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Investitionen im Gesundheitssektor Wie Aegon AM Risiken und Nebenwirkungen für Anleger minimiert

Knochengewebe unter dem Mikroskop
Knochengewebe unter dem Mikroskop: Bei Pharmakonzernen gibt es einige Warnsignale, auf die Anleger achten sollten. | Foto: Imago Images / blickwinkel
Stephanie Mooij, Aegon AM

Oktober 1982: Das Pharmaunternehmen Johnson & Johnson beschließt über Nacht, Tylenol (hierzulande unter Paracetamol bekannt) zurückzurufen, das damals rund 17 Prozent des Unternehmensgewinns ausmachte. Tylenol hatte nicht nur das Fieber von sieben Menschen gesenkt, sondern sie auch getötet. Die Ursache war betrügerische Produktmanipulation eines externen Täters, wie sich letztlich herausstellte: Er hatte Tabletten mit dem über zehntausendfachen einer tödlichen Dosis des Atemgiftes Zyanid gefüllt und die Packungen in verschiedenen Supermärkten im Großraum Chicago in die Regale gestellt. Der sofortige, entschlossene Rückruf des Medikaments rettete die Marke Tylenol und das Leben vieler Menschen, obwohl die Aktion Johnson & Johnson rund 250 Millionen US-Dollar kostete. Über den schnellen Rückruf hinaus beschloss das Unternehmen weitere Maßnahmen. So wurde gemeinsam mit der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) ein manipulationssicheres Verpackungssiegel entwickelt, auf das man sich später als Standard in der Branche einigte.

Ein weiterer Skandal ereignete sich 2004, als die FDA den Pharmakonzern Pfizer aufforderte, Bextra, ein Arthritis-Medikament, zurückzurufen. Ursprünglich als Schmerzmittel für akute Schmerzen nach Operationen gedacht, wurde es von der FDA aufgrund des hohen Risikos für Herzpatienten nur für Arthritis und Menstruationsbeschwerden zugelassen. Doch bedauerlicherweise stammte zu dem Zeitpunkt, als das Medikament zurückgerufen wurde, etwa die Hälfte der Gewinne des Pfizer-Präparats aus Verschreibungen, die für medizinische Zwecke ausgestellt wurden, die von der FDA ausdrücklich verboten waren. Wie konnte das passieren? Die Staatsanwaltschaft deckte auf: Pfizer zahlte Ärzten Geld und benutzte sie, um für nicht zugelassene Anwendungen des Medikaments zu werben. Diese Zuwiderhandlung kostete Pfizer rund 3,3 Milliarden US-Dollar.

Ungefähr zur gleichen Zeit ereignete sich ein noch kostspieligerer Vorfall im Zusammenhang mit einem konkurrierenden Medikament namens Vioxx, einem sehr beliebten Arthritis-Präparat des Pharmakonzerns Merck. Auch hier schien es ein erhöhtes Risiko für Herzprobleme zu geben. Und tatsächlich: Spätere Studien bestätigten, dass das Medikament annähernd 88.000 US-Amerikaner tötete. Das Debakel kostete Merck rund 8,9 Milliarden US-Dollar und brachte die gesamte Pharmabranche in Verruf. Hunderte von Klagen wurden eingereicht, bevor Merck beschloss, das Medikament zurückzurufen. Außerdem gab es viele wissenschaftliche Studien, darunter auch Studien von Merck selbst, die darauf hinwiesen, dass das Medikament ein erhöhtes Risiko für Herzpatienten darstellen könnte. Leider lässt sich die Liste der Zwischenfälle im Bereich der Arzneimittelsicherheit fortsetzen. Hinzu kommt die Opioid-Krise: Die Corona-Pandemie hat die Zahl der Drogentoten in den USA förmlich explodieren lassen; mittlerweile werden jährlich mehr als 100.000 Todesopfer gezählt. Es ist daher keine Überraschung, dass der Gesundheitssektor einer der umstrittensten Wirtschaftssektoren in den USA ist.

Rückrufe von Arzneimitteln und Geräten sind in der Branche nichts Ungewöhnliches, und jährlich ergehen in den USA rund 4.500 Rückrufe. Es überrascht nicht, dass die Produktqualität und -sicherheit laut dem Sustainalytics Industry Report Healthcare (2021) die häufigsten Kontroversen im Gesundheitssektor auslösen, gefolgt von der Geschäftsethik. Bei Vorfällen der Kategorie 1 oder 2 handelt es sich häufig um negative Presse und Klagen von Verbrauchern, während es sich bei den Kategorien 4 und 5 eher um ausgewachsene Skandale handelt, bei denen das Unternehmen für schuldig befunden wird und die FDA einschreitet, um den Verkauf eines Produkts zu untersagen. In einigen Fällen, wie zum Beispiel bei Merck, waren Kontroversen in der Kategorie 1 oder 2 (Verbraucherrechtsklagen) Vorboten des späteren Produktrückrufs. In anderen Fällen, wie bei Pfizer, ergaben sich Warnsignale für Anleger aus der fehlenden Offenlegung von Zahlungen an Mitarbeiter im Gesundheitswesen.

