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Revolutionär denken Wie der Klimaschutz finanziert werden kann

Research Center of Big Data for Sustainable Development Goals in Peking
Research Center of Big Data for Sustainable Development Goals in Peking: Um die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen und die Klimaziele des Pariser Abkommens zu erreichen, sind erhebliche Investitionen nötig. | Foto: Imago Images / Xinhua
Alex Bernhardt, BNPP AM

Im September 2015 wurde die Agenda 2030 der Vereinten Nationen verabschiedet. Ihr Herzstück sind die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs). Dabei geht es beispielsweise um den Kampf gegen Armut, für Geschlechtergerechtigkeit, nachhaltiges Wachstum und gegen den Klimawandel. Die Wirtschaft kann vom Erreichen der SDGs profitieren. Dennoch wird aus unserer Sicht nicht ausreichend darüber nachgedacht, wie die Finanz- und Wirtschaftspolitik dazu beitragen kann.

Zeit für revolutionäres Denken

Für den New Deal in den 1930er-Jahren forderte der damalige US-Präsident Franklin D. Roosevelt bekanntlich „kühne, beharrliche Experimente“. Seine Ideen zu fiskalischen Anreizen waren damals revolutionär – und sind heute alltäglich. Die aktuellen Herausforderungen wie die Pandemie, der Klimawandel, der Verlust der biologischen Vielfalt und die soziale Ungleichheit erfordern in ähnlicher Weise ein neues Denken.

Insbesondere zwei Themen werden auf den Fluren der Regierungssitze und Zentralbanken diskutiert:  

  • Regierungen verwalten ihr Budget oft wie Privathaushalte mit dem Ziel eines ausgeglichenen Haushalts. Dieses Vorgehen wird durch die Theorie in Frage gestellt, dass zentralbankfinanzierte Regierungen mit Reservewährungen nicht zahlungsunfähig werden können.
  • Zentralbanken werden oft als unabhängige Akteure betrachtet, die sich auf ihre spezifischen Aufgaben konzentrieren – in der Regel Preisstabilität und Vollbeschäftigung. Herausgefordert wird diese Sichtweise durch das Konzept der funktionalen Finanzierung. Dieses besagt, dass die staatliche Finanz- und Geldpolitik mit Blick auf ihre Auswirkungen auf die Realwirtschaft gesteuert werden sollte.

Welche Rolle kann die Moderne Geldtheorie spielen?

Über die Moderne Geldtheorie (Modern Monetary Theory, MMT) wurde in den vergangenen Monaten viel debattiert. Ihr zufolge spielen die Höhe der Staatsverschuldung sowie des Haushaltsdefizits an sich keine Rolle, da Staaten mit Zugang zur Notenpresse ihren Zahlungsverpflichtungen immer nachkommen können. Stattdessen vertritt die MMT die Position, dass für das Volumen der öffentlichen Ausgaben die Inflation maßgeblich sei.

Das ist aus zwei Gründen umstritten: Erstens sind viele Ökonomen und Politiker der Meinung, dass Staatshaushalte ausgeglichen sein sollten. Zweitens besteht die Befürchtung, dass hohe Staatsausgaben zu einer unkontrollierbaren Inflation führen würden.

Tatsächlich gibt es für Länder mit Reservewährung wie die USA nur wenige Argumente, die für die absolute Bedeutung von Staatsschulden oder -defiziten sprechen – abgesehen von ihren potenziellen deflationären oder inflationären Auswirkungen. Im Gegenteil: Die Argumentation der MMT ist in diesem Punkt stichhaltig. Wenn man sein eigenes Geld schaffen kann, kann man immer seine Rechnungen bezahlen. Zwar kann sich eine Regierung auch für einen Zahlungsausfall entscheiden. Sie hat aber die Wahl und muss diesen Schritt nicht gehen, wenn sie ihr eigenes Geld drucken kann.

Was die Inflation anbelangt: Alle Ökonomen sind sich einig, dass sie in Schach gehalten werden muss. Allerdings gibt es keine einheitliche Inflationstheorie, was die Lösung dieses Problems erschwert. Das Hauptargument ist, dass Defizitausgaben im Sinne der MMT zu einer galoppierenden Inflation führen würden. Oft werden Parallelen zwischen der modernen US-Wirtschaft und beispielsweise Schwellenländern beziehungsweise historischen Ereignissen wie in Simbabwe, der Weimarer Republik oder den USA in den 1970er-Jahren gezogen, in denen (Hyper-)Inflation ein Problem war.

Wir sind jedoch der Meinung, dass zwei dieser Analogien bestenfalls fragwürdig sind. Zwischen dem Simbabwe der 2000er-Jahre, dem Deutschland der 1920er-Jahre und der US-Wirtschaft von heute gibt es so gut wie keine Ähnlichkeiten in Bezug auf Größe, Dynamik oder globale Bedeutung. Jede dieser historischen Inflationskrisen war einzigartig.