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Robert Halver zu EZB-Maßnahmen Wenn die europäische Krisenrettung Krisen hervorruft

Spaziergänger vor der Europäischen Zentralbank EZB
Spaziergänger vor der Europäischen Zentralbank EZB: Die Währungshüter üben sich seit Jahren im Krisenmanagement | Foto: Imago Images / Hannelore Förster

Nach der Finanz-, Währungs- und Wirtschaftskrise 1997/1998 in Fernost verhinderten die Notenbanken, dass sich die Weltkonjunktur mit dem Asien-Virus infiziert. Doch waren diese Liquiditätsgaben mitverantwortlich für die spätere Internet-Blase. Nach ihrem Zusammenbruch musste billiges Geld erneut realwirtschaftliche Folgeschäden verhindern.

Der Preis dieser großzügigen Rettung war die anschließende Immobilienblase, die schließlich über die Lehman-Pleite eine gewaltige Finanzkrise lostrat. Um bloß keinen Systemcrash zu riskieren, gab die EZB so richtig Vollgas. Allerdings rettete man nicht nur die Konjunktur und Börsen vor dem Super-GAU, sondern ebenso viele Spekulations-Glücksritter, die im neuem Vollrausch auch neue Blasen aufpusteten. 

Als fatale Nebenwirkung wurde in Europa die eiserne Stabilitätsunion eingeschmolzen und als Romanische Schuldenunion neu gegossen. Sparen und solide Staatsfinanzen wollte man den Bevölkerungen in angeschlagenen Euro-Staaten nicht mehr zumuten.

Sie tendierten bereits zu extremen Parteien, die die Axt am europäischen Gemeinschaftswerk anlegten. Wäre es z.B. zum Italexit gekommen, wäre die Eurozone zusammengefallen wie ein frisch gebackenes Soufflé, das man plötzlich der Kälte aussetzt. Und so begann der nicht enden wollende Tag der offenen europäischen Tür für ungehemmte Schuldenmacherei.  

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Irgendwann kam die Schuldentragfähigkeit der Euro-Staaten an ihre Grenzen. Doch die Wunderheiler der EZB kannten eine Wundermedizin. Schuldenaufkäufe sind zwar ein hoch toxisches Stabilitätsgift. Doch frisst der Teufel in der Not Fliegen. In der Politik spricht man von „alternativlos“.  

Die EZB weiß, dass die Anleihenblase längst die Mutter aller Blasen ist. Hinter ihr können sich alle vorherigen Bubbles zusammen mühelos verstecken. Würde sie platzen, machte es Puff, Peng, Paff und unser Finanzsystem ginge in die ewigen Jagdgründe ein. Schon aus diesem Grund wird Europa nie mehr eine normale Geldpolitik erleben können.

Und spätestens mit der Corona-Krise wurden auch noch die letzten europäischen Stabilitätsreste entsorgt. Sicher, die Wirtschaftsleistung brach im Frühjahr 2020 stärker ein als zur Zeit der Weltwirtschaftskrise ab Ende der 1920er. Da wollte die EZB nicht der „Stinkstiefel“ sein, der sich weigert, die gewaltigen kreditfinanzierten Staatsausgaben zu stemmen.

Die Kehrseite der geldpolitischen Spendierhosen ist jedoch folgenschwer: Wie der Hund für Frauchen oder Herrchen wurde die EZB zum besten Freund einer ausgabefreudigen Fiskalpolitik. Aus dem früheren Kampfhund der (Preis-)Stabilität wurde der Apportierhund der Finanzpolitik. So viel zum Thema Unabhängigkeit.

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