Beim Leugnen von Fehlverhalten: Genau hinsehen

Andere Warnsignale, auf die Anleger achten sollten, sind das Leugnen von Fehlverhalten und die Bezahlung von Untersuchungen, die die entsprechenden Vergehen vertuschen sollen.

Ein Beispiel ist ein Gespräch, das wir mit einem Unternehmen geführt haben, das nach Angaben eines unserer Datenlieferanten jetzt in einen Skandal der Kategorie 5 verwickelt ist: Vor einigen Jahren häuften sich die Anschuldigungen gegen eines der Produkte. Dies führte schließlich zu mehr als 100.000 Klagen gegen das Unternehmen, in denen es beschuldigt wurde, eines seiner Produkte verursache Krebs. Ob die Anschuldigungen zutrafen oder nicht, war zu diesem Zeitpunkt nicht sicher, aber die Reaktion des Unternehmens war fast noch besorgniserregender als die Anschuldigungen. Es legte uns bei einem Gesprächstermin Untersuchungen vor, die belegten, dass das Produkt unschädlich sei – gab aber unter Druck zu, dass es diese Untersuchungen selbst in Auftrag gegeben hatte. Es schien, als hätten die Geschäftsführer den Kopf ziemlich tief in den Sand gesteckt. Ein unangenehmes Gespräch ist zwar nie ein ausreichender Beweis, aber in diesem Fall war es ein weiteres Alarmsignal, das sich zu den bestehenden Rechtsstreitigkeiten gesellte. Diese Treffen sind daher ein wichtiges Instrument, um die Sichtweise des Unternehmens herauszufinden und eine Einschätzung der Situation vornehmen zu können.

Nichtsdestotrotz hat die Pandemie den Unternehmen im Gesundheitssektor die Chance eröffnet, die Dinge umzukehren. Ihr Ruf verbessert sich, wie eine globale Studie von Calibre Research zum Pharmasektor zeigt. Wir bei Aegon Asset Management sehen viele sehr innovative Pharmaunternehmen, in die es sich aus finanzieller und ethischer Sicht zu investieren lohnt. Wie die genannten Beispiele zeigen, sollten Anleger jedoch proaktiv nach Warnhinweisen Ausschau halten, zu denen die folgenden zählen:

  • Produktrückrufe, die über der Zahl der Rückrufe von Konkurrenten liegen
  • Boni für die Unternehmenschefs sind an Preiserhöhungen für Medikamente gekoppelt
  • Es gibt keine Preisobergrenze für Arzneimittel und im Allgemeinen keine Transparenz bei Preiserhöhungen
  • Zahlungen an medizinische Fachkräfte werden nicht offengelegt
  • Das Unternehmen verbietet nicht eindeutig die Off-Label-Promotion von Medikamenten, also die Verordnung eines Arzneimittels außerhalb des durch die Arzneimittelbehörden zugelassenen Gebrauchs, sodass die Verwendung im Anwendungsgebiet oder der Anwendungsart von der Arzneimittelzulassung abweichen kann
  • Juristische Klagen und Anschuldigungen von Produktanwendern sowie negative Presse

In unseren Gesprächen mit Unternehmen greifen wir auch zurückliegende Vorfälle auf, um festzustellen, ob das Unternehmen genug getan hat, um ähnliche Fehltritte in Zukunft zu verhindern. Dies hilft uns bei der Beurteilung, wie proaktiv ein Unternehmen ist und vermittelt uns einen Eindruck, wie das Unternehmen mit zukünftigen Situationen umgehen dürfte. Um sicherzustellen, dass das Unternehmen nicht den Kopf in den Sand steckt, fragen wir nach Problemen mit dem Produkt, bevor die Vorwürfe eskalieren. Unsere Recherchen am Schreibtisch und vor Ort werden kombiniert und ausführlich mit Nachhaltigkeits- und Finanzanalysten besprochen, wodurch wir gemeinsam zu einer fundierten Schlussfolgerung kommen.

Wir versuchen sicherzustellen, dass sich hinter kontroversen Artikeln oder merkwürdig erscheinenden Unternehmensreaktionen nichts Schlimmeres verbirgt. Daher ziehen wir Rating-Agenturen nur zur ungefähren Orientierung heran. Deren Einschätzungen halten wir nicht für bare Münze, sondern wir nutzen sie als Grundlage für unsere Gespräche mit den einzelnen Unternehmen.

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Hinweis: Diese News ist eine Mitteilung des Unternehmens und wurde redaktionell nur leicht bearbeitet.