um Ausfälle sorgen. Das war in den vergangenen Jahren nicht so. Risiko ist kein schlechtes Wort, es ist etwas, was wir dazu nutzen, um Geld zu verdienen. Man muss sich nur immer bewusst machen, was man verlieren könnte und wie hoch die Risikokosten sind. Aktuell ist der Durchschnittsertrag sehr hoch.“

Da auch Deneuville die Gefahren der aufkommenden Rezession sieht, bleiben er und sein Team vom Carmignac Portfolio Credit dennoch abgesichert und halten in ihrem Fonds weiter 20 Prozent an Sicherheiten.

Abgesichert bleibt auch Mark Denham, der gemeinsam mit Keith Ney den Carmignac Portfolio Patrimoine Europe (ISIN: LU1744628287) managt. „Wir sind der Ansicht, dass die Prognosen für Europa zu optimistisch sind. Deswegen haben wir das Risiko im Portfolio runtergefahren“, erläutert Deham. „Aufgrund der Value-Rotation haben in diesem Jahr viele hochqualitative Unternehmen verloren. Wir müssen aber schauen, welche Unternehmen langfristig die besten Aussichten bieten.“

Europa: Erneuerbare Energien bieten Chancen

Ein Thema, das der Fondsmanager für 2023 auf dem Schirm hat, sind erneuerbare Energien. „In diesem Bereich ist Europa weltweit führend“, sagt Denham. „Interessanterweise lief der Sektor über die vergangenen zwei Jahre schrecklich. Das lag unter anderem an Lieferkettenschwierigkeiten, steigenden Zinsen und der regulatorischen Unsicherheit. Die Titel sind 40 bis 50 Prozent gefallen.“ Aber die Zeiten ändern sich. Der schlimmste Zinsanstieg ist überstanden und die Lieferketten sind wieder stabiler. „Deswegen denken wir, dass jetzt ein guter Zeitpunkt ist, seine Position in erneuerbaren Energien auszubauen und genau das machen wir gerade.“

Ein weiteres interessantes Nischenthema in Europa ist aus Sicht des Fondsmanagers Biotechnologie. „Mit Argenex haben wir in den vergangenen vier Jahren 600 Prozent erwirtschaftet. Auch im Bereich Industrie präferieren wir die Nischen.“

Defensive Aktien bevorzugt

Und wie stellen sich die Flaggschiffe Carmignac Patrimoine (ISIN: FR0010135103) und Carmignac Investissement (ISIN: FR0010148981) für 2023 auf?  

„Die Aktienmärkte haben in letzter Zeit schon deutlich korrigiert. Die Bewertungsniveaus, die sogenannten KGVs, sind schon deutlich niedriger als noch vor zwölf Monaten, und zwar in allen Regionen dieser Welt“, erläutert Majoros. „Das Problem werden also nicht mehr die Bewertungsniveaus sein, sondern die Ergebniserwartungen nach vorne. Wir glauben, da wird in den nächsten Monaten leider noch einiges passieren müssen, insbesondere in Europa und den USA. Beimischungen aus China, wo die Gewinnerwartungen schon korrigiert wurden, und Japan, wo die zukünftigen Gewinne vom schwachen Yen gestützt werden, scheinen vor diesem Hintergrund sinnvoll und wurden von uns auch schon getätigt. Aber weil Europa und die USA weiterhin die großen Blöcke bleiben, bleiben wir auch weiterhin vorsichtig und eher defensiv aufgestellt. Der Gesundheits- oder auch der Konsumgütersektor scheinen vor diesem Hintergrund passend.“

Trend in China positiv

Auf der Anleiheseite sehen die Märkte demgegenüber wirklich attraktiv aus, weil es überall wieder gewisse Prämien gebe. „Der Bereich, wo man am meisten Attraktivität sieht, sind Unternehmensanleihen. Aber auch bei länger laufenden Staatsanleihen gibt es wieder positive nominale, aber auch reale Zinsen“, sagt Majoros. „Beim Carmignac Patrimoine haben wir angesichts der aktuellen Situation viele Absicherungen aufgelöst. Die Aktienquote liegt bei 39 und die Anleihequote bei 32 Prozent. Cash macht 29 Prozent des Portfolios aus.“

Beim Carmignac Investissement sind einige Titel wie beispielsweise Booking.com, Stryker, Marvell, John Deere und Alibaba neu hinzugekommen. „Insgesamt sind wir also nach wie vor im Technologiebereich vertreten, allerdings nicht mehr so stark wie zuvor, da wir nun auch auf Value setzen“, erläutert Majoros. „China ist für uns weiter ein Thema. Wir sind da bislang noch nicht allzu stark investiert, können uns aber vorstellen, unsere Position auszubauen, wenn der Trend anhält, da die Bewertungen sehr attraktiv sind.“

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen