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Flucht in sichere Häfen Wie die Märkte auf die russische Invasion reagieren

Moskauer Börse
Moskauer Börse: Der rubelbasierte MOEX Russia Index sank jüngst um mehr als 45 Prozent auf unter 1.700 Punkte | Foto: Imago Images / ITAR-TASS

Die russische Invasion in der Ukraine hat begonnen und die Märkte reagieren teils heftig: Der Preis für Erdöl der Nordseesorte Brent ist bereits auf mehr als 100 US-Dollar pro Barrel (159 Liter) gestiegen. Marktteilnehmer:innen befürchten, dass die Truppenbewegungen und die Sanktionen der USA und der EU zu Lieferengpässen führen könnten. Die Notierungen von Industriemetallen zogen ebenfalls an, da Russland ein wichtiger Lieferant von Nickel, Aluminium und anderen Grundstoffen ist.

„Es geht um Öl und nicht um die anderen Rohstoffe wie Weizen, Palladium und Nickel“, sagte Mark Zandi, Chefökonom bei Moody's Analytics. „Öl ist wegen des Konflikts wahrscheinlich um 10 oder 15 US-Dollar pro Barrel gestiegen. Das wird den Preis für bleifreies Benzin wahrscheinlich um 30 oder 40 Cent pro Gallone (rund 3,8 Liter, d. Red.) erhöhen – wenn es so bleibt. Das ist so viel wie ein halber Prozentpunkt der jährlichen Verbraucherinflation, und wir haben bereits 7,5 Prozent in den USA. Ich habe den Eindruck, dass dies die Bemühungen der Fed, die Inflation einzudämmen und zur Vollbeschäftigung zurückzukehren, erheblich erschwert.“

Die Erdgaspreise in der EU stiegen um 30 Prozent auf 115 Euro pro Megawattstunde und damit auf das höchste Niveau seit zwei Monaten. Europa ist bei seinen Erdgaslieferungen zu mehr als einem Drittel von Russland abhängig, was den Kontinent anfällig für Lieferengpässe macht.

„Der Anstieg der Rohstoffpreise und die Sanktionen werden die Wirtschaft auch in Deutschland belasten. Die Inflationsrate wird wohl zumindest kurzfristig noch weiter ansteigen, vor allem über eine weiter steigende Energierechnung für die Verbraucher. Das schwächt deren Kaufkraft und tendenziell die Nachfrage von Haushalten nach anderen Gütern und erhöht auch die Kosten für die Unternehmen“, so Michael Holstein, Chefvolkswirt bei der DZ Bank.

Abverkauf am Aktienmarkt

Die wichtigsten europäischen Aktienindizes sind stark gefallen. Der deutsche Leitindex Dax sank am Donnerstag um mehr als 5 Prozent auf ein 50-Wochen-Tief (Stand: 15.30 Uhr). Der Kurs fiel unter 13.900 Punkte. Der MDax gab ebenfalls deutlich auf weniger als 30.500 Punkte nach. Beim Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 und dem europaweiten Stoxx 600 summiert sich der Verlust auf jeweils rund 4 Prozent. Am härtesten traf es erwartungsgemäß den russischen RTS, der um 9 Prozent nachgab – bereits am Vortag hatte der Index rund 13 Prozent verloren.

Der rubelbasierte MOEX Russia Index sank um mehr als 45 Prozent auf unter 1.700 Punkte und damit auf den niedrigsten Stand seit Januar 2016. Der Handel an der Moskauer Börse wurde vorübergehend ausgesetzt, ab 10 Uhr Moskauer Zeit aber wieder aufgenommen. Alle Sektoren an der MOEX fielen deutlich ins Minus. Besonders getroffen hat es Finanzwerte, insbesondere von den Sanktionen betroffene staatlichen Banken. Ebenfalls massiv betroffen waren Öl und Gas sowie Konsumgüter und Dienstleistungen. Nicht nur in Europa spiegelt sich der Russland-Ukraine-Konflikt in den Kursen wider. Auch an den asiatischen Börsen war die Eskalation in der Ukraine das bestimmende Thema, wobei die Verluste insgesamt geringer ausfielen. Der Hang Seng Index in Hongkong verlor rund 3 Prozent.

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Als sicher geltenden Anlagen profitierten hingegen von den Turbulenzen. Der Preis für die Krisenwährung Gold durchbrach die Marke von 1.970 US-Dollar je Feinunze und erreichte damit das höchste Niveau seit September 2020.

Ebenfalls gefragt waren Bundesanleihen, deren Rendite deutlich nachgegeben hat. Sie sank auf 0,013 Prozent und war damit so niedrig wie seit über einem Monat nicht mehr. Die Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen sank auf bis zu 1,863 Prozent und erreichte damit den niedrigsten Stand seit Februar.

Digitalwährungen wie Bitcoin haben hingegen mit deutlichen Kursverlusten auf den russischen Angriff reagiert. Der Kurs der ältesten und nach Marktwert größten Kryptowährung Bitcoin fiel auf unter 32.000 US-Dollar. Die nach Marktwert zweitgrößte Internetdevise Ether gab um 12 Prozent auf rund 2.300 US-Dollar nach. Andere Digitalwerte wie Cardano oder Dogecoin brachen noch stärker ein.

Kryptowährungen wie Bitcoin gelten unter Fachleuten als besonders riskante Anlagen, weshalb sie von der hohen Unsicherheit aufgrund des russischen Angriffs besonders betroffen sind. „Einmal mehr beweisen Krypto-Assets, dass das Narrativ des vermeintlich sicheren Hafens ein Mythos ist“, sagte Timo Emden von Emden Research.

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