Vermögensverwalter meint Weshalb Gold noch weiteres Kurspotenzial hat
Zwei Faktoren treiben den Goldpreis: die Inflation und die hohe Staatsverschuldung, vor allem in den USA. Und beide bleiben vorerst intakt. Im September sank die Teuerungsrate in den USA von 2,5 auf 2,4 Prozent und damit etwas weniger als von Reuters befragte Ökonomen erwartet hatten.
Gleichzeitig hat sich die Kerninflation, also die Teuerung ohne die stark schwankenden Preise für Energie und Lebensmittel, von 3,2 auf 3,3 Prozent erhöht. Das ist zwar nicht dramatisch, zeigt aber wie hartnäckig sich die Inflation erweist. Im neuen Inflationsumfeld ist zwar nicht mehr mit Werten wie in der jüngsten Hochphase von zehn Prozent und mehr zu rechnen, aber das Niveau dürfte vorerst höher bleiben als in den Jahren bis 2020.
Parallel dazu wächst der Schuldenberg der USA immer weiter an. Seit der Finanzkrise sind die Verbindlichkeiten Washingtons von 9,3 auf mittlerweile 35,5 Billionen Dollar regelrecht explodiert. Das entspricht mittlerweile 123 Prozent des US-BIPs. Allein in diesem Jahr pumpt sich das US-Finanzministerium weitere 1,83 Billionen Dollar.
Das Congressional Budget Office schätzt, dass die Neuverschuldung auch in den kommenden Jahren bei 5 bis 6 Prozent per annum liegen wird. Interessant ist, dass sich der Goldpreis seit dem Jahr 2000 parallel zur steigenden Staatsverschuldung der USA nach oben entwickelt hat. Hier zeigt sich ein deutlich positiver Zusammenhang. Erschwerend kommt hinzu, dass nicht nur die USA, sondern auch andere Industrienationen wie Japan oder Frankreich, aber auch China bedenklich hohe Schuldenberge angehäuft haben.
Ein weiterer Faktor, der den Goldpreis unterstützt, sind die geopolitischen Konflikte. Große Risiken gehen vor allem vom Nahen Osten aus. Die Region liefert einen großen Teil des weltweiten Ölangebots. Außerdem passieren umfangreiche Mengen des Energierohstoffs die Straße von Hormus, die der Iran bei einer Eskalation des Konflikts mit Israel im Zweifelsfall sperren könnte.
Ein ähnlich hohes Gefahrenpotenzial birgt der Streit zwischen der Volksrepublik China und Taiwan. Der chinesische Staats- und Parteichef Xi Jinping will das „Problem“ noch während seiner Amtszeit lösen. Xi ist 71 Jahre alt. Sollte es hier zu einem Krieg kommen, würde vermutlich die weltweite Versorgung mit Halbleitern zusammenbrechen.
Zinsen gar nicht so entscheidend
Der Erklärungsansatz, dass Gold steigt, wenn die Zinsen fallen und umgekehrt, greift oft nur bedingt. Zudem rentieren zehnjährige US-Staatsanleihen immer noch bei 4,3 Prozent. Damit haben sie sich seit dem Höchststand im vergangenen Jahr nicht einmal einen Prozentpunkt zurückgebildet. Seit Jahresbeginn sind sie sogar wieder gestiegen. Der Goldpreisrally tat dies keinen Abbruch.
In diesem insgesamt fragilen Umfeld suchen Investoren nach Anlagen, die viele dieser Herausforderungen gut meistern. Ein Blick in die Statistik des World Gold Council zeigt, dass die Notenbanken seit Jahren auf der Käuferseite stehen. Allein im dritten Quartal kauften sie 186 Tonnen Gold, seit Jahresbeginn waren es insgesamt 694 Tonnen. Zum Vergleich: Weltweit werden jährlich rund 3.300 Tonnen des Edelmetalls gefördert.
Weg vom Dollar
Die Motive der Zentralbanken, allen voran der People's Bank of China, liegen auf der Hand. Das Vertrauen in den US-Dollar scheint aufgrund der wachsenden Verschuldung der USA immer mehr zu schwinden. Zudem kann die US-Regierung jederzeit die Verfügbarkeit ihrer Staatsanleihen einschränken. Der Dollar ist also politisch beeinflussbar. Das dürfte Peking angesichts der angespannten Beziehungen zu Washington nicht gefallen. Währungsreserven in Gold sind dagegen unabhängig von den USA.
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Nun gilt es allerdings einzuräumen, dass die Zentralbanken auch im dritten Quartal noch reichlich Gold gekauft haben, allerdings weniger als in den Quartalen zuvor. Dafür ist eine neue Käuferschicht auf den Plan getreten beziehungsweise zurückgekehrt: goldgedeckten ETFs. Auch hier dürfte die bedrohlich steigende US-Staatsverschuldung ein entscheidendes Motiv sein.
Die Entwicklung des Goldpreises zeigt im langfristigen Vergleich, dass das Edelmetall durchaus mit den Aktienmärkten mithalten kann - bei gleichzeitig geringerer Volatilität. Zwar dürfte auch Gold im übergeordneten Aufwärtstrend immer wieder Korrekturphasen durchlaufen. Aber nur in Zeiten eines strukturellen globalen Schuldenabbaus und/oder einer Deflation wird Gold – wie alle anderen Sachwerte auch – längerfristig unter Druck geraten. Diese Zeiten - insbesondere was den Schuldenabbau betrifft – sind aber nicht in Sicht.
Bitcoin ist keine Alternative
Nicht nur Gold, auch Bitcoin befindet sich auf Rekordniveau. Die Kryptowährung wird gerne als digitales Gold bezeichnet, da sie einige Gemeinsamkeiten aufweist. Beide Anlageklassen entziehen sich weitgehend dem Einfluss der Zentralbanken und ihre weltweit verfügbaren Mengen nehmen nur noch geringfügig zu. In beiden Fällen handelt es sich um knappe Güter. Vor allem aber benötigt die Realwirtschaft kaum Gold und überhaupt keine Bitcoins.
Es gibt jedoch einen entscheidenden Unterschied: Die Menschen haben sich bereits vor Jahrtausenden darauf verständigt, Gold einen gewissen Wert beizumessen. Den Bitcoin gibt es erst seit Anfang 2009. Gold verfügt über eine dramatisch größere Vertrauensbasis. Das dürfte gerade beim Misstrauen gegenüber der ausufernden Staatsverschuldung der USA eine entscheidende Rolle spielen.
Über den Autor:
Holger Knaup verantwortet bei Albrecht, Kitta & Co. die Teamleitung sowie das Private Banking und Wealth Management. Der Diplom-Volkswirt hat an der Universität Osnabrück und der University of Wales studiert.
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Frage 1 von 11
Wer oder was ist ein Karat?