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Stolls Fonds der Woche
Wie der Schroder Global Recovery erfolgreich auf Verlierer setzt
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Stolls Fonds der Woche Wie der Schroder Global Recovery erfolgreich auf Verlierer setzt

Werbetafel der Molson Coors Beverage Company
Werbetafel der Molson Coors Beverage Company: Die Aktie des US-Brauereikonzerns geriet aufgrund wirtschaftlicher Unsicherheiten, einschließlich der hohen Inflation, unter Druck. | Foto: Imago Images / Panthermedia

Wer hat den Mut, in eine Aktie zu investieren, die sich mehr als halbiert hat? Und bei der gefühlt alles schiefläuft? Ein Fall für Warren Buffett! Die Investmentikone investiert mit Vorliebe in lädierte Problemfälle: „Das Beste, was uns passieren kann, ist, wenn ein großartiges Unternehmen vorübergehend in Schwierigkeiten gerät. Wir wollen es kaufen, wenn es auf dem Operationstisch liegt“, lautet eine der Weisheiten der amerikanischen Börsenlegende. Der als „Orakel von Omaha“ bekannte Buffett ist ein bekennender Fan sogenannter Value-Aktien.

Angeschlagene Firmen im Visier

Viele Fondsmanager, die es dem Börsenaltmeister gleichtun und eine Value-Strategie verfolgen, setzen in der Regel auf Aktien mit niedrigen Bewertungskennzahlen. Häufig handelt es sich um Unternehmen, die am Markt aus verschieden Gründen nicht mehr gefragt sind. Die Erwartungen sind dann ohnehin niedrig, die Kurse entsprechender Aktien im Börsenkeller. Positive Überraschungen wirken sich daher in der Regel stärker auf den Kurs aus als weitere Enttäuschungen. Im Vergleich zu teuren Wachstumstiteln, die hohe Erwartungen erfüllen müssen, bietet das niedrige Bewertungsniveau von Value-Aktien somit einen wertvollen Vorteil.

Nick Kirrage, Fondsmanager bei der britischen Fondsgesellschaft Schroders, gehört zu den Managern, die nach Aktien angeschlagener Unternehmen Ausschau halten. Die Anlagephilosophie hinter dem Schroder Global Recovery Fund klingt einfach: Aktien kaufen, wenn sie billig sind, und sie (hoffentlich) mit Gewinn verkaufen, wenn sie ihren „fairen Wert“ erreicht haben.

Mohawk Industries – eine Aktie im Sinkflug als Chance für Schnäppchenjäger

Doch zurück zum Anfang des Artikels. Eine der beschriebenen Verliereraktien ist Mohawk Industries. Die Aktie hat sich innerhalb von fünf Jahren mehr als halbiert (-60 Prozent). Vom Höchststand bei 225 Dollar fiel sie auf aktuell 94 Dollar. Mohawk ist einer der weltweit größten Hersteller von Bodenbelägen. Der im US-Bundesstaat Georgia ansässige Spezialist deckt nahezu den gesamten Wertschöpfungsprozess ab, vom Design über den Materialeinkauf und die Produktion bis hin zu Vertrieb und Marketing. Mohawk ist Marktführer in einer stark spezifischen Branche. Es gibt nur einen Wettbewerber vergleichbarer Größe. Im Schroders-Fonds ist das Unternehmen mit knapp 3 Prozent gewichtet.

 

Investoren sind derzeit verunsichert, weil das Baugeschäft recht konjunkturabhängig ist. Analysten gehen davon aus, dass der Gewinn von Mohawk in diesem Jahr sinken wird. Zudem schieben Immobilienbesitzer die Erneuerung ihrer Bodenbeläge aus konjunkturellen Gründen vorerst auf. Das belastet kurzfristig die Entwicklung, führt aber langfristig zu Nachholeffekten, wie die Vergangenheit mehrfach gezeigt hat. So geriet der Immobilienmarkt in den USA auch während und nach der Finanzkrise 2008 erheblich unter Druck. Damals brach der Gewinn von Mohawk zwischenzeitlich ein. Im Geschäftsjahr 2010 verdoppelte sich jedoch das operative Ergebnis und fünf Jahre später verdiente Mohawk bereits mehr als 10 US-Dollar pro Aktie. Der Markt irrte damals also und strafte die Aktie überproportional ab.

Für Schnäppchenjäger wie Kirrage ist die Aktie auf dem aktuellen Niveau eine Einstiegsgelegenheit. Immerhin ist der US-Immobilienbestand im Schnitt rund 30 Jahre alt und noch stark renovierungsbedürftig. Zudem wächst die US-Bevölkerung und damit der Bedarf an Wohnraum. Über kurz oder lang dürfte das den Preisen wieder auf die Beine helfen. „Wenn die Zeiten wieder besser werden, wird das Unternehmen florieren und der Aktienkurs sollte das widerspiegeln“, ist sich das Schroders-Team sicher.

Der Investmentprozess: Brutal und emotionslos

Simon Adler ist einer der beiden Co-Manager des Schroder Global Recovery. Ihr Anlageprozess sei brutal leidenschaftslos, meint er. „Wir durchforsten die globalen Aktienmärkte und analysieren die günstigsten 20 Prozent der Aktien.“ Es gebe keine Aufregung oder Dramatik, sondern nur harte Arbeit, um die besten Aktien zu finden. „Es geht darum, das einzig Unveränderliche an den Anlagemärkten, nämlich die menschliche Natur, auszunutzen, um aus Angst und Gier Rendite zu schlagen“, erklärt Mitstreiter Kirrage. All dies geschehe ohne Emotionen.

