Der Praxisfall Wie ein Rentnerpaar seinen Ruhestand finanziell planen kann
Der Fall
Elke (67) und Werner Bauer (65) haben Großes vor: Eine Renovierung steht an, Reisen sind geplant, und mehr Zeit für Hobbys wünschen sie sich auch. Die pensionierte Lehrerin und der frisch verrentete Vertriebsleiter möchten den Ruhestand genießen. Die aktuellen Wünsche lassen sich aus Reserven bestreiten. Auch über ein Liquiditätspolster verfügen sie.
Die 250.000 Euro, die nun aus einer Lebensversicherung kommen, sollen hingegen für später sein. Noch reichen Pension und Rente für
das tägliche Leben, aber man weiß ja nie. Von ihrem Sohn hören sie, dass Aktien langfristig die beste Anlage sind. Bis auf Aktien der Telekommunikationsfirma Deutsche Telekom und des Halbleiterherstellers Infineon haben die beiden keine Erfahrungen mit Wertpapieren. Nach langem Hin und Her folgen sie schließlich dem Rat ihres Sohns. Aber Corona-Crash und Ukraine-Krieg lassen Zweifel an Aktien offen.
Auch wenn Aktien langfristig die höchste Rendite versprechen, ergibt unter dem Chance-Risiko-Aspekt ein breit gestreutes Portfolio am meisten Sinn für die Eheleute Bauer. Dabei nutzen wir Investmentfonds, durch die sich eine höhere Risikostreuung erreichen lässt als mit Einzeltiteln.
Als Basis empfehlen wir drei Rentenfonds. Denn durch die Zinserhöhungen sind Anleihen nicht nur vielversprechender geworden, auch bestehende Rentenpapiere haben teilweise korrigiert und weisen nun Renditen von 4 Prozent bis 8 Prozent auf. Ergänzt wird dieser defensive Part durch einen ausgewogenen Mischfonds und einen alternativen Investmentfonds. Zusammen macht dieser Teil 50 Prozent aus.
Da die Bauers am Beginn ihres Ruhestands stehen, sollten sie die andere Hälfte des Anlagebetrags langfristig und damit chancenreicher anlegen. Diesen Part decken wir über erprobte Aktienfonds ab. Wir verfolgen dabei einen Core-Satellite-Ansatz: Den Kern bilden zwei globale und ein europäischer Aktienfonds, ergänzt durch einen Strategie- sowie einen Tech-Fonds. Und Gold darf auch nicht fehlen.
Hochzinsanleihen und alternative Investments
In Zeiten steigender Zinsen sollten Rentenfonds flexibel sein. Deshalb stellt der Oddo Sustainable Credit Opportunities unsere größte Rentenposition dar. Die Fonds DNB High Yield und der DPAM Higher Yield setzen auf Hochzinsanleihen. Durch die aktuellen Kursabschläge lassen sich so neben Zinsen auch Kursgewinne erzielen. Die höheren Schwankungen gleichen wir aus, indem die Fonds geringer gewichtet sind als der Oddo Sustainable Credit Opportunities.
Marktunabhängige Erträge steuert der alternative Investmentfonds Tungsten Trycon bei. Der Fonds gehört zu den wenigen, die 2022 einen positiven Ertrag generierten. Mittelfristig etwas mehr Rendite verspricht der Mischfonds RB Luxtopic Flex. Fondsmanager Robert Beer setzt auf Sicherheit und eine hohe Kassenhaltung. Auf der Aktienseite machen Konsumaktien einen Großteil des Portfolios aus.
Hallo, Herr Kaiser!
Bei den Aktienfonds setzen wir auf bewährte Strategien: Der eher auf Wachstumstitel beschränkte Montrusco Bolton Global Equity ist erst seit 2022 in Deutschland handelbar, verfügt aber über eine Historie in Kanada. Den globalen Aktienindex MSCI World konnte er in den vergangenen 15 Jahren mit einer Überrendite von mehr als 2 Prozent im Jahr schlagen.
Value-Aktien, Zukunftsthemen und Gold
Einen defensiveren Ansatz verfolgt der LTIF Classic. Im Fokus stehen Value-Aktien. Dabei passt das Team um Alex Rauchenstein die Branchengewichtung an das Marktumfeld an. Während im Corona-Jahr 2020 vor allem Konsumtitel zu einer raschen Erholung verhalfen, generierten 2022 Energie-Aktien ein positives Gesamtergebnis. Von der geänderten Zinslandschaft profitieren auch die Titel im Strategic Selection European Value. Manager Léon Kirch verfolgt ebenfalls einen Value-Ansatz. Denn langfristig sind Value-Aktien und auch das zuletzt oft geschmähte Europa doch krisenresistenter als Kryptos und Flugtaxis.
Zukunftsthemen sollten dennoch nicht fehlen: Dieses Feld deckt der Pictet Global Megatrend Selection ab. Als Pioniere bei Wasser- und Robotik-Fonds verfügen die Schweizer über genug Expertise und kombinieren im Fonds Bereiche von Ernährung bis Smart City. Auch auf Zukunftstechnologien setzt der DNB Technology. In den vergangenen zehn Jahren konnten sich Anleger über ein Plus von 17 Prozent jährlich freuen.
Gold gehört für uns einfach dazu. Der Bakersteel Precious Metals konnte über zehn Jahre im Schnitt mehr als 7 Prozent im Jahr erzielen und die Inflation ausgleichen. Damit es sich für die Bauers gleich lohnt, setzen wir auf Cleanshare-Klassen ohne Ausgabeaufschlag und Innenprovision. Dafür haben wir ein prozentuales Service-Entgelt vereinbart. Obwohl das Portfolio absichtlich langweilig gestaltet ist, bedarf es eines regelmäßigen Checks.
Über den Autor:
Sebastian Zimmermann ist Leiter Investment und Research der Vermögensberatung SJB Fondsskyline 1989 in Korschenbroich.