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Rationalismus am Kapitalmarkt Wie die Psyche den Investor an der Nase herumführt

Mats Wolk (links) und Matti Wolk (rechts) von Barbarossa Asset Management
Mats Wolk (links) und Matti Wolk (rechts) von Barbarossa Asset Management: Aufklären über Bestätigungsfehler und kognitive Dissonanz | Foto: Barbarossa Asset Management

Wie treffen Investoren ihre Auswahl am Kapitalmarkt? Diese Frage treibt uns seit langer Zeit um.

Folgen wir dem Rationalismus, so bedient sich der Mensch seines Verstandes. Er entscheidet rational. Der Aspekt der perfekten Rationalität sowie die Lehre des Homo oeconomicus wurde bereits durch Adam Smith 1776 aufgegriffen und findet bis heute breite Resonanz in der Literatur, auch wenn es dem Praktiker bei dem Gedanken an einen ausschließlich rational denkenden Menschen die Haare sträuben mag.

In Las Vegas ist jeden Tag viel los. Also kann nicht jeder Mensch rational sein.

Charles Ellis

Wo sich nun die Lehre vom Homo oeconomicus und dem Märchen von der perfekten Rationalität erschöpft, kommen Behavioral Finance und Neuronal Finance ins Spiel.

Behavioral Finance führt den Auswahlprozess auf psychologische, kognitive, kulturelle und soziale Faktoren zurück und erweist sich dadurch als wesentlich praxisnäher. Diese Einflüsse sind evolutionär bedingt, haben sich über Jahrtausende bewährt und unter anderem zum Überleben der Menschen beigetragen.

Es ist von Vorteil, mit den psychischen Einflüssen auf Anlageprozesse vertraut zu sein.
(Quelle: Victor Ricciardi, Helen K. Simon (2000). What is Behavioral Finance?)

Unser Urteilsprozess wird ganz elementar von Wahrnehmen und Bewerten der Chancen der Risiken sowie vom Umgang mit Verlusten, aber auch Gewinnen beeinflusst.

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Der Mensch neigt dazu, sich und seine persönlichen Fähigkeiten sowie seine Aussichten auf Gewinne höher einzuschätzen, als diese tatsächlich sind. Dies führt zu einer verzerrten und teilweise falschen Rezeption von Risiken. Insbesondere Männer überschätzen sich oft selbst. So zeigen zahlreiche Studien, dass Männer eine höhere Risikobereitschaft aufweisen sowie, statistisch betrachtet, deutlich häufiger traden.

Selbstüberschätzung ist ein sehr ernstes Problem. Wenn Sie glauben, dass es Sie nicht beeinträchtigt, liegt das wahrscheinlich daran, dass Sie zu selbstsicher sind.

Carl Richards

Hand in Hand mit der erhöhten Selbstüberschätzung geht das Phänomen des Bestätigungsfehlers – die Tendenz, Informationen zu ignorieren oder geringer zu gewichten, die nicht zur eigenen Sicht der Dinge passen. Beispiel: Kaufen wir eine Aktie, suchen und selektieren wir vor allem solche Informationen, die den Kauf unterstützen und uns nicht von diesem abraten. Denn Menschen suchen stets nach Konsistenz in ihrem Verhalten. Zeigt sich Dissonanz, probieren wir diese zu reduzieren. Die Antwort auf Dissonanz ist ein selektives und verzerrtes Gewichten von Informationen, die sogenannte Subtraktion.

Dies kann sogar so weit gehen, dass der Investor ganze Handels- und Investmentstrategien, denen er sich ursprünglich unterworfen hatte, aufgibt, um die getroffene Wahl im Nachgang zu rechtfertigen.

Verluste wiegen schwerer als Gewinne

Bei schlecht laufenden Positionen im Portfolio stellt sich regelmäßig die Frage: Verkaufen oder halten? Warum fällt uns die Wahl jedes Mal so unglaublich schwer?

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