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Wertentwicklung des Euro Kommt Inflation oder Deflation?

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesfinanzminister Olaf Scholz bei der Vorstellung des jüngsten Konjunkturpakets: Wie sich die Teuerung langfristig entwickelt, hängt vor allem vom Zusammenspiel von Geld- und Haushaltspolitik ab.
Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesfinanzminister Olaf Scholz bei der Vorstellung des jüngsten Konjunkturpakets: Wie sich die Teuerung langfristig entwickelt, hängt vor allem vom Zusammenspiel von Geld- und Haushaltspolitik ab. | Foto: imago images / photothek
Carsten Roemheld, Kapitalmarktstratege bei Fidelity International

Nach Jahren relativ niedriger, aber stetiger Inflation sorgt die Corona-Krise nun für Verunsicherung. Durch den gleichzeitigen Einbruch von Nachfrage und Angebot und die entschlossene Reaktion von Zentralbanken und Regierungen wirken unzählige Faktoren auf die Teuerungsrate ein. Einige begünstigen steigende Preise, andere eher fallende.

Die Entwicklung möglicher Zukunftsszenarien ist komplex, aber wichtig: Kaum etwas wird die Märkte in den kommenden Monaten und Jahren so stark und großflächig beeinflussen wie die Entwicklung der Inflation. Solche Szenarien zeigen Anlegern auch, wie sie sich vorbereiten können.

Die nächsten zwölf Monate

Der Wirtschaftseinbruch infolge der Corona-Pandemie ist in der neueren Geschichte einzigartig. In vielen Branchen ist ein großer Teil der Nachfrage verpufft – bei Gastronomie und Tourismus durch die Einschränkungen zur Bekämpfung der Pandemie, bei Luxus- und langlebigen Gebrauchsgütern etwa durch die schrumpfende Kaufkraft und die größere Vorsicht der Verbraucher. Kurzarbeit und Entlassungen lasten auf dem Arbeitsmarkt. Viele dürften jetzt lieber sparen als konsumieren. Auch wenn sich Volkswirtschaften wieder öffnen, dürften die weiterhin geschwächte Nachfrage und überschüssige Lagerbestände Preisdruck ausüben.

Zwar begünstigen die riesigen Konjunkturprogramme und Liquiditätsspritzen der Zentralbanken steigende Preise. Und an den Stellen, da Lieferketten durch die Pandemie unterbrochen sind, werden Waren eher teurer – so etwa im Lebensmittelsegment. Wir halten den Abwärtsdruck jedoch für größer. Das zwingt die kurzfristigen Inflationserwartungen in die Knie: Weltweit rechnen wir mit einer sehr geringen Inflation, in einigen Ländern sogar mit einer Deflation.

In ein bis drei Jahren

Viele Beobachter glauben, dass sich die Weltwirtschaft schneller von der Corona-Krise erholen kann als etwa von der globalen Finanzkrise 2008 und 2009. Den kurzfristig ausgefallenen Konsum könnten Verbraucher schnell nachholen, wenn Wirtschaft und Grenzen wieder offen sind. Mit einer Erholung der Weltwirtschaft würden auch die Ölpreise wahrscheinlich wieder steigen. Sollte es in stark beeinträchtigten Branchen wie der Luftfahrt zur Konsolidierung kommen, könnte das steigende Preise, zum Beispiel für Flugtickets, zur Folge haben – allesamt Faktoren, die die Inflation begünstigen.

Doch noch ist ungewiss, ob es zu weiteren Infektionswellen kommen wird und wann ein Impfstoff verfügbar ist. Selbst nach dem Ende der Pandemie werden viele Volkswirtschaften ihre Kapazitäten noch nicht wieder voll auslasten können. Am geschwächten Arbeitsmarkt könnten die Löhne tendenziell sinken, und Verbraucher würden weiterhin sparen und eher zurückhaltend konsumieren.

