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Gerd Kommer und Felix Großmann Wertpapierleihe bei ETFs – ist sie gefährlich?

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Die WPL-Gebühren eines bestimmten Wertpapiers (die WPL-Einnahmen aus der Sicht eines ETFs, der WPL praktiziert) sind tendenziell umso höher, je illiquider das verliehene Wertpapier ist, je weniger häufig es getradet wird und je mehr Leerverkäufe (Short-Selling) allgemein für das Wertpapier stattfinden. Short-Selling ist auf Leihnehmerseite der Hauptgrund für WPL. Mehr zu Short-Selling weiter unten in Ziffer 3.

Der Leihgeber ist somit doppelt abgesichert. Erstens, haftet der Leihnehmer direkt mit seinem gesamten Vermögen für die Rückgabe der Leihsache und zweitens hat der Leihgeber unmittelbaren Zugriff auf die Sicherheiten, die mit hoher Wahrscheinlichkeit jederzeit gleich viel oder mehr wert sind als die Leihsache. Es existieren eine Vielzahl weiterer aufsichtsrechtlich vorgeschriebener prozessualer und logistischer Sicherheitsmerkmale, auf die wir hier aus Platzgründen nicht im Detail eingehen können, zum Beispiel welche Arten von Wertpapieren als Sicherheit zulässig sind, wie hoch der Anteil der verliehenen Wertpapiere zu einem gegebenen Zeitpunkt maximal sein darf oder wer überhaupt als Konto- oder Depotstelle, bei der Sicherheiten deponiert sind, agieren darf.

Sollte es während der Leihperiode bei dem verliehenen Wertpapier zu Dividenden- oder Zinszahlungen kommen, fließen diese an den Leihgeber (den ETF). An wen etwaige laufende Erträge (Zinsen, Dividenden) aus den Sicherheiten, die der Leihnehmer stellt, fließen, wird einzelfallabhängig vereinbart. 

Etwaige Stimmrechte – sofern es während der Leihperiode bei einer Aktie zu einer Aktionärsversammlung kommt – darf normalerweise derjenige ausüben, der in diesem Moment der Besitzer, also der Inhaber der Aktie ist. Das ist logischerweise nicht der Leihgeber, es ist aber in den meisten Fällen auch nicht der Leihnehmer, sondern eine weitere, dritte Partei. Die Details hierzu werden in Ziffer 6 weiter unten erläutert.

 Wer praktiziert Wertpapierleihe?

Die kurze Antwort auf diese Frage ist: „Alle“, soll heißen, dass grundsätzlich alle Arten institutioneller Anleger WPL praktizieren: Aktiv gemanagte Investmentfonds, ETFs, Hedge-Fonds, staatliche Pensionsfonds (das größte Fonds-Segment weltweit überhaupt), Sovereign Wealth-Fonds, andere Typen institutioneller Fonds, Banken, Versicherungen – einfach alle. Mit anderen Worten, die Teilnehmer am WPL-Markt sind die größten und professionellste Finanzinvestoren auf diesem Planeten.

Es ist ein Kuriosum, dass sich „kritische Diskussionen“ über WPL fast ausnahmslos auf WPL bei ETFs konzentrieren. Warum WPL bei anderen, dem Investmentvolumen nach bedeutenderen Fonds-Typen, zum Beispiel aktiv gemanagten Investmentfonds oder Pensionsfonds, Privatanleger und „kritische Journalisten“ nicht zu interessieren scheint, wissen wohl nur die Götter.

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