Gerd Kommer und Markus Weis im Interview Anfängerfehler vermeiden – die fünf wichtigsten Investitionsregeln der Profis

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ARTIKEL-INHALT
Seite 1 - Die schlimmsten Fehler von Kapitalmarktneulingen
Seite 2 - So strukturierst du dein erfolgreiches Depot
Seite 3 - 5 Investmenttipps zum Start

Bei welchen Investments sollten sie vorsichtig sein und warum?

Weis: Wir sind vorsichtig bei sogenannten Themen- und Trend-ETFs, die einen besseren Gewinn als der breite Aktienmarkt versprechen, dieses Versprechen aber häufig über einen längerfristigen Zeitraum nicht halten können.

In der historischen Betrachtung wurden Themen-Fonds und ETFs häufig erst aufgelegt, nachdem es schon einen sehr großen Wertzuwachs in dem Thema gab – die Zukunft war dann meistens von höheren Verlusten geprägt.

Der beste Investitionszeitpunkt ist heute

Kommer: Ja, solche Themeninvestments sind typischerweise ein prozyklisches Modeinvestment, das aber natürlich nicht als Mode wahrgenommen wird. In fünf Jahren werden wir wahrscheinlich über die heutigen thematischen Investments wie künstliche Intelligenz oder grüne Mobilität lachen, wenn sich überhaupt noch einer daran erinnert.

Bei jungen Anleger:innen sind daneben auch Kryptoinvestments recht populär.

Wer unbedingt in Bitcoin oder andere Kryptowährungen anlegen will, sollte aus meiner Sicht dafür in den ersten zwei Jahren maximal fünf bis zehn Prozent seines Gesamtvermögens aufwenden, weil es per heute immer noch viel zu viele Fragezeichen bei Kryptos gibt und weil sie ganz einfach sehr, sehr risikoreich sind.

Spielt der Startzeitpunkt der Investitionen eine Rolle? Wie geht man taktisch Schritt für Schritt am besten vor?

Weis: Kurzfristig spielt der Startzeitpunkt natürlich eine Rolle, denn wenn die Kurse nach meiner Investition zum Beispiel um 20 Prozent fallen, scheint der Zeitpunkt nicht richtig gewesen zu sein.

Tatsächlich kann man sich aber die langfristigen Renditen der Aktienmärkte zu Nutze machen und da zeigt sich bei allen historischen Zeiträumen die 20 Jahre oder länger sind nur ein geringer Renditeunterschied.

Die breiten Aktienmärkte lieferten zwischen sechs bis neun Prozent Rendite unabhängig vom Einstiegszeitpunkt.

 

Kommer: Mit Kollegen zusammen habe ich hierzu zwei verschieden angelegte Untersuchungen zur Frage des richtigen Einstiegszeitpunktes auf Basis historischer Daten seit 1970 durchgeführt.

In beiden Analysen (siehe hier und hier) kam heraus, dass „langsam einsteigen“ bei der Anlageklasse Aktien oder „erst einsteigen, wenn die Kurse um soundso viel Prozent gefallen sind“, statistisch schlechtere Renditen produziert als sofort in einer Summe einzusteigen. Und das ist auch das Ergebnis der meisten wissenschaftlichen Untersuchungen zu diesem Thema.

Aktuell im Mai 2023 ist der globale Aktienmarkt im Übrigen fair oder sogar leicht unterdurchschnittlich bewertet. Aus Bewertungssicht gibt es also auch keinen Grund, jetzt nicht mit einem breit gestreuten Aktieninvestment anzufangen.

Wer sich dennoch emotional damit schwertut, der könnte seinen Einstieg mechanisch in Teilbeträgen über sechs bis 18 Monate strecken oder wenigstens eine ETF-Aktienfondsparplan mit beispielsweise 150 Euro im Monat aufsetzen.

Wie sollte man sein erstes Portfolio zur Altersvorsorge aufstellen? Was gehört hinein und wie lassen sich Risiken am besten verteilen?

Weis: Ein langfristig ausgerichtetes Portfolio sollte einen hohen Aktienanteil haben. Denn Aktien haben historisch über längere Zeiträume betrachtet immer die bessere Wertentwicklung erzielt.

Als nächstes spielen eine breite Streuung über alle Länder und Unternehmensgrößen eine große Rolle, um die echte globale Aktienmarktrendite zu erhalten.

Aktienquote: So kannst du sie berechnen

Kommer: Die richtige Aufteilung zwischen einem global gestreuten Aktieninvestment – idealerweise ein weltweit diversifizierter Aktien-ETF – und einer risikoarmen Portfoliokomponente ist in der Tat der wichtigste einzelne Stellhebel für Rendite und Risiko einer Kapitalmarktanlage.

Eine super einfache, manchmal belächelte Faustformel für die Bestimmung dieser Aufteilung ist

„100 minus Alter = Aktienquote“

und wer es etwas rasanter mag, der nimmt

„110 minus Alter = Aktienquote“.

 

Es gibt natürlich bessere, anspruchsvollere Methoden diese „Asset-Allokation“ für sich selbst zu bestimmen.

Aber die simple Faustformel führt bei den meisten Haushalten recht nahe an die "richtige" Größenordnung.

Die Faustformel lässt auch unmittelbar erkennen, dass ein normaler Haushalt die Aktienquote mit zunehmendem Alter reduzieren sollte.

Die risikoarme Portfoliokomponente könnte ein diversifizierter ETF aus Hiqh-Quality-Anleihen sein oder ein Tagesgeld bei einer Bank, sofern es betraglich innerhalb der gesetzlichen Einlagensicherungsgrenze von 100.000 Euro pro Person liegt.

Sollten Anleger:innen besser auf einen großen Welt-ETF setzen oder MSCI World, Emerging Markets und Europa-ETF kombinieren?

Weis: Aus unserer Sicht sind Welt-ETFs, die alle Länder und Unternehmensgrößen enthalten besonders sinnvoll, da hier sichergestellt ist, dass alle Regionen immer nach ihrer Marktkapitalisierung gewichtet sind und ein eigenständiges Rebalancieren nicht notwendig ist.

Anleger:innen vergessen allzu oft, ihre Allokation immer wieder an die Marktkapitalisierung anzupassen. Wenn beispielsweise Emerging Markets in den kommenden zehn Jahren an Wertentwicklung und somit Gewicht zulegen, wird dies beim breiten Welt-Index immer automatisch im halbjährigen Index-Rebalancing berücksichtigt.

Kommer: Für normale Privatanleger gilt die Grundregel: Je breiter gestreut, desto besser.

Breit streuen bedeutet bei der Anlageklasse Aktien zunächst einmal keine wesentliche Weltregion auszulassen und auch alle Unternehmensgrößen im Portfolio zu haben – eben nicht zu 90 Prozent in Large-Cap-Tech-Aktien aus den USA investiert sein, wie das bei vielen Anlegern der Fall ist.

Bildhaft besprochen, sollten wir alle anstreben, uns an der „Welt-AG“ zu beteiligen. Die Welt-AG heißt so, weil sie wirklich die gesamte börsennotierte Weltwirtschaft repräsentiert, nicht nur bestimmte Länder, Branchen oder Themen.

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