Kirrage kam 2001 zu Schroders und arbeitete zunächst im paneuropäischen Research-Team, das Einblicke und Analysen zu einer Vielzahl von Sektoren wie Transport, Luft- und Raumfahrt, Bergbau und Chemie lieferte. Im Jahr 2010 übernahm er das Management des Flaggschifffonds, des UK Value Fund, der sich auf Erträge und Kapitalwachstum konzentriert. Seit der Auflegung im Jahr 2013 verwaltet er mit seinem zwölfköpfigen Value-Team den Global Recovery.

Der Investmentprozess besteht aus vier Schritten. Im ersten Schritt durchsuchen die Manager den Markt nach aktuell unterbewerteten Aktien, um diese zu möglichst günstigen Bewertungen zu erwerben. Im zweiten Schritt führen sie eine gründliche Analyse durch, um die mit der Investition verbundenen Risiken zu verstehen und das Gewinnpotenzial zu bewerten. Anschließend stellen sie das Portfolio zusammen und achten dabei auf eine gesunde Mischung von Aktien mit risikoadjustierten Renditen. Im letzten Schritt werden alle Entscheidungen dokumentiert, um aus den Erfahrungen zu lernen.

Unternehmen, in die nicht investiert wird, werden dennoch beobachtet und eventuell zu einem späteren Zeitpunkt gekauft, wenn sie attraktive Einstiegskurse erreichen. Immer funktioniere das nicht. Denn Aktien, die man kauft, können manchmal auch hartnäckig billig bleiben.

Schroder Global Recovery: Plus von 77 Prozent in drei Jahren

 

Quelle Fondsdaten: FWW 2024
  • Sektor: Aktienfonds All Cap Welt
  • Wertentwicklung 5 Jahre: 28 Prozent (5,2 Prozent p.a.)
  • Wertentwicklung 3 Jahre: 77 Prozent (20,9 Prozent)
  • Wertentwicklung 2023: 7,4 Prozent
  • ISIN: LU0956908155
  • Fondsauflage: 09. Oktober 2013
  • Fondsvolumen: 656 Millionen US-Dollar
  • Volatilität 5 Jahre: 23 Prozent
  • Maximaler Verlust: 46 Prozent

Kirrage und sein Team setzen auf ein konzentriertes Portfolio von derzeit 55 Aktien, wobei über 30 Prozent des Vermögens auf Unternehmen entfallen, die in den USA notiert sind. Aus Großbritannien kommen 16 Prozent, aus Japan 15 Prozent. Deutsche Aktien sind mit rund 10 Prozent vertreten. Zu den größten Einzelwerten zählen neben Mohawk Industries der kalifornische Halbleiterhersteller Intel, der deutsche Automobilzulieferer Continental und Molson Coors Beverage, eine Brauerei mit Hauptsitz in Chicago, Illinois.

Molson Coors zählt zu den größten Bierkonzernen der Welt und beschäftigt weltweit mehr als 17.000 Menschen. Im vergangenen Jahr musste der Brauereikonzern einen Umsatzrückgang hinnehmen. In einer kanadischen Brauerei kam es zudem zu einem Streik. Der Vorstandsvorsitzende des Unternehmens, Gavin Hattersley, warnte außerdem davor, dass sich das Verhalten der Verbraucher aufgrund der wirtschaftlichen Unsicherheiten, einschließlich der hohen Inflation, verändert habe und sich negativ auf die Geschäftsentwicklung auswirken könnte. Während die einen bei teuren Biermarken blieben, würden andere Konsumenten zu günstigeren Marken greifen. Der Markt quittierte die Nachrichten mit Kursverlusten, was das Schroders-Team zum Einstieg veranlasste. Auf Sicht von sechs Monaten hat die Aktie bereits wieder um 18 Prozent zugelegt.

 

Aufholjagd der Value-Aktien

Obwohl wachstumsstarke Aktien in den vergangenen zehn Jahren den Markt anführten, konnte der im Oktober 2013 aufgelegte Schroder Global Recovery seit seiner Auflegung knapp mit dem Sektor Aktienfonds All Cap Welt mithalten. Gegenüber dem MSCI World liegt er allerdings um 70 Prozent zurück. In den vergangenen drei Jahren hat sich das Bild allerdings komplett gedreht, denn Value-Aktien waren wieder gefragt. Mit einem Plus von 77 Prozent liegt der Recovery Fund rund 30 Prozentpunkte vor dem Weltindex. Der Sektordurchschnitt kommt nur auf ein Plus von 28 Prozent.

„Über weite Strecken des vergangenen Jahrzehnts waren Value-Aktien in Ungnade gefallen. Das bedeutet, dass die Marktlücke bei den fundamentalen Bewertungen zwischen den am höchsten und den am niedrigsten bewerteten Aktien extrem groß ist“, kommentiert Kirrage. Angesichts der hohen Konzentration von Wachstums- und Qualitätsaktien in vielen Portfolios sei es an der Zeit, Value mit aufzunehmen.

Seiner Meinung nach bietet seine Strategie den Anlegern mehrere entscheidende Vorteile: Erstens ist der Fonds in der Regel unkorreliert zu anderen Anlagen, was zu Diversifikationsvorteilen führt. Zweitens nutzt er eine Strategie, die sich langfristig als erfolgreich erwiesen hat, weil sie auf menschlichen Emotionen basiert, die im Großen und Ganzen zu den wenigen Dingen am Aktienmarkt zählen, die sich nie ändern.

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