Zusätzliche Konjunkturprogramme dürften mit der Zeit an Schlagkraft verlieren. Mit ihren Hilfsprogrammen haben sich Staaten zudem so sehr verschuldet, dass vielerorts Sparprogramme erwogen werden könnten. All das würde auch mittelfristig für eine sinkende Inflation oder gar eine Deflation sorgen.

In drei Jahren und danach

Wie sich die Teuerung langfristig entwickelt, hängt vor allem vom Zusammenspiel von Geld- und Haushaltspolitik ab. In Ländern mit schwachen Zentralbanken droht eher eine hohe oder gar Hyperinflation, vor allem wenn Interesse daran besteht, die staatliche Schuldenlast mithilfe der Inflation zu bekämpfen. Staaten, die ihre Schulden hingegen mit einer strengen Sparpolitik tilgen wollen, riskieren eine sehr niedrige Inflation oder eine Deflation.

Derzeit wird häufig eine Deglobalisierung diskutiert. Die Pandemie zeigt die Risiken globaler Lieferketten, die Regionen hochgradig voneinander abhängig machen. Werden Lieferketten wieder „nach Hause“ geholt, könnte das die Produktionskosten und dadurch auch die Verbraucherpreise steigern. Gleichzeitig sorgen negative demografische Trends langfristig für Aufwärtsdruck bei den Löhnen, da die Arbeitsbevölkerung immer mehr schrumpft. Die zunehmende Automatisierung und eine größere Flexibilität bei den Arbeitsplätzen (Stichwort: Homeoffice) könnte diesem inflationären Trend etwas entgegenwirken.

Bestenfalls steigern Staat und Wirtschaft mit Investitionen die Produktivität und erlauben den Abbau überschüssiger Kapazitäten nach dem Prinzip der „schöpferischen Zerstörung“. Die Haushalts- und nicht die Geldpolitik bestimmt das Geschehen, und Strukturreformen schaffen neues Wachstumspotenzial. Unter diesen Voraussetzungen könnte sich die Preisentwicklung wieder auf einem Niveau einpendeln, das ein robustes und nachhaltiges Wachstum ermöglicht.

Was eine Deflation für Anleger bedeutet

Wenn Waren und Dienstleistungen billiger werden, schrumpfen auch die Gewinne vieler Unternehmen. Zu den Konsequenzen gehören sinkende Löhne und Entlassungen. Die Wirtschaft schrumpft, während Verbraucher lieber sparen, als Geld auszugeben.

Eine solche Situation lastet auf den Aktienkursen und macht Anleihen, aber auch defensive Aktien wie Dividendenwerte attraktiver. Es kann sich dann außerdem lohnen, Cash zu halten.

Was eine höhere Inflation für Anleger bedeutet

Die Inflation zehrt mittel- bis langfristig an Ersparnissen und schmälert die Rendite einer Geldanlage. Liegt die Inflation bei vier Prozent, muss die Rendite mindestens so viel betragen, damit Geld real keinen Wert verliert.

Gerade Anleihen leiden unter einer Inflation, weil der Kupon sich bis zur Fälligkeit nicht ändert – egal wie schnell die Preise steigen. So schrumpft die Kaufkraft der Zinszahlungen, je höher die Inflation steigt. Außerdem verliert auch das Kapital einer Anleihe an Wert.

Da Unternehmen in einem Inflationsumfeld in der Lage sind, ihre Preise anzuheben, können auch die Aktienkurse steigen und eine höhere Inflation unter Umständen ausgleichen. Da Rohstoffe in Form von Terminkontrakten, also auf Basis der künftig erwarteten Preise gehandelt werden, bieten auch diese eine Chance auf steigende Kurse im Inflationsumfeld. Einige Anleger sehen außerdem Gold als guten Wertspeicher.

Noch steckt viel Unsicherheit in den Inflationsprognosen. Es gilt in den kommenden Monaten also, den richtigen Wertpapier-Mix zu finden, der Anleger vor den Extremen schützt. Denn sicher ist nur eines: Es wird Bewegung in die Inflationsrate kommen.

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